Sehr geehrter Herr Präsident!
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete!
Es ist heute ein guter Tag für die Familien in Deutschland; denn die Große Koalition bringt zwei Gesetze auf den Weg, die die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erheblich verbessern werden. Wir haben in der ersten Halbzeit, Herr Weinberg, schon über das Elterngeld Plus gesprochen, eine finanziell starke Maßnahme, um Eltern Zeit für die Familie zu geben, aber auch Anreize, berufstätig zu sein.
Mit dem neuen Kitagesetz arbeiten wir weiter an der besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie; denn Eltern in Deutschland brauchen Ganztagskitas, um berufstätig zu sein. Aber wir machen auch mit den besseren Bildungschancen für Kinder weiter; denn gute Kitas in Deutschland sind nicht nur für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie der Eltern gut, sondern vor allem auch gut für Kinder und ihre Bildungschancen.
Das ist also ein doppelter Gewinn für Kinder und ihre Familien. Ich möchte noch einmal daran erinnern: Kommunen, Länder und Bund setzen seit den letzten Jahren erhebliche Mittel ein, um Kitaplätze zur Verfügung zu stellen. Der Bund stellt bis Ende 2014 insgesamt 5,4 Milliarden Euro für Investitionsvorhaben bereit. Ab 2015 beteiligt sich der Bund dauerhaft mit jährlich 845 Millionen Euro an den Betriebskosten; Herr Schäuble hat es angesprochen. Der Bund hat sich noch nie so stark an den laufenden Kosten der Kitas beteiligt und damit natürlich auch an den Personalkosten und an Qualität in Kitas.
Wir haben Erfolge: etwa 10 Prozent mehr Kinder unter drei Jahren in Kindertagesbetreuung als noch vor einem Jahr, mehr als doppelt so viele wie 2006. Aber die Bedarfe, vor allem nach Ganztagskitas, steigen; denn es ist weder der Mutter noch dem Vater geholfen, wenn die Kita von nur 8 bis 13 Uhr geöffnet ist. Wir brauchen Ganztagsbetreuung. Deshalb ist es gut, dass das neue Kitagesetz genau diese Qualitätsaspekte berücksichtigt. Liebe Frau Golze, Qualität ist nicht nur der Betreuungsschlüssel. Wir wurschteln hier auch nicht rum. Nein, wir klotzen. Wir schaffen neue Plätze. Das Wichtigste für Eltern ist es, erst einmal einen Platz zu haben.
Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Ich bin sehr für eine Qualitätsdebatte. Ich freue mich, dass Sie und auch die Grünen dieses Thema immer auf die Tagesordnung setzen. Deshalb verlasse ich mich auch darauf, dass die Länder, in denen Sie regieren, mich in dieser Debatte unterstützen. Wir werden es sehen.
Aber ich warne auch: Die Qualitätsdebatte darf nicht dazu führen, dass wir das Angebot an Kitas in unserem Land schlechtreden. Die Erzieherinnen und Erzieher leisten viel. Sie leisten sehr viel. Sie leisten mindestens genauso wertvolle Arbeit wie die Professoren an den Unis, aber sie sind weit von deren Bezahlung entfernt.
Ich habe noch keinen Elternbrief bekommen, in dem die schlechte Qualität einer Kita beklagt wurde. Ich bekomme aber viele Briefe wegen fehlender Plätze. Deshalb ist dieses neue Gesetz richtig: Wir brauchen für jedes Kind und jede Familie in Deutschland, die das möchte, einen guten Kitaplatz.
Wir setzen auf Qualität. Wir legen erstmalig in einem Gesetz Anforderungen fest und fördern Ausstattungsinvestitionen, zum Beispiel für ein gesundes Mittagessen in der Kita. Was ist ein gesundes Essen in Kitas denn anderes als Qualität?
Wir setzen auch auf Sprachförderung. Wir stellen in dieser Legislatur etwa eine halbe Milliarde Euro für gezielte Sprachförderung zur Verfügung, insbesondere für Brennpunktkitas. Das ist ein konkretes Beispiel für die Bekämpfung von Kinderarmut; denn Kinder brauchen gute Bildungschancen, unabhängig vom Geldbeutel der Eltern.
Wir entlasten die Länder durch die Übernahme der BAföG-Mittel. Ich habe mich wirklich dafür starkgemacht, dass die eingesparten Mittel in den Bildungsbereich fließen können, und zwar in den Bereich der frühkindlichen Bildung, der Schule und der Hochschule. Bildung beginnt in der Kita.
Ich freue mich sehr, dass es Länder wie Niedersachsen gibt, die mit gutem Beispiel vorangehen. Niedersachsen hat diese zusätzlichen Mittel in mehr Qualität in Form eines besseren Betreuungsschlüssels in Krippen investiert. Sie haben jetzt die Gelegenheit, in dem Bundesland, in dem Sie mitregieren - liebe Grünen, auch Sie werden gleich zu diesem Thema sprechen -, entsprechend zu handeln: Gehen Sie mit gutem Beispiel voran.
In Niedersachsen funktioniert das. Aber Sie regieren ja zum Glück auch in vielen anderen Ländern mit. Ich bin sehr gespannt, ob Ihre Länder beim Qualitätsgesetz dabei sind. Mir geht es aber darum, dass Schluss damit sein muss, den Schwarzen Peter hin und her zu schieben. Das bringt die Eltern und ihre Kinder nicht weiter.
Mir ist es wichtig, durch eine neue Kultur des Dialogs mit Kommunen und Ländern mehr Kitas und mehr Qualität in der Kitabetreuung zu bekommen. Deshalb gibt es im November eine Bund-Länder-Konferenz zum Thema Qualität früher Bildung, auf der wir uns zum ersten Mal in Gesprächen zwischen Bund und Ländern mit diesem Thema beschäftigen werden. Diese Konferenz ist der Auftakt. In weiteren Runden sollen dann die Verbände und Initiativen einbezogen werden, sodass es einer zusätzlichen Kommission nicht bedarf. Denn Länder und Bund haben sich längst auf den Weg gemacht. Wir haben diesen Weg längst beschlossen.
Sehr geehrte Damen und Herren, insbesondere weil ich heute die Ehre habe, auch vor den Haushältern zu sprechen, möchte ich noch einmal dafür werben: Nicht erst in der Schule, sondern in der Kita werden die Weichen für den Bildungserfolg unserer Kinder gestellt. Nicht erst an der Uni, sondern schon in der Kita werden die Weichen für Chancengleichheit gestellt.
Internationale Studien bescheinigen uns immer wieder, wie groß der Aufholbedarf in Deutschland ist. Deshalb ist es gut, dass wir so viel Geld in den Kitabereich investieren. Aber es ist noch nicht genug, und das wissen wir alle. Wir müssen jetzt das Geld sinnvoll einsetzen. Dabei sind auch alle Beteiligten vor Ort gefragt. Denn gute Kinderbetreuung ist auch Armutsbekämpfung.
Herr Schäuble und ich haben die Gesamtevaluation vorgelegt, und wir lernen daraus. Wir sehen: Das Elterngeld ist wichtig. Wir sehen aber auch: Die Kitabetreuung ist wichtig. Öffentlich geförderte Kinderbetreuung führt dazu, dass wir das Armutsrisiko von Familien um 7 Prozentpunkte mindern können. Ganztagskitas und Ganztagsschulen führen dazu, dass mehr Frauen erwerbstätig sind, was dann wieder zu mehr Steuereinnahmen führt. Deswegen werbe ich für eine innovative und moderne Haushalts- und Finanzpolitik, die für mich heißt: Das ist nicht einfach eine Ausgabe - schon gar keine konsumtive -; es ist vielmehr eine Investition in die Zukunft, die zu Erträgen führt. Das müssen wir auch bei den Haushaltsberatungen berücksichtigen.
Gute Kinderbetreuung ist wichtig für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, aber vor allem für die Bildung von Kindern. Alle Kinder haben ein Recht auf ein gutes Aufwachsen. Das schaffen wir nicht mit einer Maßnahme, aber mit einem Bündel von Maßnahmen. Wir haben heute zwei gute Vorhaben auf den Weg gebracht. Dafür möchte ich mich insbesondere bei den Regierungsfraktionen für die Unterstützung bedanken.
Ich freue mich auf die Beratungen. Aber am Wichtigsten ist, dass jetzt die Euros schnell vor Ort ankommen, damit es mit dem guten Ausbau der Kitabetreuung weitergehen kann.