Der Bundestag hat heute den von Bundesfamilienministerin Franziska Giffey vorgelegten Rechtsrahmen für einen modernen Kinder- und Jugendmedienschutz und ein gutes Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen mit digitalen Medien beschlossen.
Bundesfamilienministerin Franziska Giffey: „Wir bringen den Jugendschutz aus dem Zeitalter von CD-ROM und Videokassette ins 21. Jahrhundert. Es zeigt sich gerade jetzt in der Pandemie eindrücklich, wie relevant Social Media und Gaming für Kinder und Jugendliche heute sind. In Zeiten von Home Schooling, Konaktbeschränkungen und geschlossenen Sportplätzen sind Kinder und Jugendliche noch mehr im Netz unterwegs. Es ist deshalb gut, dass der Bundestag nun das vom Bundesfamilienministerium vorgelegte geänderte Jugendschutzgesetz für einen modernen und zeitgemäßen Kinder- und Jugendmedienschutz verabschiedet hat. Das Gesetz zielt auf drei Bereiche: Schutz, Orientierung und Durchsetzung – damit für den digitalen Raum der gleiche Jugendschutz gilt, wie in der analogen Welt.“
Kinder und Jugendliche verbringen nicht erst seit dem Lockdown viel Zeit im digitalen Raum. Sich online austauschen, gemeinsam spielen, Videos schauen und Clips aufzeichnen, sind fester Bestandteil des Aufwachsens geworden. Kinder und Jugendliche sind dabei auch auf Plattformen aktiv, die für eine so junge Nutzergruppe nicht geeignet sind. So werden sie sehr häufig auch mit beängstigenden und verstörenden Bildern oder Videos konfrontiert. 41 Prozent der Kinder fühlen sich im Internet gemobbt, beschimpft und beleidigt oder massiv von Fremden belästigt und bedrängt. Um diesen Risiken wirksam zu begegnen, hat der Bundestag mit der heutigen 2. und 3. Lesung das „Zweite Gesetz zur Änderung des Jugendschutzgesetzes“ beschlossen. Die Regelungen sollen zum 1. April 2021 in Kraft treten.
Ziel des Gesetzes ist es, Kindern und Jugendlichen eine unbeschwerte Teilhabe an digitalen Medien zu ermöglichen, die Orientierung von Kindern und Jugendlichen, Eltern und Fachkräften zu fördern, Interaktionsrisiken wie Cybermobbing, Cybergrooming und Kostenfallen einzudämmen und die sich aus dem Gesetz ergebenden Pflichten national wie auch international durchzusetzen.
Das neue Jugendschutzgesetz schafft:
- Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Interaktionsrisiken wie Mobbing, sexueller Anmache oder Kostenfallen
- Orientierung für Eltern, Fachkräfte und Jugendliche durch einheitliche Alterskennzeichen
- Durchsetzung der Regelungen auch gegenüber ausländischen Anbietern, die Kinder und Jugendliche besonders viel nutzen
Das neue Jugendschutzgesetz sorgt dafür, dass Filme oder Spiele verbindlich und einheitlich Alterseinstufungen erhalten, ob online oder im Einzelhandel. Das Gesetz sieht vor, dass etwa Kostenfallen, unbeschränkte Kontaktfunktionen oder glücksspielähnliche Elemente durch Kennzeichnungen mit Symbolen, die neben die bekannte Alterskennzeichnung tritt, transparent gemacht werden müssen.
Über verpflichtende Vorsorgemaßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen insbesondere bei der Nutzung von Social-Media-Diensten sollen auch die Anbieter stärker in die Verantwortung genommen werden.
„Angebote, die von Kindern und Jugendlichen genutzt werden, müssen auch geeignet sein für junge Nutzerinnen und Nutzer. Das Gesetz verpflichtet nun nationale und internationale Anbieter, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und Interaktionsrisiken einzudämmen. Hierfür müssen sie geeignete Schutzkonzepte wie altersgerechte Voreinstellungen und Hilfs- und Beschwerdesysteme für ihre jungen Nutzerinnen und Nutzer entwickeln und umsetzen“, so Familienministerin Giffey.
Die bisherige Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien wird noch in diesem Jahr zu einer modernen Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz. Sie wird künftig die verpflichtenden Vorsorgemaßnahmen bei den Anbietern in den Blick nehmen, bei der Umsetzung beraten und Verstöße ahnden. So kann die Bundeszentrale nach einem erfolglosen „dialogischen Verfahren“ konkrete Maßnahmen anordnen und in letzter Konsequenz bei Nichtbefolgung ein Bußgeld bis zu 50 Millionen Euro verhängen. Für die Bundeszentrale stehen in diesem Jahr rund sechs Millionen Euro bereit – fast vier Millionen Euro mehr als für die Bundesprüfstelle im vergangenen Jahr.
Mit der Bundeszentrale werden klare Strukturen im Kinder- und Jugendmedienschutz geschaffen und eine zentrale Plattform zum Austausch aller nationalen und internationalen Akteure und zur stetigen Weiterentwicklung des Kinder- und Jugendmedien-schutzes geschaffen, die mit der Medienentwicklung Schritt hält. Dabei wird die Perspektive von Kindern, Jugendlichen und Eltern groß geschrieben durch einen Beirat, der die Bundeszentrale bei diesen Aufgaben unterstützt und auch in der Kinder- und Jugendbeteiligung Maßstäbe setzt.
Zahlen und Fakten
- Im Jahr 2019 waren Jugendliche im Alter von 12 bis 19 Jahren täglich 205 Minuten online. Im Jahr 2020 waren es sogar 258 Minuten täglich.
- Über 40 Prozent der 10- bis 18-Jährigen haben im Internet bereits negative Erfahrungen gemacht; über 1 Million von ihnen haben etwas gesehen, das sie geängstigt hat.
- 800.000 der 10- bis 18-Jährigen wurden bereits im Netz beleidigt oder gemobbt.
- 250.000 Kinder wurden von Erwachsenen mit dem Ziel sexuellen Missbrauchs kontaktiert.
- 70 Prozent der Mädchen und Frauen sind bei der Nutzung sozialer Medien von digitaler Gewalt betroffen.