Die Bundesregierung legt laut Beschluss des Deutschen Bundestags vom 19. März 2009 (Drucksache 16/11774) einmal in jeder Wahlperiode einen Bericht zum freiwilligen Engagement in Deutschland vor, der von einer unabhängigen Sachverständigenkommission erarbeitet wird. Dieser Bericht soll eine nachhaltige Engagementpolitik unterstützen und Handlungsempfehlungen geben. Das Thema des Vierten Engagementberichts lautet: "Zugangschancen zum freiwilligen Engagement".
Der Vierte Engagementbericht ist als Bundestagsdrucksache 20/14120 als PDF zum Download verfügbar.
In Deutschland sind rund 29 Millionen Menschen freiwillig und ehrenamtlich engagiert. Ihr freiwilliges Engagement findet in allen gesellschaftlichen Bereichen statt, im Sport, in der Musik und Kultur, im Umwelt- und Naturschutz ebenso wie im sozialen Bereich und in der Selbsthilfe, im Rettungswesen, bei der Feuerwehr und dem Katastrophenschutz, in Kirchen und Religionsgemeinschaften, in der Selbstvertretung marginalisierter Gruppen bis hin zur Jugend-, Bildungs- und Seniorenarbeit. Dabei üben die Engagierten ihre freiwillige Tätigkeit in vielfältigen Formen aus, eher ungebunden in selbstorganisierten Gruppen und Initiativen oder als formales "Ehrenamt" in Vereinen und Verbänden bis hin zum digitalen Engagement.
Freiwilliges Engagement ist ein zentraler Baustein für eine funktionierende Gesellschaft und ihren Zusammenhalt. Es stellt eine wichtige Form der gesellschaftlichen Teilhabe dar und ist von hoher Bedeutung für die soziale Integration. Aufnahme und Ausübung eines freiwilligen Engagements müssen unabhängig von Alter, Geschlecht, sexueller Orientierung, Bildungshintergrund, sozioökonomischem Status oder Herkunft individuell möglich sein, wenn Menschen dies wünschen. Der Vierte Engagementbericht analysiert differenziert, wie die Zugangsmöglichkeiten zum Engagement sich tatsächlich darstellen.
Zentrale Aussagen des Berichts
Der Vierte Engagementbericht zeigt, dass soziale Ungleichheiten wie Unterschiede im Einkommen, in der Schulbildung oder ein Migrationshintergrund die Beteiligungsmöglichkeiten am freiwilligen Engagement mit beeinflussen. Bestehende Ungleichheiten werden im Engagement oft noch verstärkt.
Inhalte des Berichts
Es ist von allgemeinem Interesse zu verstehen, warum bestimmte gesellschaftliche Gruppen weniger häufig am freiwilligen Engagement beteiligt sind als andere. Hier setzt der Vierte Engagementbericht an: Er beleuchtet die Zugangswege und Zugangschancen zur Aufnahme eines Engagements und untersucht die Hindernisse, die einen Zugang für weniger privilegierte Gruppen erschweren oder verhindern. Im Bericht werden diese Hindernisse als "Schwellen" bezeichnet, weil sie oft unsichtbar, aber auch nicht unüberwindbar sind. Der Bericht untersucht diese verschiedenen Schwellen und erklärt, wie sie wirken.
Die Berichtskommission hat dreizehn "Schwellen" herausgearbeitet, die den Zugang zu einem freiwilligen Engagement erschweren oder behindern können. Beispiele für solche Schwellen: Fehlen von Zeit(autonomie) und Geld, bürokratische und rechtliche Hürden, fehlende Räume für Engagement, ausgrenzende Organisationskulturen und Ansprache, fehlende Anerkennung und Einbeziehung informeller bzw. neuartiger Engagementstrukturen.
Der Bericht gibt Anregungen und konkrete Handlungsempfehlungen, in welcher Weise durch geeignete Rahmenbedingungen der Zugang zum freiwilligen Engagement befördert, inklusiver gestaltet und nachhaltig gestärkt werden kann. Dabei stehen Bevölkerungsgruppen im Mittelpunkt, die sich bislang anteilig weniger stark engagieren bzw. engagieren können. Mit seinen Handlungsempfehlungen richtet sich der Bericht sowohl an die Politik in Bund, Ländern und Kommunen als auch an die Zivilgesellschaft und ihre Organisationen gleichermaßen.
Die Sachverständigenkommission
- Prof. Dr. Chantal Munsch (Vorsitzende der Kommission), Professorin für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Sozialpädagogik an der Universität Siegen
- Prof. Dr. Serhat Karakayali, Professor für Migration and Mobility Studies an der Leuphana-Universität Lüneburg
- Tobias Kemnitzer, Geschäftsführer der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen e.V. (bagfa)
- Prof. Dr. Matthias Quent, Professor für Soziologie an der Hochschule Magdeburg-Stendal
- Prof. Dr. Wibke Riekmann, Professorin für Sozialarbeitswissenschaft mit dem Schwerpunkt Gemeinwesenarbeit und Community Organizing an der Hochschule Hannover
- Prof. Dr. Anne van Rießen, Professorin für Methoden Sozialer Arbeit an der Hochschule Düsseldorf
- Prof. Dr. Andreas Thimmel, Professor für Wissenschaft der Sozialen Arbeit an der Technischen Hochschule Köln
- Prof. Dr. Claudia Vogel, Professorin für Soziologie und Methoden der quantitativen Sozialforschung an der Hochschule Neubrandenburg
- Prof. Dr. Sabrina Zajak, Leiterin der Abteilung Konsens und Konflikt am DeZIM-Institut Berlin und außerplanmäßige Professorin an der Fakultät für Sozialwissenschaften der Ruhr-Universität Bochum
Bislang erschienene Berichte
- Für den Ersten Engagementbericht der Bundesregierung wurde als Schwerpunktthema "Bürgerschaftliches Engagement von Unternehmen" gewählt.
- Im Zweiten Engagementbericht stand das Thema "Demografischer Wandel" im Mittelpunkt.
- Der Dritte Engagementbericht mit dem Titel "Zukunft Zivilgesellschaft: Junges Engagement im digitalen Zeitalter" verknüpfte zwei Schwerpunkte miteinander: Die Bedeutung der Mitwirkung und Einbindung junger Menschen in das freiwillige Engagement für die Zukunft der Zivilgesellschaft und die Herausforderungen der Digitalisierung und der mit dieser verbundenen globalen, wirtschaftlichen und sozialen Umbrüche für das gesellschaftliche Leben und auch die Zivilgesellschaft.