Die Gleichstellung von Frauen und Männern ist eines der grundlegenden Prinzipien, das sowohl im Vertrag über die Europäische Union als auch in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert ist. Dieser Grundsatz stellt das Herzstück der Europäischen Charta für die Gleichstellung von Frauen und Männern auf lokaler Ebene dar. Er beruht auf der festen Überzeugung, dass nur eine Gesellschaft, welche die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in allen Bereichen anerkennt, wirklich demokratisch, rechtsstaatlich und wirtschaftlich erfolgreich sein kann.
Dennoch verdienen Frauen immer noch 16 Prozent weniger als Männer. Sie sind nur mit einem Anteil von 27 Prozent in den nationalen Parlamenten vertreten und nehmen nur 18 Prozent der Positionen in den Führungsetagen der großen Wirtschaftsunternehmen ein. 21 Prozent der Frauen sind Geringverdienerinnen im Vergleich zu 13 Prozent Geringverdienern bei den Männern. 62 Millionen Frauen sind bereits Opfer physischer oder sexueller Gewalt geworden. Diese Missstände verhindern, dass Frauen ihr volles Potenzial in der Gesellschaft entfalten können und dass die Wirtschaft in der EU durch eine stärkere Beteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt nachhaltig wächst.
Mit der Unterzeichnung des Vertrags von Rom hat die Europäische Union Geschlechtergleichstellung zu einem ihrer zentralen politischen Anliegen erklärt. Sie muss jetzt ihre Anstrengungen verdoppeln, um diesen Zielen zu entsprechen und erneut zu einem Kontinent mit Vorbildfunktion bei der Förderung der Gleichstellung zu werden. Wir sind überzeugt davon, dass ein starkes Europa auf der Basis der Gleichstellung der Geschlechter die Situation von Frauen in Drittstaaten, welche Partner der EU sind, positiv beeinflussen kann.
Wir lehnen alle rückwärtsgewandten Entwicklungen ab. Wir weisen alle, wie auch immer begründeten Versuche, die Grundrechte, die Autonomie oder die Freiheit von Frauen in Frage zu stellen oder zu beschneiden, kategorisch zurück.
Der schwierige Zugang zu Diensten der sexuellen und reproduktiven Gesundheit, zu Schulen und Universitäten, zu Beschäftigung und gleicher Entlohnung sowie die Gewalt gegen Frauen verstärken die Armut und verhindern die wirtschaftliche und demokratische Entwicklung einer jeden Gesellschaft. Aus diesem Grund müssen Frauenrechte und die Gleichstellung der Geschlechter im Zentrum der europäischen Politik stehen.
Zur Steigerung des Erfolgs beim Kampf für die Gleichstellung zwischen Frauen und Männern müssen die Institutionen der Europäischen Union paritätisch besetzt sein. Wir fordern die Kandidatinnen und Kandidaten für Positionen in den europäischen Institutionen dazu auf, sich öffentlich für ein Europa der Gleichheit, der Freiheit und der Garantie und Förderung von Frauenrechten auszusprechen. Gleichstellung und Frauenrechte müssen zu einem vollwertigen Politikbereich und zu einer Priorität der Europäischen Union werden.
Dies erfordert konkrete Verpflichtungen mit Garantien, einschließlich:
- die Anforderung der Parität bei der Besetzung des Kollegiums der Kommissionsmitglieder einzuhalten;
- die ausdrückliche Zuordnung der Frauenrechte zum Zuständigkeitsbereich einer Kommissarin oder eines Kommissars;
- Die Verankerung eines Gleichstellungsziels in der wirtschaftlichen Steuerung der Europäischen Union, so dass die Europäische Kommission jedes Jahr dazu veranlasst wird, Empfehlungen zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern an die Mitgliedstaaten zu richten;
- die Festlegung von Regeln zur paritätischen Besetzung der Schlüsselpositionen in Institutionen und Organen der Europäischen Union;
- die Umsetzung der Geschlechtergerechtigkeit als sektorübergreifendes Leitprinzip in allen Politikbereichen der EU durch einen ambitionierten Aktionsplan.
Wir rufen alle Europäerinnen und Europäer dazu auf, die Kandidatinnen und Kandidaten für Positionen in europäischen Institutionen nach ihrem konkreten Engagement für ein Europa der Gleichstellung und der Frauenrechte zu beurteilen.
Wir erinnern an die besondere Verantwortung der Städte und Gemeinden und rufen sie dazu auf, sich diesem Anliegen anzuschließen und insbesondere der Europäischen Charta für die Gleichstellung von Männern und Frauen auf lokaler Ebene beizutreten.
gezeichnet Najat Vallaud-Belkacem
Ministerin für Frauenrechte, Stadtentwicklung, Jugend und Sport (Frankreich)
gezeichnet Manuela Schwesig
Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Deutschland)
gezeichnet Anne Hidalgo
Bürgermeisterin von Paris (Frankreich)
gezeichnet Rovana Plumb
Ministerin für Arbeit, Familie, soziale Sicherung und Senioren (Rumänien)
gezeichnet Caren Marks
Parlamentarische Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Deutschland)
gezeichnet Joëlle Milquet
Stellv. Premierministerin, Ministerin für Inneres und Chancengleichheit (Belgien)
gezeichnet Kopac Mrak
Ministerin für Arbeit, Familie, Soziales und Chancengleichheit (Slowenien)
gezeichnet Jody Williams
Nobelpreisträgerin
gezeichnet Sirin Ebadi
Nobelpreisträgerin
gezeichnet Leymah Gbowee
Nobelpreisträgerin
gezeichnet Costa-Gavras
Regisseur