Bei der 5. Kinderpressekonferenz der Berliner Morgenpost hatten 200 junge Reporter die Gelegenheit, Kristina Schröder zu befragen. Sie wollten wissen, warum sie Politikerin geworden ist, wofür sie kämpft und ob sie die Situation der Kinder im Land kennt.
Zur Person
Rüstem Dinc (11): Frau Schröder, wie sind Sie Ministerin geworden?
Kristina Schröder: Ich bin schon lange in der Politik aktiv. Als ich zwölf Jahre alt war, ist die Berliner Mauer gefallen. Das fand ich total beeindruckend, und so habe ich früh angefangen, mich für Politik zu interessieren. Mit 14 Jahren bin ich in die Junge Union eingetreten, die Jugendorganisation der CDU. Das war mein Hobby, auch während des Studiums. Mit 24 Jahren wurde ich Mitglied im Deutschen Bundestag, und damit mein Hobby zum Beruf. Das ist das Beste, was passieren kann!
Ich war also schon siebeneinhalb Jahre lang im Bundestag und habe geholfen, Gesetze zu machen, als der Anruf von Bundeskanzlerin Angela Merkel kam. Ihre Frage, ob ich Bundesfamilienministerin werden will, kam völlig überraschend für mich. Ich habe mir das natürlich sehr gut überlegt - und dann entschieden: Ich mach' das.
Anna Matic (11): Waren Sie vor Ihrer ersten Kabinettsitzung aufgeregt?
Kristina Schröder: Aufgeregt ist vielleicht das falsche Wort. Wenn man neu in ein solches Amt kommt, ist man natürlich angespannt und fragt sich, ob man auch alles richtig macht. Das war bei mir zumindest in den ersten Wochen so. Aber das hat sich schnell gelegt. Außerdem gab es viel zu tun.
Christopher Slowik (10): Wo haben Sie studiert, und welche Fächer waren das?
Kristina Schröder: Ich habe in Mainz die Fächer Soziologie, Geschichte und Philosophie studiert - also genau das, was mir am meisten Spaß macht. Ich bin fest überzeugt: Nur in den Dingen, die man gern macht, kann man auch richtig gut sein. Und dann hat man auch später bessere Chancen, eine Arbeit zu finden.
Katharina Sempf (9): Wo haben Sie vorher gearbeitet?
Kristina Schröder: Seit ich 24 Jahre bin, arbeite ich im Deutschen Bundestag. Bis dahin habe ich studiert.
Justus Dudenhöfer (13): Wollen Sie gern die Nachfolgerin von Horst Köhler werden?
Kristina Schröder: Selbst wenn ich wollte - ich könnte gar nicht Bundespräsidentin werden. Das lässt nämlich unser Grundgesetz gar nicht zu. Dort ist festgelegt, dass der Bundespräsident älter als 40 Jahre sein soll. Wahrscheinlich um besonders würdevoll zu sein.
Gerrit Sachs (12): Ich würde gerne wissen, ob Sie selbst Kinder bekommen wollen?
Kristina Schröder: Ja, natürlich will ich Kinder!
Familie
Carlotta Schlick (11): Was bedeutet Familie für Sie? Glauben Sie, dass eine Familie immer aus Mama und Papa bestehen sollte, oder kann eine Familie auch nur mit einem Elternteil existieren?
Kristina Schröder: Familie ist da, wo Kinder sind. In vielen Familien, wachsen Kinder nur bei der Mutter auf, in einigen auch nur beim Vater. Das sind natürlich genauso Familien wie alle anderen, und sie brauchen eine ganz besondere Unterstützung. Oft haben Alleinerziehende es schwerer, weil es zum Beispiel finanzielle Probleme gibt. Außerdem kann die Mutter nicht einfach zum Vater sagen: "Pass du heute mal auf das Kind auf, ich möchte noch etwas unternehmen." Deshalb möchte ich diese Familien ganz besonders unterstützen.
Zur Familie gehören natürlich auch Großeltern und Geschwister. Ich habe eine ganz tolle Familie. Mein großer Bruder ist elf Jahre älter. Er war immer mein Vorbild, obwohl er mich früher manchmal furchtbar geärgert hat. Heute verstehen wir uns prima. Meine Eltern sind 68 und 70 Jahre alt und zum Glück extrem fit. Sie machen zum Beispiel viele Fahrradtouren. Und immer, wenn ich sie um Rat bitte, helfen sie mir. Auch heute noch. Seit ich im Amt bin haben mich meine Eltern auch schon öfter in Berlin besucht. Ich bin sehr froh, dass ich mich immer auf sie verlassen kann.
Niklas Ascher (11): Warum gibt es immer weniger Kinder in Deutschland? Haben sich die Deutschen zu wenig lieb?
Kristina Schröder: Das ist gar nicht so falsch. Ganz viele Frauen, die sich Kinder wünschen, sagen: Mir fehlt der richtige Mann dafür. Viele Frauen sind nach dem Studium im Job sehr erfolgreich, aber wenn sie dann mit Mitte 30 Kinder haben wollen, klappt es vielleicht gerade mit dem Freund nicht so. Manche Männer sagen auch: Ich will nicht so eine Power-Frau. Bei vielen Paaren gibt es auch eine große Angst, dass es beruflich bergab geht, wenn sie Kinder haben, oder dass ihnen dann viel weniger Geld zur Verfügung steht. Alles kann der Staat natürlich nicht ändern - zum Beispiel, dass Kinder Zeit brauchen, das ist einfach so. Aber wir können dabei helfen, dass alles gut funktioniert. Und dann hoffen wir, dass es auch bald wieder mehr Kinder geben wird.
Lukas Bural (12): Finden Sie es gut, ass ein neuer Partner in die Familie kommt, wenn die Eltern getrennt sind?
Kristina Schröder: Das ist schwer zu beantworten. Wenn man allein ist und sich neu verliebt, ist das etwas Schönes. Es kann natürlich sein, dass das Kind nicht so gut mit dem neuen Partner klarkommt oder der neue Partner nicht nett zum Kind ist. Darüber muss man offen mit Vater oder Mutter reden. Generell ist es aber schön, wenn die Mutter oder der Vater nicht ein ganzes Leben lang allein bleiben, sondern sich wieder verlieben.
Eltern
Alina Labenski (12): Kann es sich auf die schulischen Leistungen auswirken, wenn die Eltern getrennt leben und der Vater ständig seine Freundinnen wechselt?
Kristina Schröder: Wenn sich ein Kind beim eigenen Vater nicht mehr wohl und geborgen fühlt, dann kann sich das ganz sicher auf die Noten auswirken. Verantwortungsvolle Eltern sollten das berücksichtigen. Sie müssen sich fragen: Wie stark sollte ich mein Kind mit wechselnden Partnern konfrontieren?
Trina Peters (12): Wie schlimm finden Sie es, wenn sich Eltern vor kleinen Kindern streiten?
Kristina Schröder: Wahrscheinlich hat jeder von euch schon einmal mitbekommen, dass Eltern nicht nur immer freundlich miteinander umgehen. Das gehört einfach zum Leben. Aber es darf natürlich nicht sein, dass sich Eltern ständig vor den Kindern streiten oder dass sie sogar versuchen, die Kinder auf ihre Seite zu ziehen. Dann sollte man den Eltern sagen, damit schadet ihr den Kindern in ihren Herzen. Das sollt und dürft ihr nicht machen!
Gewalt
Mahmoud Abu Baker (11): Wenn Kinder geschlagen werden, gehört das dann auch zu Ihrer Aufgabe, das zu verhindern?
Kristina Schröder: Alle Erwachsenen haben diese Aufgabe. Kinder dürfen nicht geschlagen werden. Deshalb müssen wir verhindern, dass so etwas passiert. Leider geschieht das oft im Verborgenen, hinter verschlossener Tür in den Familien, und wir kriegen nichts davon mit. Deshalb ist es ganz wichtig, dass wir Hinweise auf Gewalt gegen Kinder bekommen. Dann können wir mit den Eltern reden und sie auch bestrafen, wenn sie ihre Kinder misshandeln. Es ist auch ganz wichtig, dass Kinder mit anderen Menschen reden, denen sie vertrauen. Zum Beispiel mit befreundeten Erwachsenen oder mit ihren Lehrern, damit diese dann helfen können, die richtige Hilfe zu finden. Dass Kinder diese Hilfe dann tatsächlich bekommen, ist unsere Aufgabe.
Kinderarmut
Felice Marie Frach (9): Wie viele Kinder sind in Deutschland arm?
Kristina Schröder: Ungefähr 2,5 Millionen Kinder in Deutschland sind von Armut bedroht. Wir zahlen den Familien, die zu wenig Geld zum Leben haben, eine Unterstützung. Hartz IV soll die Kinder vor Armut bewahren. Aber Armut hat ja nicht nur mit Geld zu tun. Es gibt Eltern, die wenig Wert auf eine gute Schulbildung legen oder ihren Kindern nur selten vorlesen. Das ist auch eine Art von Armut.
Nils Ohnesorge (8): Was können Sie tun, damit Kinder aus ärmeren Familien mehr Chancen haben?
Kristina Schröder: Leider sind in vielen solchen Familien die Schule und die Bildung für die Eltern nicht so wichtig. Wenn die Kinder aber zu Hause nicht unterstützt werden, nie vorgelesen oder Hilfe bei den Hausaufgaben bekommen, sind sie oft schlecht in der Schule. Diesen Kindern müssen wir schon sehr früh helfen. Wenn sie mit drei Jahren wenigstens ein paar Stunden in die Kita gehen, können sie zum Beispiel die deutsche Sprache gut lernen. Das ist wichtig, damit sie später gut in der Schule sind.
Timon Schreiber (10): Wie helfen Sie Familien mit vielen Kindern?
Kristina Schröder: Wir freuen uns über Familien mit vielen Kindern. Es ist super, wenn sich die Eltern entscheiden, noch ein drittes, viertes oder fünftes Kind zu bekommen. Diese Familien bekommen mehr Kindergeld. Wer Hartz IV bezieht, bekommt für jedes Kind Geld vom Staat. Wichtig ist, dass es kein dummes Gerede über Familien mit vielen Kindern gibt. Eher sollte man sagen: "Wir finden es super, dass ihr so viele Kinder habt."
Arda Görkem (11): Was halten Sie davon, dass Guido Westerwelle den Hartz-IV-Satz kürzen will?
Kristina Schröder: In der Debatte wird ihm etwas unterstellt, was er so nicht gesagt hat. Guido Westerwelle geht von dem Grundsatz aus, dass derjenige, der arbeitet, mehr Geld haben sollte als derjenige, der Hartz IV bekommt. Das finde ich richtig - schließlich ist es ja auch für Kinder gut, wenn die Eltern einen Job haben.
Kindergeld
Tim Gerstenberg (9): Wird das Kindergeld bald wieder erhöht? Wenn man die Hortkosten und das Essensgeld abzieht, bleibt nicht mehr viel davon übrig.
Kristina Schröder: Das wäre schön - aber leider sind wir im Moment in einer Situation, in der wir nicht versprechen können, dass wir irgendetwas erhöhen. Das ist bitter, weil es in vielen Fällen wichtig wäre. Aber Deutschland macht gerade riesige Schulden, die irgendwann zurückgezahlt werden müssen. Und diejenigen, die die Rechnung später bezahlen müssen, seid ihr - die heutigen Kinder. Das können wir natürlich nicht zulassen.
Wir dürfen euch nicht auf einem riesigen Berg Schulden sitzen lassen, sonst habt ihr später überhaupt kein Geld mehr für Schulen, Horte, Kindergeld und andere wichtige Dinge für eure Kinder. Wir müssen aufhören, ständig Schulden zu machen - und deshalb können wir im Moment auch keine Versprechungen machen. So leid uns das tut und so wichtig einzelne Leistungen auch sind.
Linda Prüß (14): Besteht die Gefahr, dass das Kindergeld gekürzt wird?
Kristina Schröder: Am Wochenende werden sich alle Minister treffen, um Sparvorschläge zu machen. Das wird eine heftige Debatte werden. Aber ich verspreche dir, dass ich dafür kämpfen werde, dass das Kindergeld nicht gekürzt wird. Das steht nicht zur Diskussion.
Taschengeld
Lisa-Marie Steller (12): Meinen Sie, dass alle Kinder Taschengeld bekommen sollten?
Kristina Schröder: Ich denke schon, dass Eltern, wenn es irgendwie geht, versuchen sollten, ihren Kindern Taschengeld zu geben. Auch dann, wenn die Familien wenig Geld haben, wäre es schön, wenn ihre Kinder wenigstens ein bisschen Taschengeld bekommen könnten. Schließlich muss jeder lernen, mit Geld umzugehen. Und da ist es gut, früh anzufangen - als Erwachsener muss man das nämlich können.
Kinderbetreuung
Sophie Breitenbach (12): Wenn Sie Mutter wären - in welchem Bereich der Jugend- und Familienpolitik würden Sie sich mehr Unterstützung wünschen?
Kristina Schröder: Ich würde mir vor allem wünschen, die freie Wahl zu haben. Ich finde es falsch, wenn der Staat sagt: "Du hast ein Kind und musst das so und so machen." Es geht den Staat nichts an, ob man zu Hause beim Kind bleibt oder es lieber in die Krippe gibt. Ich würde mir wünschen - egal wie ich mich entscheide - dass der Staat mich dabei unterstützt.
Behinderte Kinder
Carla Chechla (12): Was tun Sie für behinderte Kinder, etwa für behindertengerechte Spielplätze oder Spielmöglichkeiten?
Kristina Schröder: Ich würde lügen, wenn ich sage, dass ich Spielplätze baue, das ist nämlich die Aufgabe der Städte. Aber ich finde es ganz wichtig, dass mehr behinderte Kinder - und zwar körperlich Behinderte wie auch geistig Behinderte - Kitas und Schulen besuchen. Das geht natürlich nicht immer, und in vielen Fällen ist auch spezielle Betreuung erforderlich. Aber grundsätzlich ist wichtig, dass wir sehen, dass beide Seiten davon profitieren - die behinderten Kinder ebenso wie die nicht behinderten.
Schule
Marisa Rometsch (11): Warum müssen Kinder in die Schule gehen? Könnten sie nicht auch zu Hause von den Eltern unterrichtet werden und dann nur zu Prüfungen in die Schule gehen?
Kristina Schröder: Ich halte das für keine gute Idee. Es klingt vielleicht erst einmal verlockend, aber die Schule ist ein sehr wichtiger Ort zum Lernen. Und zwar nicht nur die Schulfächer wie Mathe oder Deutsch. In der Schule lernt man auch, mit anderen Kindern zurechtzukommen, auch wenn es mal Probleme gibt. Man lernt, Konflikte auszutragen, im Team zu arbeiten und Freundschaften zu schließen. Das alles ist sehr wichtig für das ganze Leben. Außerdem sind die Eltern selten ausgebildete Lehrer und nicht alle könnten ihren Kindern wirklich in allen Fächern etwas beibringen.
Daniel Michailidis (11): Können Sie sich vorstellen, dass Kinder bis zur 8. Klasse gemeinsam lernen? Wo würden Sie da Vorteile oder Nachteile sehen?
Kristina Schröder: Ich glaube, dass hätte eher Nachteile. Kinder haben doch ganz unterschiedliche Fähigkeiten und Talente. Es kommen auch nicht alle Kinder gleich mit in der Schule. Manche brauchen mehr Hilfe, mache weniger, einige brauchen eher Unterstützung in Mathe, andere in Deutsch. Wenn alle Kinder zusammen lernen würden, wäre das auch für die, die besonders gut sind, nicht so schön, weil sie sich langweilen würden. Und die Kinder, die in der Schule schlechter sind, wären schneller frustriert.
Melina Schridde (14): Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen der schlechten Schulleistung vieler Jungen und dem geringen Anteil von Männern in pädagogischen Berufen?
Kristina Schröder: Da gibt es Studien, die einen Zusammenhang erkennen. Das ist zwar, nur ein Faktor - allerdings ein wichtiger. Nehmen wir ein Beispiel: Bei einem Jungen sind die Eltern geschieden. Der Vater nimmt sich nur wenig Zeit, und es gibt auch keinen Opa oder Sporttrainer, der sich kümmert. Der Junge hat also fast nur Frauen um sich - und auch, wenn ie ihn sehr lieb haben, fehlt ihm etwas nämlich ein männliches Vorbild. Da besteht schnell die Gefahr, dass sich der Junge irgendein Vorbild sucht, am besten eines, das coole Sprüche klopft - wie Menowin zum Beispiel. Und wir sind uns wohl alle einig, dass Menowin kein gutes Vorbild ist!
Jugend
Joshua Flügel (14): Ich möchte Sie etwas zum Thema Jugend fragen. Sind Sie der Meinung, dass Rap-Musik mit harten Texten oder Computerspiele das Leben von Jugendlichen beeinflussen?
Kristina Schröder: Das lässt sich nicht so einfach beantworten. Ein Jugendlicher, der am Computer Ballerspiele spielt, wird ja nicht automatisch gewalttätig. Aber die Wissenschaftler sagen uns, dass Jugendliche, die generell gewaltbereit sind, von diesen Spielen schon beeinflusst werden. Wenn man sich mal die Texte von einigen Rappern anhört, muss man schon sagen, dass sie oft frauenverächtlich sind oder gegen Homosexuelle hetzen und sicher das Denken der Jugendlichen beeinflussen.
Ich bin zwar dagegen, gleich alles zu verbieten - aber es muss auch klare Grenzen geben. In jedem Fall darf man nicht alles einfach in sich aufnehmen, sondern man muss darüber diskutieren - etwa in der Schule. Schaut euch die Texte mal genau an, um welche Inhalte es da geht. Frauen schlagen, andere beleidigen. Wollt ihr in so einer Welt leben?
Freizeit
Kevin Gebert (11): Warum gibt es nicht überall sichere Radwege?
Kristina Schröder: Es wäre natürlich schön, noch mehr Radwege zu haben. Aber als ich vor drei Wochen mal am Wochenende in Wilmersdorf mit dem Fahrrad unterwegs war, fand ich es gar nicht so schlecht. Leider gibt es nicht überall so viele gut ausgebaute Radwege.
Jennifer Hentschel (11): Das schönste Geschenk, das Eltern ihren Kindern machen können, ist es, Zeit mit ihnen zu verbringen. Warum fällt das Eltern zunehmend schwerer? Und in welcher Pflicht sieht sich hier die Politik?
Kristina Schröder: Ich stimme dir erst einmal zu: Es ist das Tollste, wenn die Eltern Zeit mit den Kindern verbringen und schöne Dinge machen. Viele Eltern sind aber unglaublich im Stress, weil sie viel arbeiten. Dabei geht viel Zeit drauf. Was kann die Politik machen? Wir haben zum Beispiel das Elterngeld eingeführt und dabei auch die Vätermonate. Früher hat fast kein Vater ein paar Monate Pause vom Beruf gemacht, um sein kleines Kind zu betreuen. Deswegen gibt es jetzt die Vätermonate: Für zwei Monate bekommen die Väter einen Großteil ihres Einkommens vom Staat ersetzt, wenn sie zu Hause bleiben und das Kind betreuen.
Seitdem bleiben viel mehr Väter bei ihren kleinen Kindern. Das ändert oft auch die Einstellung zum Kind. Viele Väter werden mutiger. Wenn der Chef um 19 Uhr eine Konferenz machen will, trauen sie sich auch einmal zu sagen, dass sie schon einen Termin haben und zwar mit der Tochter oder dem Sohn. Wichtig ist, dass die Eltern im Beruf sagen: "Ich brauche Zeit für meine Familie und ich bitte, darauf Rücksicht zu nehmen."
Sicherheit
Anna Lena Spur (9): Warum gibt es in der S-Bahn keine Plätze mit Anschnallgurt für Kinder, die zur Schule fahren?
Kristina Schröder: Eine gute Frage! Da müsste man aber erst einmal untersuchen, ob das überhaupt Sinn macht und ob das mehr Sicherheit bietet.
Politik
Luisa Geesdorf (14): Was wollen Sie besser beziehungsweise anders machen als Ihre Vorgängerin Ursula von der Leyen?
Kristina Schröder: Frau von der Leyen hat ja mit dem Ausbau der Kinderbetreuung einen ganz wichtigen Schritt gemacht. Denn bisher gab es einfach viel zu wenige Kita-Plätze für Kinder im Alter unter drei Jahren. Wir müssen noch mehr Geld reinstecken, damit alle Eltern, die einen Krippenplatz wollen, auch einen bekommen können. Natürlich geht es nicht darum, dass wir den Eltern diese Kinderbetreuung vorschreiben. Aber es ist wichtig, dass alle, die einen Platz möchten, auch einen bekommen. Auch wenn wir jetzt ganz stark sparen müssen, bleibe ich bei meinem Ziel. Wir müssen den Ausbau der Kita-Plätze bis 2013 hinbekommen.
Bei meiner Arbeit geht es aber nicht nur um Familien und Jugendliche, sondern zum Beispiel auch um Senioren, also Menschen, die älter als 65 Jahre sind. Das kommt euch vielleicht uralt vor, aber sie sind heute viel fitter, als Senioren noch vor 50 Jahren waren. Viele helfen heute auch in den Familien, was ich sehr wichtig finde. Und deshalb will ich mich auch besonders für Senioren einsetzen.
Und dann will ich mich um alle Kinder kümmern - und vor allem um die Jungs. Im Durchschnitt sind nämlich Mädchen viel besser in der Schule als Jungen. Jungs bleiben viel öfter sitzen, schreiben schlechtere Noten oder brechen die Schule ab. Das liegt natürlich nicht daran, dass Jungen dümmer oder fauler sind. Aber offenbar kriegen sie es inzwischen besser hin, die Mädchen zu fördern. Mir ist wichtig, dass die Jungen genauso gut gefördert werden, damit sie in der Schule genauso gut werden wie die Mädchen. Es ist deshalb auch wichtig, dass wir es schaffen, mehr Männer in die Kindertagesstätten und die Vorschulen zu bekommen.
Klara Piening (13): Wieso bekommt Ihr Ministerium vergleichsweise so wenig Geld?
Kristina Schröder: Dass wir vergleichsweise wenig Geld bekommen, kann man so nicht sagen. Das hängt mit unserem Bundeshaushalt zusammen. Wichtig ist, dass das Geld bei euch ankommt. Es gibt ganz wichtige Leistungen für Kinder und Familien, die gar nicht direkt über mein Ministerium bezahlt werden. Zum Beispiel das Kindergeld, das Elterngeld, die Schulen und anderes. Man kann also nicht sagen, dass wir zu wenig Geld für Familien ausgeben. Man kann allerdings fragen, ob all das, was wir ausgeben, wirklich sinnvoll ist. Deshalb prüfen wir in den nächsten Jahren ganz genau, wie sinnvoll die einzelnen Ausgaben sind und was sie wirklich bewirken.
Dorothee Peters (14): Wieso sind Sie für Einbürgerungstests in Deutschland?
Kristina Schröder: Stimmt, das habe ich vor einiger Zeit einmal gesagt . Es geht doch bei der Einbürgerung darum, dass jemand, der schon lange in Deutschland lebt, einen deutschen Pass haben will und dafür seinen alten, z.B. einen türkischen, abgibt. Das ist toll und ich freue mich über jeden, der gern hier lebt und Deutscher werden möchte. Aber ich finde, er sollte dann auch ein paar Dinge über Deutschland und seine Geschichte wissen.
Zum Beispiel, was die DDR war und dass es die Mauer gab, oder welche Verbrechen während des Zweiten Weltkriegs bei uns an Juden verübt wurden. Ich finde, das gilt für alle Länder. Auch wenn ein Deutscher zum Beispiel Türke werden will, sollte er Kenntnisse über die Türkei und ihre Geschichte haben. Dafür muss man nicht unbedingt studiert haben.
Moritz Straubel (13): Warum haben Sie so eine schlechte Einstellung zur Links-Partei?
Kristina Schröder: Grundsätzlich hat jede Partei Respekt verdient. Meine beste Freundin wählt zum Beispiel die Grünen, und ich habe es längst aufgegeben, sie von der CDU zu überzeugen! Aber "Die Linke" ist für mich nicht eine Partei wie jede andere. Teile von ihr kämpfen gegen die Grundlagen unseres Staates. Sie stellen zum Beispiel infrage, ob der Parlamentarismus das Richtige ist. Sie kritisieren den Kapitalismus und meinen die Soziale Marktwirtschaft. Die Partei ist also in Teilen extremistisch, das sagt auch der Verfassungsschutz. Ich bin gegen jede Art von Extremismus.
Alina Zimmermann (14): Inwieweit glauben Sie, die "erfolgreiche Wiesbadener Integrationspolitik" in Berlin nwenden zu können, obwohl die Ausländersituation in Wiesbaden mit der in Berlin nicht vergleichbar ist?
Kristina Schröder: Das Zitat stammt von meiner Homepage. Ich finde, dass die Wiesbadener Integrationspolitik beispielhaft für ganz Deutschland ist. Dort wird viel Gutes gemacht - diese Ideen bringe ich nach Berlin, also in die Regierung mit, denn sie können Vorbild für ganz Deutschland sein.
Senioren
Simon Hünecke (12): Gibt es ein politisches Ziel, dass Sie in Ihrer Amtszeit unbedingt erreichen wollen?
Kristina Schröder: Ja klar. Ich bin ja auch für alte Menschen in Deutschland zuständig, und da liegt mir besonders die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf am Herzen. Hat jemand einen Großvater, eine Großmutter, die so krank ist, dass sie die ganze Zeit im Bett liegen muss? Dann wisst ihr, dass diese Menschen betreut werden müssen.
Einige liegen in Heimen, aber die meisten alten Menschen, die Pflege brauchen, werden in Deutschland zu Hause betreut. Von ihren Kindern, Partnern oder Verwandten. Die haben dann weniger Zeit zum Arbeiten. Damit sie den Älteren helfen können, ist es ganz wichtig, dass sie trotzdem ihren Beruf ausüben können und dass sie Hilfe bekommen. Dafür setze ich mich ein.
Laila Richter (12): Sie wollen bis 2013 die Kindergärten ausbauen. Wie ist das mit Seniorenheimen?
Kristina Schröder: Du hast Recht. In Zukunft wird das ein wichtiges Thema werden. Ich will mich dafür einsetzen, dass es mehr Pflegepersonal zur Betreuung gibt. Da werden wir bald einen riesigen Bedarf haben. Und ich will vor allem die Pflege zu Hause ermöglichen. Die meisten wollen nämlich zu Hause gepflegt werden.
Das Interview erschien am 05. Juni in der Berliner Morgenpost. Autorin: Andrea Huber.