Deutschland hat am 6. Februar zusammen mit der Mehrheit der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) der "Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige", der sogenannten Vereinbarkeitsrichtlinie, zugestimmt. Ziel der Richtlinie ist es, in der gesamten EU die Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf zu verbessern. Konkret soll die Richtlinie für eine gerechtere Aufteilung von Betreuungs- und Pflegeaufgaben zwischen Frauen und Männern sorgen und die Erwerbsbeteiligung insbesondere von Frauen fördern.
Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey:
"Die Richtlinie ist ein familien- und gleichstellungspolitischer Meilenstein für Europa. Die Vereinbarkeitsrichtlinie schafft bessere Rahmenbedingungen für eine partnerschaftliche Aufteilung der Familienarbeit und stellt einen Fortschritt auf dem Weg zu mehr Gleichstellung in der ganzen EU dar. Viele der vorgeschlagenen Maßnahmen passen genau zu unserem Ziel, mehr Zeit für Familien zu schaffen und Eltern und pflegenden Angehörigen mehr Wahlmöglichkeiten zu geben. Das deutsche System von Elterngeld und Elternzeit hat bereits große Erfolge erzielt. Ich freue mich, dass wir nun auch auf EU-Ebene gemeinsam verbindliche Regelungen geschaffen haben. Die Vereinbarkeitsrichtlinie ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem modernen und sozialen Europa. Gerade mit Blick auf die im Mai anstehenden Wahlen zum Europaparlament ist dies ein wichtiges Zeichen an die Bürgerinnen und Bürger. Die EU schafft konkrete Verbesserungen für die Lebenswirklichkeit in allen Ländern der Union."
Auf folgende Mindeststandards haben sich die EU-Mitgliedstaaten mit dem Europäischen Parlament unter anderem geeinigt:
- Zehn Tage bezahlte Auszeit für den zweiten Elternteil rund um die Geburt des Kindes, es sei denn, ein nationales System sieht bereits die Möglichkeit der Gewährung eines deutlich längeren Zeitraums für beide Eltern vor.
- Vier Monate Elternzeit für jeden Elternteil, zwei Monate davon sind bezahlt und nicht auf den anderen Elternteil übertragbar.
- Fünf Tage Zeit für Pflege pro Jahr.
- Das Recht auf Beantragung flexibler Arbeitsregelungen für Eltern und pflegende Angehörige.
- Besserer Kündigungsschutz für Eltern und pflegende Angehörige.
Das deutsche System an Vereinbarkeits-Maßnahmen stellt Eltern und pflegende Angehörige aktuell besser, als dies durch die Richtlinie nun verpflichtend wird.
Vereinbarkeit von Familien und Beruf
Die EU-Richtlinie sieht zehn Tage bezahlte Auszeit für den zweiten Elternteil vor. In Deutschland sind aktuell zwei Elterngeld-Monate nicht übertragbar, gemeinsam stehen beiden Eltern bis zu 14 Monate Elterngeld zu. Das heißt der zweite Elternteil, der Elterngeld in Anspruch nimmt, kümmert sich mindestens zwei Monate um das Kind. Dies hat schrittweise dazu geführt, dass (in der Regel) Väter diese Leistung mehr und mehr in Anspruch nehmen und sich an der Kindesbetreuung im frühen Kindesalter beteiligen. Die deutschen Elterngeld- und Elternzeitregelungen bewirken einen spürbaren gesellschaftlichen Wandel. Durch die Einführung des Elterngeldes 2007 ist die Väterbeteiligung stark angestiegen und liegt derzeit bei rund 36 Prozent. Vor Einführung des Elterngelds im Jahr 2007 lag die Väterbeteiligung an der Inanspruchnahme des Erziehungsgelds bei rund drei Prozent. Väter nehmen im Durchschnitt 3,5 Monate Elterngeld in Anspruch.
Vereinbarkeit von Pflege und Beruf
Die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf beruht in Deutschland auf drei Säulen:
- In einem akuten Pflegefall besteht die Möglichkeit, der Arbeit bis zu zehn Arbeitstage fernzubleiben, wenn dies erforderlich ist, um eine bedarfsgerechte Pflege zu organisieren oder eine pflegerische Versorgung in dieser Zeit sicherzustellen. Für diese Zeit besteht ein Anspruch auf eine Lohnersatzleistung sowie das Pflegeunterstützungsgeld, das bei der Pflegekasse des Pflegebedürftigen beantragt wird. Die Zahlung ist auf insgesamt zehn Arbeitstage begrenzt, kann aber durch mehrere nahe Angehörige in Anspruch genommen werden.
- Für bis zu sechs Monate besteht nach dem Pflegezeitgesetz ein Anspruch auf vollständige oder teilweise Freistellung für die Pflege in häuslicher Umgebung. Dieser Anspruch besteht auch für die außerhäusliche Betreuung von Minderjährigen sowie für die Begleitung in der letzten Lebensphase, ist dann aber auf drei Monate begrenzt.
- Um die Pflege in häuslicher Umgebung für einen längeren Zeitraum sicherzustellen, haben Beschäftigte nach dem Familienpflegezeitgesetz das Recht auf eine bis zu 24-monatige teilweise Freistellung bei einer wöchentlichen Mindestarbeitszeit von 15 Stunden. Diese teilweise Freistellung kann auch für minderjährige pflegebedürftige nahe Angehörige in Anspruch genommen werden. Beide Freistellungsmöglichkeiten sind miteinander kombinierbar, dürfen aber eine Gesamtdauer von 24 Monaten nicht überschreiten. Für die Dauer der Freistellungen - auch nach dem Pflegezeitgesetz - kann ein zinsloses Darlehen in Anspruch genommen werden.