Auch in der Pandemie brauchen Kinder offene Schulen und Kitas und Sportangebote in der Freizeit. Darauf weist die Interministerielle Arbeitsgruppe (IMA) "Gesundheitliche Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche durch Corona" hin, die das Bundesgesundheitsministerium und das Bundesfamilienministerium gemeinsam eingesetzt haben. Dafür müssten die vorhandenen Schutzkonzepte umgesetzt und die Kinder regelmäßig getestet werden, bevorzugt mit gepoolten PCR-Lollitests. Außerdem sei es wichtig, dass für alle Kinder und Jugendliche Präventionsangebote zugänglich sind und besonders belastete junge Menschen gezielter unterstützt werden. Die Arbeitsgruppe hat ihre Ergebnisse am 15. September dem Bundeskabinett vorgelegt.
Bundesfamilienministerin Christine Lambrecht: "Die Auswirkungen der Pandemie treffen leider ausgerechnet die Kinder und Jugendlichen besonders hart, die es auch vorher schon schwer hatten. Um sie müssen wir uns ganz besonders kümmern. Gerade für diese Kinder ist es so wichtig, dass Kitas, Schulen, Sportangebote und Jugendeinrichtungen offen sind und offen bleiben. Mit unserem Aufholprogramm geben wir Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit, die Pandemie hinter sich zu lassen: mit Bildungs- und Freizeitangeboten, die jetzt helfen, Einsamkeit, Bewegungsmangel und Lernrückstände zu überwinden."
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn: "Kinder und Jugendliche haben unter der Pandemie ganz besonders gelitten. Wir wollen sie auf dem Weg zurück in die Normalität besonders unterstützen und hier stärker in Prävention und Vorsorge investieren. Dazu gehören auch wieder mehr Vorsorgeuntersuchungen, um psychische und physische Probleme der Heranwachsenden frühzeitig zu erkennen."
Empfehlungen der Interministeriellen Arbeitsgruppe
Die Arbeitsgruppe unter dem gemeinsamen Vorsitz der beiden Bundesministerien hat gemeinsam mit Expertinnen und Experten seit Mitte Juli vier Mal getagt. Dabei sind in den drei Handlungsfeldern "Zurück zur Normalität - aber mit Vorsicht", "Gemeinsam stark machen" und "Zielgerichtete und bedarfsorientierte Hilfe" Empfehlungen erarbeitet worden, die sich zentral an die Länder und Kommunen richten, die in diesem Bereich wichtige Aufgaben übernehmen, sowie den Bund und weitere Akteurinnen und Akteure:
1. Flächendeckende Schul- und Kitaschließungen vermeiden
- Kinder und Jugendliche brauchen offene Kitas und Schulen. Den Expertinnen und Experten zufolge ist es dafür wichtig, dass Infektionsschutzmaßnahmen (Impfen, Testen, Abstand, Hygiene, Maske, Lüften/Luftfilter) als Gesamtpaket umgesetzt werden.
- Kinder unter zwölf Jahren können sich noch nicht impfen lassen. Darum ist es besonders wichtig, dass sich jetzt jeder impfen lässt, der regelmäßig Kontakt zu Kindern hat. Dafür brauche es eine verstärkte zielgruppenspezifische Aufklärung in den Einrichtungen. Länder und Kommunen sollten außerdem noch mehr niedrigschwellige Impfangebote machen, zum Beispiel mit mobilen Teams.
- Die Bundesregierung strebt an, eine mit der Corona-KiTa-Studie vergleichbare Studie für den Schulbereich aufzulegen.
2. Sport-, Bewegungs- und außerschulische Bildungsangebote offen halten
- Über Schule und Kita hinaus brauchen Kinder Sport und Bewegung und weitere Freizeitangebote als Ausgleich. Länder und Kommunen sollen dafür sorgen, dass insbesondere Sport im Freien weiterhin möglich ist.
- Kinder, die in der Schule bereits getestet wurden, sollen für die Freizeitaktivitäten nicht noch einmal getestet werden müssen.
3. Präventive Angebote für alle Kinder verstärkt zugänglich machen
- Angesichts der besonderen Belastungen, denen Kinder und Jugendliche in der Pandemie ausgesetzt waren und sind, sind Prävention und Gesundheitsförderung für Kinder und Jugendliche besonders wichtig. Dafür gibt es bereits viele Angebote online und vor Ort. Diese sollen auf kommunaler Ebene noch besser vernetzt und gestärkt werden. Außerdem soll die Sichtbarkeit von Angeboten wie der "Nummer gegen Kummer", dem Familienportal und der Frühen Hilfen erhöht werden.
- Die Strukturen der Kinder- und Jugendhilfe wie zum Beispiel die Angebote der Frühen Hilfen und die Erziehungsberatungsstellen sollen ausgebaut und stärker digital ausgerichtet werden.
- Länder und Kommunen sollen mit den Krankenkassen und anderen Trägern die primärpräventiven Angebote - wie zum Beispiel Angebote zum gesunden Frühstücken oder zum Einhalten von Pausen in Kitas und Schulen - ausbauen und damit vor allem Bewegungsmangel, falscher Ernährung und Stress vorbeugen.
- Der Bund hilft mit dem Programm "Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche", das zwei Milliarden Euro für Angebote umfasst, mit denen sie schnell wieder aufholen und Versäumtes nachholen können. Das gilt nicht nur für den Lernstoff, sondern auch für ihr soziales Leben.
4. Besonders belastete junge Menschen gezielter unterstützen
- Für besonders belastete Kinder und Jugendliche ist es noch schwieriger, die gesundheitlichen Folgen der Pandemie zu bewältigen. Sie brauchen daher besondere Unterstützung. Um diesen Bedarf frühzeitig zu erkennen, sind die U- und J- Untersuchungen beim Kinder- und Jugendarzt oder Hausarzt und die Schuleingangsuntersuchungen beim Öffentlichen Gesundheitsdienst wichtig. Krankenkassen und Länder sollen verstärkt für die U-Untersuchungen werben und ihre Einladungssysteme intensivieren.
- Fachkräfte und Ehrenamtliche im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe, aber auch in der Schule und Kita sollen online geschult werden, um pandemiebedingte Belastungen früh und sicher zu erkennen.
- Sollte eine Therapie notwendig sein, stehen neben dem üblichen Weg der Terminvereinbarung auch die Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen bereit, um einen Platz zu vermitteln. Ab dem 1. Oktober gibt es zudem ein neues niedrigschwelliges Behandlungsangebot der gruppenpsychotherapeutischen Grundversorgung.
- Erholung für belastete Familien schaffen. Damit Eltern und ihre Kinder sich erholen und Kraft für den Alltag tanken können, soll Familien mit kleineren Einkommen und Familien mit Angehörigen mit einer Behinderung ein kostengünstiger Familienurlaub ermöglicht werden. Hier setzt bereits die Maßnahme "Corona-Auszeit für Familien - Familienferienzeiten erleichtern" an.
5. Umfassendes Testangebot an Kitas und Schulen
Da viele Kinder noch nicht geimpft werden können, muss an Kitas und Schulen ein umfassendes Testangebot zur Verfügung stehen. Die Nationale Teststrategie empfiehlt dafür besonders gepoolte PCR-Lollitests. Denn die sind für die Kinder einfach zu handhaben und sicherer als Antigentests.