Korrekturhinweis
Das Statistische Bundesamt musste die am 28. Februar 2024 veröffentlichten Ergebnisse der Zeitverwendungserhebung 2022 am 28. März 2024 aufgrund eines Fehlers in der Datenaufbereitung korrigieren. Die zentralen Aussagen der ersten veröffentlichten Ergebnisse bleiben durch die Korrekturen unverändert. Auch in der folgenden Meldung wurden die Ergebnisse entsprechend angepasst.
Am 28. Februar hat das Statistische Bundesamt die Daten zur Zeitverwendungserhebung (ZVE) 2022 vorgestellt. Sie zeigt, wie viel Zeit Menschen in Deutschland für bestimmte Aktivitäten aufwenden - wie beispielsweise Kinderbetreuung, Hausarbeit, Ehrenamt oder Beruf. Insgesamt wurden im Rahmen der ZVE 2022 rund 10.000 Haushalte mit 20.000 Personen an zwei Wochentagen und einem Tag am Wochenende freiwillig schriftlich zu ihren täglichen Aktivitäten befragt.
Mit dem Zeitverwendungserhebungsgesetz wurde daher unter Federführung des Bundesfamilienministeriums eine rechtliche Grundlage für diese wichtigen Erhebungen geschaffen. Die ZVE ist eine zentrale Datenbasis für die Arbeit des Bundesfamilienministeriums.
Gender Care Gap ist kleiner geworden
Die Erhebung bildet auch die Grundlage für den Gender Care Gap - die Lücke, die den unterschiedlichen Zeitaufwand beschreibt, den Frauen und Männer für unbezahlte Sorgearbeit aufbringen. Dieser liegt laut der aktuellen Erhebung bei 44,3 Prozent. Das bedeutet, dass Frauen täglich 44,3 Prozent mehr Zeit für unbezahlte Sorgearbeit aufbringen als Männer. Umgerechnet sind das 79 Minuten Unterschied pro Tag. So verbringen Männer pro Woche knapp 21 Stunden und Frauen knapp 30 Stunden mit unbezahlter Sorgearbeit.
Im Vergleich zur letzten Zeitverwendungserhebung in den Jahren 2012 und 2013 hat sich der Gender Care Gap damit verringert. Damals lag er bei 52,4 Prozent und 87 Minuten Unterschied pro Tag. Die Ergebnisse der Befragung zeigen aber auch, dass jeder vierte Vater gerne weniger Zeit für die Erwerbsarbeit aufwenden würde. Jede vierte Mutter wünscht sich mehr Zeit für Beruf und Karriere.
Bundesfamilienministerin Lisa Paus: "Wenn Frauen rund 44 Prozent mehr an unbezahlter Care Arbeit leisten als Männer, dann ist das deutlich zu viel. Für Frauen bedeutet das meist: ein geringeres Gehalt, weniger berufliche Chancen und eine prekäre Alterssicherung.
Frauen sollen wirtschaftlich auf eigenen Beinen stehen können. Das gelingt aber nur, wenn Frauen und Männer unbezahlte Sorgearbeit gemeinsam übernehmen.
Deshalb ist mir der faire Ausgleich bei unbezahlter Sorgearbeit ein wichtiges Anliegen. Um dieses Ziel zu erreichen, braucht es eine gute Infrastruktur für die Kinderbetreuung. Daher investieren wir weiter in den Ausbau und die Qualität der Kindertagesbetreuung. Eine bessere Betreuung von Kindern bedeutet aber auch: mehr Fachkräfte. Mit den Ländern arbeiten wir an einer gemeinsamen Strategie, um mehr Fachkräfte in die Kitas zu bringen, den Betreuungsschlüssel zu erhöhen und die Kita-Leitungen zu entasten.Die Zahlen des statistischen Bundesamtes zeigen auch, dass Eltern pro Woche 11 Stunden mehr Sorgearbeit leisten als Erwachsene ohne Kinder. Umso wichtiger ist es, Familien mit Kindern besonders zu unterstützen. Die Kindergrundsicherung ist daher nicht nur entscheidend, um Kinderarmut wirksam zu bekämpfen, sondern auch, um Familien mit Kindern den Alltag zu erleichtern."
Gender Care Gap auch für wirtschaftliche Gleichstellung relevant
Der aktuelle Gender Care Gap zeigt, dass Frauen noch immer deutlich mehr Zeit für unbezahlte Sorgearbeit aufwenden als Männer. Das ist Zeit, die ihnen für die Erwerbsarbeit fehlt und Auswirkungen auf ihre Entlohnung hat, ihre beruflichen Chancen, ihre ökonomische Eigenständigkeit und ihre Alterssicherung. Wie Frauen und Männer ihre Zeit für Erwerbs- und Sorgearbeit verteilen, ist damit auch gesellschaftlich relevant und hat weitreichende Folgen für die Gleichstellung der Geschlechter.
Einsamkeit drängendes Problem unserer Gesellschaft
Die Befragten gaben auch Auskunft darüber, mit wem sie Zeit verbringen - und wann sie sich einsam fühlen. Einsamkeit betrifft in Deutschland mehrere Millionen Menschen. Während der Corona-Pandemie stiegen die Zahlen in allen Altersgruppen, besonders unter jüngeren Menschen. Die neuen Zahlen bestätigen den Trend: Einsamkeit bleibt auch nach der Pandemie eine große, gesamtgesellschaftliche Herausforderung. Konkret zeigt sich, dass sich jede sechste Person häufig einsam fühlt. Bei jungen Erwachsenen zwischen 18 und 29 Jahren ist es sogar jede vierte Person. Alleinerziehende fühlen sich mit 40 Prozent am häufigsten einsam.
Bundesfamilienministerin Lisa Paus: "Die neuen Zahlen der Zeitverwendungserhebung zeigen: Jede sechste Person in Deutschland fühlt sich oft einsam. Damit bestätigen die Zahlen, was sich schon länger abzeichnet: Auch nach der Pandemie müssen wir uns der großen Herausforderung stellen, Einsamkeit gemeinsam anzugehen. Das machen wir mit der Strategie der Bundesregierung gegen Einsamkeit. Junge Menschen haben wir verstärkt im Blick. Und der 10. Familienbericht, der gerade erarbeitet wird, schaut genau auf die besonderen Bedarfe von Alleinerziehenden - eine Gruppe, die sich in besonderem Maß einsam fühlt."
Strategie der Bundesregierung gegen Einsamkeit
Die Strategie der Bundesregierung gegen Einsamkeit wurde Ende 2023 beschlossen. Die darin enthaltenden 111 Maßnahmen zahlen auf fünf Ziele ein: Sensibilisierung der Öffentlichkeit, Wissen stärken, Praxis stärken, bereichsübergreifend agieren und Menschen unterstützen, Angebote ausbauen. Das Bundesfamilienministerium will das Thema damit strategisch angehen. Denn Einsamkeit schadet den Betroffenen und ihrem Umfeld, und auch unserer Demokratie.
Weichen für partnerschaftliche Arbeitsteilung frühzeitig stellen
Gerade in der ersten Familienphase werden die Weichen für die Aufgabenteilung in der Familie gestellt. Einen frühen Impuls kann hierbei die geplante Familienstartzeit mit der zehntägigen Freistellung des Partners oder der Partnerin nach der Geburt eines Kindes geben. Sie soll dazu beitragen, dass sich Mütter nach der Geburt regenerieren können und dass die Eltern Zeit füreinander und für das neugeborene Kind haben. Denn gerade für Eltern ist die Zeit knapp: Sie leisten pro Woche rund elf Stunden mehr Erwerbs- und Sorgearbeit als Alleinlebende und Paare ohne Kind. Auch die Aufteilung der Elterngeld-Monate kann die zukünftige Aufgabenteilung prägen: Teilen sich Eltern ihre Zeit im Elterngeld, teilen sie sich auch ihre familiären Aufgaben eher partnerschaftlich auf.
Bessere Vereinbarkeit von Pflege und Beruf ermöglichen
Auch im Bereich der Versorgung und Betreuung von pflegebedürftigen Menschen zeigt sich: Frauen schultern weiterhin den Großteil der informellen Pflege in Deutschland. Viele Pflegende sind gleichzeitig berufstätig. Sie meistern den belastenden Spagat zwischen Pflege und Beruf - oft über die Grenzen des Vertretbaren hinaus. Deswegen arbeitet das Bundesfamilienministerium mit Hochdruck an einer Reform der Familienpflegezeit. Dank ausgewogener und verlässlicher Regelungen soll die Reform einerseits pflegende Beschäftigte darin unterstützen, Pflege und Beruf besser miteinander zu vereinbaren. Andererseits unterstützt sie Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber darin, Fachkräfte besser im Unternehmen zu halten. Denn: Niemand soll wegen der Pflege ganz aus dem Job austeigen müssen.