Millionen Menschen gehen in diesen Tagen auf die Straße, um gegen Rechtsextremismus und Menschenfeindlichkeit zu demonstrieren - nicht zuletzt aufgerüttelt durch die CORRECTIV-Recherche über ein Treffen demokratiefeindlicher, rechter und rassistischer Kräfte. Diese Kräfte, die demokratische Grund- und Freiheitsrechte in Frage stellen und sich offen einer menschenfeindlichen Rhetorik bedienen, erhalten immer mehr Zulauf. Um die aktuelle gesellschaftspolitische Lage zu besprechen, traf sich Bundesgesellschaftsministerin Lisa Paus am 15. Februar mit Vertreterinnen und Vertretern von Migrantinnen- und Migranten- sowie Selbstorganisationen und der präventiv-pädagogischen Arbeit gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit.
An dem Gespräch nahmen Mitglieder der im Rahmen des Bundesprogramms "Demokratie leben!" geförderten Kompetenznetzwerke in den Themenfeldern Zusammenleben in der Migrationsgesellschaft, Antisemitismus, Antiziganismus, Islam- und Muslimfeindlichkeit, Anti-Schwarzer Rassismus, Homosexuellen- und Transfeindlichkeit sowie Antidiskriminierung und Diversitätsgestaltung sowie Vertreterinnen und Vertreter weiterer Migrantinnen- und Migrantenorganisationen teil.
In einer anschließenden Pressekonferenz schilderten neben Lisa Paus auch Gökay Sofuoğlu, Bundesvorsitzender der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Nursemin Sönmez, Geschäftsführerin der neuen deutschen organisationen, und Angelo Camufingo, Co-Projektleiter des Kompetenznetzwerks Anti-Schwarzer Rassismus bei Each One Teach One, ihre Sicht auf die aktuelle Situation.
Bundesministerin Lisa Paus: "Ich sehe die Sorgen, die sich aktuell viele Menschen, gerade auch mit einer Einwanderungsgeschichte, in diesem Land um ihre Zukunft machen. Mit unserem Engagement gegen Menschenfeindlichkeit wollen wir zeigen: Sie alle gehören dazu, Sie alle sind Teil dieses Landes. Ich bin dankbar für die wichtige Arbeit zivilgesellschaftlicher Organisationen. Tagtäglich setzen Sie sich mit großer Expertise und oft unter schwierigen Bedingungen für eine vielfältige, demokratische Gesellschaft und gegen Rassismus und alle Formen von Menschenfeindlichkeit ein. Menschen, die sich für Bildungsarbeit engagieren, sind unverzichtbar, gerade auch vor dem Hintergrund der antisemitischen und antimuslimischen Vorfälle, wie wir sie derzeit sehen. Wir als Gesellschaftsministerium unterstützen diese Arbeit beispielsweise über das Bundesprogramm 'Demokratie leben!'. Und eines ist ganz klar: Wir kämpfen dafür, dass zivilgesellschaftliche Organisationen auch in Zukunft ihre Arbeit fortführen können und dafür die entsprechende Unterstützung erhalten."
Gökay Sofuoğlu, Bundesvorsitzender der Türkischen Gemeinde in Deutschland: "Das BMFSFJ als Gesellschaftsministerium ist ein wichtiger und verlässlicher Anker für viele zivilgesellschaftliche Organisationen und ihre unentbehrliche Arbeit. Daher danken wir der Bundesministerin für den gemeinsamen Austausch in diesen schwierigen, aber auch solidarischen Zeiten. Demokratie und Vielfalt sind für alle Menschen, die gerade Woche für Woche auf die Straße gehen, nicht einfach nur Begriffe, sondern die Kernpfeiler des Deutschlands, in dem sie und auch ich leben möchten. 25 Prozent der Menschen in unserer Gesellschaft haben Migrationsgeschichte, Tendenz steigend. Wir freuen uns, wenn das BMFSFJ diese Vielfalt als Vorreiter innerhalb der Bundesregierung in Bezug auf Repräsentanz und Teilhabe auch tatsächlich in all seine Gremien implementiert."
Nursemin Sönmez, Geschäftsführerin der neuen deutschen organisationen: "In den ndo e.V. - das postmigrantische Netzwerk sind weit über 200 Organisationen und Initiativen vertreten. Wir sind mehrheitlich Deutsche und sind aktuell gefährdet durch Rechtsextreme. Wir erwarten von der Regierung konsequente Maßnahmen, die uns schützen."
Angelo Camufingo, Co-Projektleitung des Kompetenznetzwerk Anti-Schwarzer Rassismus bei Each One Teach One: "Angesichts jüngster rassistischer Rhetorik und eines wachsenden Rechtsdrucks, die menschenrechtsfeindlich und anti-demokratisch sind, wird einmal mehr die Dringlichkeit einer stärkenden und politisch bildenden Mission durch Organisationen wie Each One Teach One (EOTO) e.V. und Projekte wie das KomPAD deutlich. Nach jahrzehntelangen Forderungen hoffen wir, dass die Politik spätestens jetzt versteht, verstärkt in Bildung und Empowerment investieren zu müssen, um den Kampf gegen Anti-Schwarzen Rassismus und andere Formen von Diskriminierung und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit zu stärken und eine Kultur der Vielfalt und Gerechtigkeit zu fördern, die allen Menschen dient."