Bundesfamilienministerin Kristina Schröder im Interview mit dem Focus

Bundesfamilienministerin Dr. Kristina Schröder gab dem Focus (Erscheinungstag 14. Januar 2013) das folgende Interview:

Frage: Warum sind Sie gegen eine starre Frauen-Quote?

Dr. Kristina Schröder: Ich halte es für absurd, ganz unterschiedlichen Unternehmen von der Stahlbranche bis hin zu den Medien dieselbe starre Quote vorzuschreiben, obwohl es dort vollkommen unterschiedliche Anteile von hochqualifizierten Frauen gibt. Nur oberflächlich mag eine starre Quote Gerechtigkeit simulieren. Aber in der Realität ersetzt sie nur eine Ungerechtigkeit durch eine andere – ohne den Frauen tatsächlich zu helfen.

Frage: Wie bringen Sie die Wirtschaft auf Trab, mehr Frauen zu befördern? 

Dr. Kristina Schröder: Wir müssen die Unternehmen dazu bringen, dass sie die Ursachen des geringen Frauenanteils in Führungspositionen aus Eigeninteresse anpacken und ihre Unternehmenskultur für alle Arbeitnehmer familien- und frauenfreundlich umbauen. Ich bin deshalb dafür, jedes börsennotierte mitbestimmungspflichtige Unternehmen gesetzlich zu verpflichten, öffentlich und transparent eigene Ziele für mehr Frauen in Führungspositionen zu entwickeln, diese zu veröffentlichen und aus eigener Anstrengung erreichen zu müssen. Das ist die Idee der Flexi-Quote.

Frage: Ihre Flexi-Quote wird als stumpfes Schwert abgetan. Geht sie weit genug? 

Dr. Kristina Schröder: Mit Instrumenten aus den 70ern kommen wir im Jahr 2013 nicht weiter. Tatsache ist, die Flexi-Quote verlangt Unternehmen mehr ab als die starre Quote. Selbst gesteckte Ziele müssen gerechtfertigt werden - gegenüber der Öffentlichkeit, der Presse, dem Betriebsrat und der kompletten Belegschaft. Wenn sie nicht erreicht werden, kann man die Verantwortung dafür nicht einfach wegschieben.

Frage: Wie widersetzen Sie sich dem Druck von EU-Kommissarin Reding aus Brüssel?

Dr. Kristina Schröder: Wir sind als Bundesregierung der Ansicht, dass diese Frage nicht von der EU zu beantworten ist, sondern auf nationaler Ebene. Zudem kollidieren Frau Redings Ideen mit deutschem Recht: Aufsichtsräte werden in Deutschland nicht benannt, sondern gewählt. Das sieht der Deutsche Gewerkschaftsbund übrigens ganz genauso.

Frage: Ihre Flexi-Quote ist für diese Legislaturperiode politisch tot. Welche neuen Ideen haben Sie?

Dr. Kristina Schröder: Nein, sie ist quicklebendig. Der CDU-Bundesparteitag hat gerade erst beschlossen, mit meiner Flexi-Quote in den Bundestagswahlkampf zu ziehen. Ich habe also allen Grund zum Optimismus.

Frage: Verprellt die Bundesregierung mit ihrer unentschlossenen Politik potentielle Wählerinnen?

Dr. Kristina Schröder: Im Gegenteil - nach ARD-Umfragen sind 65 Prozent der Deutschen für das Prinzip der Flexi-Quote. Was wir aber neben einer gesetzlichen Regelung auch brauchen ist eine Debatte darüber, welche Rolle faire Chancen und faire Bezahlung für Frauen eigentlich konkret in den Tarifverhandlungen spielen. Die Energie, die SPD und Grüne in die Quotendebatte legen, wäre hier besser aufgehoben.