Auch während der Corona-Pandemie sind sehr alte Menschen durchschnittlich eher selten von Einsamkeit betroffen: 12,1% im Alter von 80 Jahren oder älter fühlen sich einsam. Eine gute Gesundheit, eine hohe formale Bildung, ein großes Netzwerk und eine Partnerschaft schützen vor Einsamkeit im hohen Alter. Das zeigen die Ergebnisse der vom Bundesseniorenministerium geförderten Studie „Hohes Alter in Deutschland“ (D80+). Demnach ist das Einsamkeitsrisiko innerhalb der Gruppe der Hochaltrigen jedoch sehr ungleich verteilt. In der Altersgruppe der (über) 90-Jährigen, bei Frauen und bei Personen in Heimen sind deutlich mehr Personen einsam. Zudem sind Frauen im hohen Alter häufiger von Einsamkeit betroffen, insbesondere aufgrund von Partnerlosigkeit.
Anne Spiegel, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend:
„Es ist gut, dass die meisten Menschen im hohen Alter nicht per se einsam sind. Aber die Pandemie hat viele einsam gemacht, die es davor nicht waren. Viele ältere Menschen haben sich zurückgezogen und ihre Kontakte eingeschränkt, um sich vor Corona zu schützen. Einsamkeitsgefühle haben dadurch leider zugenommen. Als Gesellschaft dürfen wir hier nicht wegschauen. Im Koalitionsvertrag haben wir daher vereinbart, die Einsamkeit im Alter überwinden zu helfen. Dafür werden wir eine Strategie gegen Einsamkeit erarbeiten. Außerdem wollen wir Verantwortungsgemeinschaften gezielt fördern. Dazu gehören auch Lebensmodelle im höheren Alter. Wenn verwitwete Menschen zusammenleben, tragen sie nicht nur füreinander Verantwortung, sondern beugen auch der Einsamkeit im Alter vor.“
Das Bundesseniorenministerium fördert bereits gezielte Angebote für die Hochaltrigen. Das Projekt „Miteinander Füreinander“ des Malteser Hilfsdienstes erprobt noch bis 2024 an rund 110 Standorten bundesweit neue Zugangswege zu den besonders schwer erreichbaren Hochaltrigen. Vor Ort werden Angebote wie Besuchs- und Einkaufsdienste geschaffen und viele neue Ehrenamtliche jeden Alters gewonnen.
Im 4. Bericht zu Ergebnissen der D80+-Studie wurde das Einsamkeitsempfinden der Befragten im Alter von 80 Jahren und älter in den Vordergrund gestellt. Als einsam wurden dabei alle Personen eingestuft, die im Rahmen der schriftlichen Befragung angegeben haben, meistens oder (fast) immer einsam zu sein. Neben Alters- und Geschlechtsunterschieden wurden auch Unterschiede nach Wohnform (Heim oder privat) betrachtet. Auch relevante Schutzfaktoren (Partnerschaft, große soziale Netzwerke, gute Gesundheit und hohe Bildung) wurden berücksichtigt. Insgesamt basieren die Analysen auf den Angaben von mehr als 10.000 zufällig ausgewählten Personen im Alter ab 80 Jahren, die zwischen November 2020 und April 2021 im gesamten Bundesgebiet befragt wurden.
Die zentralen Ergebnisse der Studie sind:
- Auch unter dem Eindruck der Coronapandemie sind 87,9% der Hochaltrigen nicht einsam. Der Anteil einsamer sehr alter Menschen liegt zum Befragungszeitpunkt mit 12,1% allerdings doppelt so hoch wie für den Zeitraum vor der Pandemie berichtet.
- Einsamkeit nimmt über Altersgruppen in der späten Lebensphase zu. 22,1% der Personen im Alter von 90 Jahren oder älter, aber nur 8,7% der Personen im Alter von 80-84 Jahren, beschreiben sich als einsam.
- Frauen sind mehr als doppelt so häufig von Einsamkeit im Alter betroffen wie Männer (15% im Vergleich zu 7,4%). Für die höhere Rate von Einsamkeit ist vor allem der geringere Anteil von Partnerschaften bei hochaltrigen Frauen verantwortlich.
- Der Anteil einsamer älterer Menschen in Heimen beträgt 35,2%, während er in Privathaushalten 9,5% beträgt.
- Ein großes soziales Netzwerk und eine Partnerschaft schützen vor Einsamkeit im Alter. Partnerlosigkeit stellt insbesondere bei jüngeren Hochaltrigen einen Risikofaktor für Einsamkeit dar.
- Eine schlechtere subjektive Gesundheit stellt ein Einsamkeitsrisiko dar. Ältere Menschen mit (sehr) gutem subjektiven Gesundheitsstatus sind deutlich seltener einsam als ältere Menschen mit (sehr) schlechter subjektiver Gesundheit.
- Hohe Bildung ist ein Schutzfaktor vor Einsamkeit im sehr hohen Alter, von dem Frauen jedoch in geringerem Ausmaß profitieren.
Die Studie „Hohes Alter in Deutschland“ (D80+) wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert und vom Cologne Center for Ethics, Rights, Economics, and Social Sciences of Health (ceres) sowie dem Deutschen Zentrum für Altersfragen (DZA) durchgeführt. Bis Herbst 2022 folgen weitere Kurzberichte zu den Themen Digitale Teilhabe, Versorgung von Menschen mit Demenz, Soziale Eingebundenheit, Wohnumfeld und Alltagskompetenz, Präferenzen und Wünsche sowie Zufriedenheit und Wohlbefinden. Bereits erschienen sind Kurzberichte zur Lebenssituation Hochaltriger während der Covid19-Pandemie, zu Altersarmut und zur gesundheitlichen Lage im hohen Alter.
Die veröffentlichten Kurzberichte und weiterführende Informationen zum Projekt finden sich auf den Internetseiten der beteiligten Institutionen ceres (https://ceres.uni-koeln.de/forschung/d80) und DZA (https://www.dza.de/forschung/aktuelle-projekte/hohes-alter-in-deutschland-d80).