Am 1. Oktober 1957 kam das rezeptfreie Schlafmittel Contergan der Firma Chemie Grünenthal GmbH in Stolberg auf den Markt. Kurze Zeit später wurden im In- und Ausland etliche Kinder mit schwersten körperlichen Fehlbildungen geboren. Viele starben kurz nach der Geburt. Da die Mütter dieser Kinder in der Schwangerschaft das thalidomidhaltige Medikament Contergan eingenommen hatten, wurde eine enge Verbindung zu den körperlichen Missbildungen gesehen. Das Mittel wurde im November 1961 aus dem Handel genommen.
Leistungen für die Betroffenen
Die Betroffenen erhalten von der Conterganstiftung eine einmalige Kapitalentschädigung und eine monatliche Conterganrente sowie seit 2009 jährliche Sonderzahlungen. Die Sonderzahlungen werden nach einer Änderung des Conterganstiftungsgesetzes im Jahr 2021 letztmalig im Jahr 2022 ausgezahlt. Darüber hinaus erhalten die contergangeschädigten Menschen Leistungen für spezifische Bedarfe, die seit 2017 jährlich pauschal gewährt werden. Die Höhe aller Leistungen bestimmt sich nach der Schwere der Behinderung.
Die Conterganrente ist steuerfrei und wird nicht auf andere Sozialleistungen angerechnet. Seit Mai 1997 werden die Renten vollständig aus dem Bundeshaushalt gezahlt, da die hierfür vorgesehenen Stiftungsmittel aufgebraucht sind.
Die Conterganrenten wurden seit 1972 dreizehn Mal erhöht. Am 1. Juli 2008 wurden sie verdoppelt und zum 1. Januar 2013 sogar vervielfacht (Versechsfachung der Höchstbeträge). Die Conterganrenten folgen seit 2009 automatisch der gesetzlichen Rentenanpassung. Zudem gibt es seit 2013 zusätzliche Leistungen für spezifische Bedarfe. Die Auswirkungen der am 1. Januar 2017 in Kraft getretenen vierten Änderung des Conterganstiftungsgesetzes wurden in den Jahren 2018 und 2019 evaluiert. Auf dieser Grundlage entstanden ein Evaluationsbericht der Bundesregierung sowie ein Bericht zur Struktur der Stiftung.
Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 8. Juli 1976 hat der Gesetzgeber darüber zu wachen, dass die Leistungen der Stiftung an die contergangeschädigten Menschen auch in Zukunft der vom Staat übernommenen Verantwortung gerecht werden.
Die Conterganstiftung
Nach jahrelangen gerichtlichen Verfahren der Betroffenen und ihrer Familien kam es im Jahr 1972 zur Errichtung der Stiftung "Hilfswerk für behinderte Kinder". Die Stiftung wurde per Gesetz als öffentlich-rechtliche Stiftung errichtet und mit einem Kapital von 100 Millionen DM der Firma Chemie Grünenthal GmbH sowie 100 Millionen DM aus Bundesmitteln ausgestattet. Rechtlich wurde damit jeder weitere Anspruch gegenüber der Herstellerfirma ausgeschlossen. Die Bundesmittel wurden zweimal (1976 und 1980) aufgestockt, so dass insgesamt 320 Millionen DM Bundesmittel in die Stiftung flossen.
Im Jahr 2005 wurde die Stiftung umbenannt in "Conterganstiftung für behinderte Menschen". Seit 2020 heißt sie "Conterganstiftung". Die Stiftung steht unter der Aufsicht des Bundesfamilienministeriums und betreut etwa 2500 Betroffene im In- und Ausland. Im Jahr 2009 zahlte die Firma Grünenthal GmbH auf freiwilliger Basis weitere 50 Millionen Euro in die die Stiftung ein. Dieser Betrag wird den Betroffenen in Form von jährlichen Sonderzahlungen ausgezahlt. Zusätzlich wurden hierfür aus dem Kapitalstock der Stiftung weitere 50 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.
Seit Januar 2019 ist Dieter Hackler Vorsitzender der Conterganstiftung. Das Bundesfamilienministerium hat ihn und Margit Hudelmaier (Vorständin) zum 1. Januar 2020 erneut für fünf Jahre für den Vorstand bestellt. Seit Mai 2021 ist Heinz-Günter Dickel drittes Mitglied im Vorstand der Conterganstiftung.
Das Contergan-Infoportal
Mit dem Contergan-Infoportal (CIP) wurde eine Anlaufstelle für contergan- beziehungsweise thalidomidgeschädigte Menschen geschaffen, die sich insbesondere über gesetzliche Leistungen, Dienstleistungen, Zuständigkeiten der Behörden und Einrichtungen sowie aktuelle Informationen unter anderem aus dem Bereich der Teilhabe informieren wollen.
Im Jahr 2008 hatte der Deutsche Bundestag die Bundesregierung aufgefordert, einen Forschungsauftrag zu den tatsächlichen Defiziten und Bedarfen der Contergangeschädigten zu vergeben. Auf Grundlage dieser Studie wurde das Contergan-Infoportal eingerichtet.
50 Jahre Conterganstiftung
2022 besteht die Conterganstiftung 50 Jahre. Seitdem setzt sie sich für die contergangeschädigten Menschen ein.
Aus diesem Anlass stellt das Bundesfamilienministerium in einer Videoreihe unterschiedliche Perspektiven auf die Arbeit der Stiftung vor. Der Rückblick ist mit einem Ausblick auf die zukünftigen Aufgaben der Conterganstiftung verbunden. Die Videoreihe startet mit Bundesfamilienministerin Lisa Paus. Täglich folgt eines der vier weiteren Videos.
Bundesfamilienministerin Lisa Paus
Anlässlich des fünfzigjährigen Bestehens der Conterganstiftung erläutert Bundesfamilienministerin Lisa Paus die Geschichte und das Wirken der Stiftung. Dabei betont sie die wichtige Rolle der Stiftung bei der Unterstützung contergangeschädigter Menschen.
Die Vorstandsmitglieder der Conterganstiftung
Der Vorstandsvorsitzende der Conterganstiftung Dieter Hackler, die Betroffenenvertreterin Margit Hudelmaier und Vorstandsmitglied Heinz-Günter Dickel tauschen sich über die Geschichte der Conterganstiftung aus. Dabei betonen sie, wie wichtig der Einsatz Contergan-Geschädigter für die gesellschaftliche Wahrnehmung von Menschen mit Behinderung war.
Engagierte und kompetente Beratung durch die Stiftung
Professor Dr. Eric Schmitt ist Mitverfasser der Expertise zur historischen Aufarbeitung der Arbeit der Conterganstiftung und spricht über die Gespräche mit Betroffenen. Besonders positiv wurde demnach die engagierte und kompetente Beratung durch die Stiftung bewertet.
Die Conterganstiftung aus Sicht eines Betroffenen
Christian Stürmer, Contergan-Geschädigter, Mitglied des Stiftungsrates der Conterganstiftung und Vorsitzender des Contergannetzwerks Deutschland e.V., stellt die Perspektive der Betroffenenvertretung dar. Dabei geht er auch auf die Mitverantwortung des Staates ein.
Der Bundesverband Contergangeschädigter e.V
Udo Herterich, stellvertretendes Mitglied des Stiftungsrates und erster Vorsitzender des Bundesverbandes Contergangeschädigter e.V., und Claudia Schmidt-Herterich betonen, dass die Steigerung der Renten dazu beigetragen hat, vielen Betroffenen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.