Anlässlich des Internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen (Samstag, 25. November) hat sich Bundesfrauenministerin Lisa Paus mit Vertreterinnen von Initiativen und Organisationen zum Schutz von Frauen und Mädchen vor Gewalt ausgetauscht. Hierbei übergab Anna Sophie Herken, Initiatorin der Initiative #DieNächste im Namen von mehr als 75 unterzeichnenden Organisationen das gemeinsame Manifest „WirALLE“. Die Aktivistinnen von #DieNächste sind selbst ehemalige Betroffene und wollen das Thema häusliche Gewalt in die breite Öffentlichkeit tragen.
Die Ministerin sprach zudem über die zentralen Elemente für ein neues Bundesgesetz zum Recht auf Schutz und Beratung. Die Kernelemente ihres Gesetzesvorhabens stellte die Ministerin bereits am Vortag beim Runden Tisch „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ von Bund, Ländern und Kommunen vor. Mit dem Gewalthilfegesetz, das noch in dieser Legislatur umgesetzt werden soll, soll jede von geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt betroffene Frau mit ihren Kindern einen Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung erhalten.
Bundesfrauenministerin Lisa Paus: „Wir müssen umfassend ansetzen, um Gewalt zu verhindern und ihre Ursachen zu bekämpfen. Mit dem neuen Gewalthilfegesetz will der Bund dazu beitragen, dass alle Frauen, die von Gewalt betroffen sind, die Unterstützung erhalten, die sie benötigen. Ich freue mich, dass dieses Ziel auch bei Ländern und Kommunen breite Unterstützung findet. Mein Konzept sieht vor, dass wir erstmals in Deutschland einen Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung bei geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt einführen. Das wäre ein großer Schritt nach vorn.“
Anna Sophie Herken, Initiatorin von #DieNächste, einer Initiative von ehemals betroffenen Frauen häuslicher Gewalt, stellte die Perspektive betroffener Frauen vor und überreichte Ministerin Paus das Manifest „WirALLE“.
Lisa Paus: „Die Initiative #DieNächste zeigt uns, dass Gewalt gegen Frauen alltäglich ist und in allen gesellschaftlichen Schichten vorkommt. Ich habe größten Respekt vor dem Mut der Aktivistinnen. Sie zeigen sich selbst öffentlich als Betroffene und geben so den vielen Frauen eine Stimme, die stumm unter häuslicher Gewalt leiden.“
Anna Sophie Herken, Mitinitiatorin von #DieNächste: „Häusliche Gewalt wird als Privatsache angesehen, jedoch handelt es sich um ein strukturelles Problem, das sich durch alle gesellschaftlichen Gruppen zieht. Mindestens jede vierte Frau wird hierzulande im Laufe ihres Lebens Opfer ihres Lebenspartners. Bis zum heutigen Tag wurden dieses Jahr 98 Frauen von ihrem (Ex-)Partner umgebracht, täglich versucht ein Mann in Deutschland, seine (Ex-)Partnerin zu töten, stündlich werden mehrere Frauen lebensgefährlich verletzt. Der gefährlichste Ort für eine Frau ist das eigene Zuhause, unabhängig von Alter, Herkunft, Bildung, Beruf, Glauben. Und trotzdem spricht nahezu niemand darüber, es herrscht kollektives Schweigen. Schlimmer noch, den Opfern wird nicht geglaubt und sie werden stigmatisiert. Wir von #DieNächste brechen das Tabu und das Schweigen, denn nur so können wir für Sichtbarkeit sorgen für ein alltägliches Problem, das nahezu ausschließlich im Verborgenen stattfindet. Mit dem Manifest ‚WirALLE gegen Gewalt an Frauen‘ erheben mehr als 75 Organisationen nun gemeinsam ihre Stimmen. WirALLE stehen in der Pflicht, Gewalt nie gleichgültig gegenüberzustehen. Und ich lade jede und jeden dazu ein, sich an unsere Seite zu stellen und klar Position gegen Gewalt an Frauen zu beziehen.“
Lisa Paus tauschte sich auch mit Vertreterinnen vom Bundesverband der Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe (bff) aus.
Petra Söchting, Leiterin des Hilfetelefons: „Aus meiner Erfahrung als Leiterin des Hilfetelefons ‚Gewalt gegen Frauen‘ weiß ich: Wenn sich betroffene Frauen an das Hilfetelefon wenden, sprechen sie oft zum ersten Mal über die erlebte Gewalt. Obwohl so viele Frauen von Gewalt betroffen sind, ist es immer noch ein Tabu, darüber zu reden. Deshalb begrüße ich die Initiative von #DieNächste, weil sich hier betroffene Frauen aus allen gesellschaftlichen Schichten öffentlich äußern und damit die Botschaft senden: Gewalt gegen Frauen geht uns alle an.“
Zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen, dem 25. November, ruft auch das Hilfetelefon mit der Aktion ‚Wir brechen das Schweigen‘ zum Hinschauen und zu Solidarität mit den Betroffenen geschlechtsspezifischer Gewalt auf.
Das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ berät von Gewalt betroffene Frauen unter der Rufnummer 116 016 und online auf www.hilfetelefon.de zu allen Formen von Gewalt – rund um die Uhr und kostenfrei. Die Beratung erfolgt anonym, vertraulich, barrierefrei und in 18 Fremdsprachen. Auf Wunsch vermitteln die Beraterinnen an eine Unterstützungseinrichtung vor Ort. Auch Menschen aus dem sozialem Umfeld Betroffener und Fachkräfte können das Beratungsangebot in Anspruch nehmen.
Über #DieNächste
Die Initiative #DieNächste (https://die-naechste.de/) will gängige Klischees und Stigmata zu häuslicher Gewalt abbauen, Mut machen und das Thema in die Mitte der Gesellschaft tragen, um langfristig gesellschaftliche sowie politische Veränderungen herbeizuführen. Die Initiatorinnen möchten ein breites öffentliches Bewusstsein dafür schaffen, dass Gewalt in der Partnerschaft inakzeptabel ist und jede:r in der Pflicht steht, sich für die Sicherheit seiner Mitmenschen stark zu machen.
Anlässlich des Internationalen Tags gegen Gewalt an Frauen hat #DieNächste gemeinsam mit den Organisationen UN Woman, Zonta, One Billion Rising und KIS, T.o.Be u.a. ein Manifest gegen Gewalt an Frauen verfasst und dieses heute an Bundesfrauenministerin Lisa Paus übergeben. Unter dem Namen „WirALLE gegen Gewalt an Frauen“ laden die Unterzeichnerinnen Politik, Gesellschaft und Medien ein, ihre Stimme gegen Gewalt zu erheben. Das Manifest ruft zu einem gleichberechtigen und partnerschaftlichen Miteinander und zu Solidarität auf und fordert verantwortliches politisches und gesellschaftliches Handeln. Erstmalig haben sich mit „WirALLE“ von häuslicher Gewalt Betroffene, Facheinrichtungen und Organisationen der Zivilgesellschaft zusammengeschlossen und stellen gemeinsame Forderungen an Politik, Gesellschaft und Medien. Mehr als 75 Erstunterzeichnende unterstützen bereits das Manifest.