Die Innenministerkonferenz (IMK) hat in ihrer 219. Sitzung am 16. Juni beschlossen, die Bekämpfung von feindlicher Gewalt gegen Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche sowie queere Menschen (LSBTIQ*) kontinuierlich weiter zu verbessern. Als Grundlage dafür können die Handlungsempfehlungen aus dem Abschlussbericht des Arbeitskreises "Bekämpfung homophober und transfeindlicher Gewalt" dienen.
Der Arbeitskreis war auf Bitten der IMK vom Bundesinnenministerium eingerichtet und koordiniert worden. In mehreren Sitzungen haben Vertreterinnen und Vertreter der Bundesministerien, der Länder und der Zivilgesellschaft den Abschlussbericht mit 22 Handlungsempfehlungen erarbeitet und nun vorgelegt.
In zwei Jahren soll erneut darüber berichtet werden, wie weit die Handlungsempfehlungen umgesetzt wurden.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser: "Wir müssen all diejenigen noch besser schützen und unterstützen, die wegen ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität Hass, Diskriminierung und Gewalt erleben. Wir sehen immer wieder, wie wichtig der Kampf gegen queerfeindliche Gewalt ist. Die tödliche Attacke auf den Trans-Mann Malte C. beim Christopher Street Day (CSD) in Münster ist uns in schrecklicher Erinnerung. Queerfeindliche Gewalt muss als solche klar benannt und gezielt von der Polizei und den Staatsanwaltschaften verfolgt werden. Die Zunahme an queerfeindlichen Straftaten in den vergangenen Jahren ist erschreckend. Allein im vergangenen Jahr hat die Polizei mehr als 1400 Straftaten registriert. Zudem müssen wir von einer hohen Dunkelziffer ausgehen, viele Betroffene zeigen Straftaten nicht an.
Wir müssen mehr Bewusstsein, mehr Sensibilität und somit auch mehr Unterstützung für die Betroffenen schaffen. Das erhöht auch die Bereitschaft, sich an die Polizei zu wenden und Schutz zu suchen. Das von uns eingesetzte Expertengremium hat sehr konkrete Punkte erarbeitet, die wir jetzt bei der Innenministerkonferenz beraten haben und die zügig umgesetzt werden sollten. Konkreten Handlungsbedarf sehen wir bei der Aus- und Fortbildung der Polizei, bei der Schaffung von Ansprechpersonen bei den Polizeien in allen Bundesländern und beim Ausbau spezialisierter Präventionsmaßnahmen."
Sven Lehmann, Beauftragter der Bundesregierung für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt (Queer-Beauftragter) begrüßte den Beschluss der Innerministerkonferenz und betonte, dass die Empfehlungen des Arbeitskreises in den Ländern schnell umgesetzt werden müssten.
Sven Lehmann: "Jeden Tag werden in Deutschland Menschen angegriffen, bloß weil sie lieben, wie sie lieben oder sind wie sie sind. Bei allen rechtlichen und gesellschaftlichen Fortschritten: LSBTIQ* bleiben eine verwundbare gesellschaftliche Gruppe. Zunehmend gibt es auch Übergriffe im Rahmen von CSDs. Angeheizt von gezielten Kampagnen richtet sich Gewalt gegen sichtbares queeres Leben und soll LSBTIQ* einschüchtern. Daher begrüße ich es sehr, dass sich die IMK verpflichtet hat, die Bekämpfung von LSBTIQ*-feindlicher Gewalt kontinuierlich weiter zu verbessern. Sie hat Handlungsbedarf anerkannt, nun müssen diesen Worten auch konkrete Taten folgen. Die Bundesländer sind jetzt am Zug. Die Empfehlungen des Arbeitskreises müssen ernst genommen und umgesetzt werden. Prävention, Erfassung und Bekämpfung queerfeindlicher Hasskriminalität muss flächendeckend ausgebaut werden. Ich freue mich, dass immer mehr Polizeien und Bundesländer ihre Arbeit in dem Bereich verstärken, Personal schulen und Ansprechpersonen für queere Menschen benennen."
Gewalt gegen queere Menschen nimmt zu
2022 sind die registrierten Fälle von Hasskriminalität gegen LSBTIQ* weiter gestiegen. So wurden im Unterthemenfeld "sexuelle Orientierung" 1005 Straftaten (davon 227 Gewaltdelikte) und im Unterthemenfeld "geschlechtliche Diversität" 417 Straftaten (davon 82 Gewaltdelikte) erfasst. Im Abschlussbericht des Arbeitskreises ging es unter anderem darum, wie das Hellfeld vergrößert werden kann, und welche Möglichkeiten bestehen, die Sensibilität und Prävention in Bezug auf LSBTIQ*-feindliche Taten zu erhöhen.
Der Arbeitskreis
Für die Besetzung des Arbeitskreises hatte das Bundesinnenministerium unter anderem Vorschläge aus dem Bundesfamilienministerium sowie der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld eingeholt. Dem Arbeitskreis gehören neben dem Bundesinnenministerium, dem Bundesfamilienministerium, dem Bundeskriminalamt auch Vertreterinnen und Vertreter von Universitäten, der Polizeiakademie Niedersachen sowie der Zivilgesellschaft an.