Asylverfahren Besserer Schutz für queere Geflüchtete

Progress Pride Flag am Bundesfamilienministerium in Berlin
Eine neue Dienstanweisung an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge soll queere Geflüchtete besser schützen © Jens Ahner

Am 1. Oktober ist eine neue Dienstanweisung an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Kraft getreten. Das Ziel ist, queere Geflüchtete besser zu schützen. Wie im Koalitionsvertrag vereinbart hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser die Entscheidungspraxis des BAMF in Asylverfahren von queeren Verfolgten überprüfen und überarbeiten lassen. Sven Lehmann, Beauftragter der Bundesregierung für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt (Queer-Beauftragter) und Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesgleichstellungsministerin, begrüßte die neue Dienstanweisung.

Sven Lehmann: "Die Verfolgung aufgrund der sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität ist ein anerkannter Asylgrund. Lesbische, schwule, bisexuelle, trans-, intergeschlechtliche und queere (LSBTIQ*-) Geflüchtete haben ein Anrecht auf ein faires Asylverfahren. Ich freue mich daher sehr über die neue Dienstanweisung an das BAMF. Diese stellt endlich unmissverständlich klar, dass ein offenes und geoutetes Leben der Maßstab ist, um die Gefahr der Verfolgung im Herkunftsland zu beurteilen. Es gibt keine zweifelhaften Verhaltensprognosen und keine Prognosen über ein vermeintlich 'freiwillig' diskretes Leben mehr. Die neue Dienstanweisung muss durch die Entscheiderinnen und Entscheider nun unverzüglich in die Praxis umgesetzt werden."

Bundesinnenministerin Nancy Faeser: "Wir wollen queere Geflüchtete besser schützen. Niemand darf sich gezwungen fühlen, ein gefährliches Doppelleben zu führen. Niemand darf sich unter Druck gesetzt sehen, die sexuelle Orientierung oder geschlechtliche Identität zu verbergen, um Strafen und Repressionen zu entgehen. Deshalb habe ich die Entscheidungspraxis des BAMF prüfen und überarbeiten lassen. Künftig ist im Asylverfahren bei der Prüfung der Gefährdung von queeren Geflüchteten in ihren Herkunftsstaaten immer davon auszugehen, dass die sexuelle Orientierung oder geschlechtliche Identität offen gelebt wird. Außerdem stellen wir durch Schulungen sicher, dass die Entscheiderinnen und Entscheider im Asylverfahren gut ausgebildet und sensibilisiert sind für die Schicksale von queeren Schutzsuchenden."

Geänderte Prüfung im Asylverfahren

Im Asylverfahren findet bei der Bewertung, ob einer Person bei der Rückkehr in das Herkunftsland die Gefahr droht, verfolgt zu werden, grundsätzlich eine zweistufige Prüfung statt. Auf der ersten Stufe wird geprüft, welches Verhalten bei einer Person nach der Rückkehr absehbar ist (Verhaltensprognose), auf der zweiten Stufe, wie die staatlichen oder nichtstaatlichen Akteure auf dieses Verhalten reagieren.

In der überabeiteten Dienstanweisung für LSBTIQ*-Schutzsuchende ist die Prüfung angepasst und keine Verhaltensprognose mehr vorgesehen. Bei der Gefahrenprognose bei Rückkehr ist immer davon auszugehen, dass die sexuelle Orientierung oder geschlechtliche Identität offen gelebt wird. Die Dienstanweisung stellt ausdrücklich klar, dass LSBTIQ*-Schutzsuchende in keinem Fall auf ein diskretes Leben im Herkunftsland verwiesen werden dürfen. Dies gilt auch dann, wenn die Antragstellenden von sich aus vortragen, dass sie ihre sexuelle Orientierung oder geschlechtliche Identität verbergen.

Das BAMF schult und sensibilisiert die Entscheiderinnen und Entscheider fortlaufend - auch unter Einbindung von Nichtregierungsorganisationen. Darüber hinaus werden bei geschlechtsspezifischer Verfolgung besonders geschulte Entscheiderinnen und Entscheider beteiligt.