Anlässlich des Europäischen Tages gegen Menschenhandel zum 18. Oktober hat der Bundesweite Koordinierungskreis gegen Menschenhandel e. V. (KOK) am 16. Oktober 2023 seinen vierten Bericht zu Menschenhandel und Ausbeutung in Deutschland veröffentlicht.
Der Bericht gibt Einblick in die Tätigkeiten der Fachberatungsstellen und Auskunft über die Bedarfe von Betroffenen. Er ergänzt das Bundeslagebild Menschenhandel und Ausbeutung des Bundeskriminalamts, welches auf abgeschlossenen Ermittlungsverfahren basiert. Der Beratungs- und Unterstützungsbedarf von Betroffenen ist facettenreich und umfasst sowohl psychosoziale Beratung als auch Hilfe bei Behördengängen, sowie Unterstützung zu Themen wie Schwangerschaft und Kindererziehung.
Psychosoziale Beratung, Asylverfahren und Schwangerschaft
Für den Bericht wurden 733 Beratungsfälle ausgewertet, die im gesamten Jahr 2022 bei Fachberatungsstellen gegen Menschenhandel in Deutschland registriert waren. Von den Betroffenen waren die Mehrheit Frauen und Mädchen (88 Prozent), wobei 68 Prozent zwischen 22 und 39 Jahren alt waren. Etwa die Hälfte der Betroffenen (52 Prozent) stammten aus westafrikanischen Ländern, während sieben Prozent der Betroffenen aus Deutschland kamen.
Der Bericht konzentriert sich auf die soziale und aufenthaltsrechtliche Situation der Betroffenen und ihren vielseitigen Bedarfen. Häufig leisteten die Fachberatungsstellen psychosoziale Beratung und Begleitung (87 Prozent). In über 50 Prozent der Fälle werden die Betroffenen bei Behörden, im Asylverfahren oder durch Krisenintervention unterstützt. Zusätzlich erhalten viele Betroffene (23 Prozent) Unterstützung bei Fragen rund um Schwangerschaft und Kinder.
Förderung des KOK
Das Bundesfamilienministerium fördert die Arbeit des KOK seit 1999. Die enge Zusammenarbeit und der kontinuierliche Austausch zwischen KOK, Bundesfamilienministerium und zahlreichen anderen Behörden auf Bundes- und Landesebene dienen als Vorbild im gesamten europäischem Raum.
Berichterstattungsstelle zu Menschenhandel
Eine sorgfältige Datensammlung und -auswertung sind unabdingbar für den erfolgreichen Kampf gegen Menschenhandel. Sie ermöglichen die Ableitung gezielter politischer Maßnahmen, um Menschenrechtsverletzung noch effizienter zu bekämpfen und Betroffene noch besser zu unterstützen. Auch die vom Bundesfamilienministerium geförderte unabhängige Berichterstattungsstelle zu Menschenhandel nutzte den Europäischen Tag, um erste Ergebnisse aus ihrer Arbeit zu veröffentlichen. Über interaktive Karten können beispielsweise Informationen zu Kooperationsvereinbarungen in den Bundesländern abgerufen werden.
Nationaler Aktionsplan gegen Menschenhandel (NAP)
Die Bundesregierung beabsichtigt, den Nationalen Aktionsplan gegen Menschenhandel noch innerhalb dieser Legislaturperiode zu verabschieden. Der NAP soll sich grundsätzlich mit allen Formen des Menschenhandels befassen. Die Beteiligung der Zivilgesellschaft wurde am 5. September 2023 vom Bundesfamilienministerium koordiniert für den Ressortkreis "Menschenhandel" initiiert. Dachverbände, Fachorganisationen sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler können ihre Ideen über schriftliche Eingaben bis zum 29. Oktober 2023 per E-Mail beim Bundesfamilienministerium einreichen.