Vor dem Hintergrund des zunehmenden Fachkräftebedarfs in Deutschland haben Bundesfrauenministerin Lisa Paus und der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Prof. Dr. Marcel Fratzscher, am 17. Oktober gemeinsam auf die besondere Bedeutung der Frauenerwerbstätigkeit hingewiesen. Bei der Berliner Stadtreinigung (BSR) informierten sie sich darüber, wie sich die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie im Unternehmen umsetzen lässt.
Bundesfrauenministerin Lisa Paus: "Eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist eine der entscheidenden Voraussetzungen für die Erwerbstätigkeit von Frauen. Wir wissen aus Studien, dass viele Mütter gerne mehr arbeiten wollen. Sie tun es häufig nicht, weil die Rahmenbedingungen nicht stimmen. Daran arbeiten wir. Wir werden die Eltern darin unterstützen, ihren Wunsch nach einer partnerschaftlichen Arbeitsteilung zu verwirklichen und die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf zu verbessern. Wir investieren insgesamt vier Milliarden Euro in den kommenden zwei Jahren in die Qualität der Kindertagesbetreuung und unterstützen die Länder beim Ausbau der Kinderbetreuung im Grundschulalter. Wir werden die Erzieher- und Pflegeberufe attraktiver machen, denn ohne genügend Personal in Kitas, Alten- und Pflegeheimen wird die Vereinbarkeit in Deutschland nicht funktionieren. Das Schulgeld in diesen Bereichen muss abgeschafft und die Ausbildungsabschlüsse müssen dringend vereinheitlicht werden."
Fachkräftestrategie der Bundesregierung
Das Bundeskabinett hat in der vergangenen Woche bereits die Fachkräftestrategie der Bundesregierung verabschiedet, bei der auch die Frauenerwerbstätigkeit ein wichtiges Element ist.
Prof. Dr. Marcel Fratzscher, Präsident des DIW: "Die Frauenerwerbstätigkeit ist das größte Potenzial auf dem Arbeitsmarkt Deutschlands. Politik, Unternehmen und Gesellschaft sollten ihnen dringend die vielen Hürden aus dem Weg räumen, die einer stärkeren und erfolgreicheren Erwerbstätigkeit im Weg stehen. Dies würde für viele Millionen Frauen in Deutschland mehr Freiheit und Chancen bedeuten und wäre ein riesiger Gewinn für den Arbeitsmarkt und die Sozialsysteme."
Erwerbstätige Frauen möchten Arbeitszeit erhöhen
Knapp fünf Millionen Frauen im erwerbsfähigen Alter nehmen nicht am Erwerbsleben teil und befinden sich demnach weder in Arbeit noch aktiv auf Jobsuche. Aus dieser Gruppe geben 42 Prozent der Frauen zwischen 25 und 49 Jahren als Grund hierfür die Betreuung von Kindern und anderen Familienangehörigen an (BMWK, 2022).
Viele erwerbstätige Frauen mit Kindern würden ihre Arbeitszeit gerne erhöhen. Könnten die etwa 2,08 Millionen Mütter mit jüngstem Kind unter drei Jahren ihre Arbeitswünsche umsetzen, entspräche dies etwa 670.000 zusätzlichen Personen auf dem Arbeitsmarkt.
Bei den Müttern mit jüngstem Kind zwischen drei und fünf Jahren liegt das entsprechende Potenzial bei knapp 170.000 Personen.
In Summe entspricht das Potenzial der Mütter mit Kindern unter sechs Jahren, die wieder in den Arbeitsmarkt einsteigen würden, knapp 840.000 Personen mehr im Arbeitsmarkt.
Frauen sind im Schnitt höher qualifiziert als Männer, beispielsweise verfügen die 30- bis 39-jährigen Frauen häufiger über einen akademischen Abschluss als Männer (31 Prozent zu 28 Prozent).
Im Jahr 2020 waren 75 Prozent der Mütter erwerbstätig. 69 Prozent aller erwerbstätigen Mütter mit mindestens einem Kind unter 12 Jahren arbeiteten in Teilzeit (Destatis, 2022).
Der Anteil der erwerbstätigen Mütter mit 30 und mehr Stunden liegt mit 37,7 Prozent deutlich unter dem europäischen Durchschnitt von 58,3 Prozent, während der Anteil der erwerbstätigen Mütter mit unter 30 Wochenstunden mit 37,5 Prozent mehr als doppelt so groß ist wie der europäische Durchschnitt (13,6 Prozent) (IW, 2021).