Kristina Schröder spricht im Interview mit der "BILD"-Zeitung über eigene Erfahrungen mit Deutschenfeindlichkeit und konkrete Maßnahmen des Bundesfamilienministeriums.
BILD: Frau Ministerin, Sie wurden von Muslimen als "deutsche Schlampe" beschimpft. Wie kam das?
Kristina Schröder: Ich war damals als Abgeordnete für das Thema extremistischer Islamismus zuständig. Dabei bin ich gegen die türkische Zeitung "Vakit" vorgegangen. Die hatte in ihrer Deutschland-Ausgabe üble antisemitische Thesen verbreitet und den Holocaust geleugnet. Als ich sie deshalb wegen Volksverhetzung angezeigt habe, startete die Zeitung eine Hetzkampagne gegen mich. In dem Zusammenhang wurde ich so beschimpft - vor allem von anonymen Anrufern. Ich bekam aber auch Unterstützung, im Übrigen gerade von Migranten.
BILD: Ist Deutschenfeindlichkeit eine neue Form von Jugendgewalt?
Kristina Schröder: Solche Beschimpfungen sind bei Jugendlichen leider in bestimmten Gegenden alltäglich - auf Schulhöfen, aber auch in U-Bahnen. Es geht um grundsätzlich feindliche Einstellungen gegenüber anderen Gruppen - und das richtet sich vor allem gegen Deutsche und Christen. Dagegen müssen wir genauso entschieden vorgehen wie gegen Ausländerfeindlichkeit!
BILD: Von muslimischer Seite kommt oft der Vorwurf, auch die Deutschen seien feindselig...
Kristina Schröder: Natürlich gibt es in Deutschland leider Ausländerfeindlichkeit, und die müssen wir mit aller Kraft bekämpfen. Ich wehre mich aber gegen Versuche, pauschal aus Tätern Opfer zu machen und sie von jeglicher Verantwortung für ihr Handeln freizusprechen.
BILD: Sind wir Deutschen mitschuldig an der Aggressivität junger Muslime?
Kristina Schröder: Ich rede nicht von "den Muslimen" an sich. Muslime sind doch nicht alle gleich. Ich rede von einem leider nicht geringen Anteil muslimischer Jugendlicher. Gründe für aggressives Verhalten sind mangelnde Bildung, falsche Freunde, aber auch Macho-Normen und Gewalterfahrungen in der Familie. Dabei regt es mich auf, wenn so getan wird, als hätte das alles damit zu tun, dass diese Gesellschaft gegenüber diesen Jugendlichen nicht freundlich genug ist! Wenn bestimmte Strömungen des Islam ein Überlegenheitsgefühl gegenüber Nichtmuslimen vermitteln, wenn Frauen nur dann als würdevoll gelten, wenn sie bestimmte Kleidungsvorschriften einhalten, und wenn Homosexuelle dort als minderwertig behandelt werden, dann ist das Teil des Problems.
BILD: Was tun Sie als Familienministerin denn konkret?
Kristina Schröder: Ich unterstütze die Länder, die eine Vorschulpflicht ab dem 5. Lebensjahr einführen wollen. Außerdem will ich an 4000 Kitas mit hohem Migranten-Anteil zusätzliche Erzieherstellen zur Sprach- und Integrationsförderung schaffen. Im nächsten Jahr starten wir mit den ersten Kitas. Im nächsten Schritt werden wir uns dann den Eltern zuwenden.
BILD: Reicht das?
Kristina Schröder: Wir brauchen auch eine breite gesellschaftliche Debatte darüber, dass das Stoppschild "Rassismus" für alle gilt. Wird an einer Schule ein dunkelhäutiger Junge als "dummer Neger" beschimpft, gibt es zu Recht Empörung - Klassenkonferenzen, Elternabende oder Medienberichte. So eine Reaktion brauchen wir auch, wenn sich dieser Rassismus gegen Deutsche richtet.
BILD: Müssen wir Jugendkriminalität bei Ausländern härter bestrafen bis hin zur Ausweisung?
Kristina Schröder: Ich bin grundsätzlich für deutliche Strafen, die möglichst schnell erfolgen - unabhängig von der Nationalität des Täters. Das Instrument der Ausweisung ist dabei ja keine Strafe im Sinne des Strafgesetzbuches. Es ist ein ordnungsrechtliches Instrument, das bei bestimmten Jugendlichen leider die Ultima Ratio ist. Und das ist auch richtig so.
BILD: Wie waren die Reaktionen darauf, dass Sie Deutschenfeindlichkeit öffentlich kritisiert haben?
Kristina Schröder: Ich habe sehr viele Zuschriften von besorgten Eltern bekommen, die beobachten, dass ihre Kinder Angst haben, dass Töchter sich unauffällig kleiden, um nicht beschimpft zu werden. Und fast in jedem Brief steht, dass die Menschen befürchten, als Rassist zu gelten. Dabei schildern sie nur, was ihre Kinder ängstigt.
Das Interview erschien am 2. November in der "BILD"-Zeitung. Das Gespräch führten Stephanie Jungholt und Angi Baldauf.