Sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Jugendliche ist auch in Deutschland immer noch trauriger Alltag - in der analogen wie in der digitalen Welt. Deshalb hat das Bundeskabinett das von Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey vorgelegte "Konzept zur dauerhaften Stärkung der Strukturen für Schutz, Prävention und Intervention bei sexualisierter Gewalt in Kindheit und Jugend" am 12. Dezember beschlossen. Kern ist die dauerhafte Einrichtung des Amtes einer oder eines Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM).
Dr. Franziska Giffey betonte:
"Sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Jugendliche ist grausam und reißt Wunden, die oft ein ganzes Leben lang nicht verheilen. Es geht nicht um bedauernswerte Einzelfälle, sondern um ein großes gesamtgesellschaftliches Problem. Wenn wir von etwa einer Million betroffener Kinder sprechen, müssen wir uns klar machen, dass statistisch gesehen in jeder deutschen Schulklasse ein bis zwei betroffene Kinder sitzen. Umso wichtiger ist es, dass wir jetzt die Strukturen auf Bundesebene spürbar stärken und damit auch ein klares Signal gegen Kindesmissbrauch setzen. Die Arbeit des Unabhängigen Beauftragten hat in den vergangenen Jahren entscheidend dazu beigetragen, dass das Thema aus der Tabuzone geholt wurde und Verbesserungen bei Schutz und Hilfe, beispielsweise in Schulen, geschaffen wurden. Wir müssen uns mit aller Kraft dafür einsetzen, damit jedes Kind frei von sexualisierter Gewalt aufwachsen kann."
Strukturen stärken
Im "Konzept zur dauerhaften Stärkung der Strukturen für Schutz, Prävention und Intervention bei sexualisierter Gewalt in Kindheit und Jugend" bleibt der oder die Unabhängige Beauftragte eine zentrale Säule. Er oder sie wird die Bundesregierung bei der Verbesserung von Schutz und Hilfen unterstützen, Handlungsbedarfe identifizieren und weiterhin wichtige Sensibilisierungs- und Aufklärungsarbeit leisten.
An der Seite des oder der Unabhängigen Beauftragten wird zudem auch weiterhin ein ehrenamtlich tätiger Betroffenenrat arbeiten, der dauerhaft eine strukturierte Beteiligung von Betroffenen auf Bundesebene gewährleistet. Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey beruft hierzu zwölf bis 18 Personen, die in der Kindheit oder Jugend sexualisierte Gewalt erfahren haben.
Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs
Zudem wird die Laufzeit der vom Unabhängigen Beauftragten berufenen Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs bis Ende 2023 verlängert. Die Kommission soll weiterhin über Ausmaß, Ursachen und Folgen von sexualisierter Gewalt gegen Minderjährige aufklären, Betroffene anhören, Wege zur Anerkennung des Unrechts aufzeigen, Forschungslücken identifizieren und Empfehlungen zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor sexualisierter Gewalt sowie deren Aufarbeitung unterbreiten.
Zum Hintergrund
Im Jahr 2017 wurden laut polizeilicher Kriminalstatistik etwa
13.000 Fälle sexuellen Missbrauchs angezeigt sowie fast 8000 Fälle von Missbrauchsabbildungen, sogenannte Kinder- und Jugendpornografie. 1600 Opfer waren jünger als sechs Jahre. Aktuelle Forschungen lassen den Schluss zu, dass jede sowie jeder siebte bis achte Erwachsene in Deutschland sexuelle Gewalt in Kindheit und Jugend erlitten hat.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) geht für Deutschland von einer Million betroffener Mädchen und Jungen aus, die sexuelle Gewalt erlebt haben oder erleben. Das sind pro Schulklasse ein bis zwei betroffene Kinder. Sexualisierte Gewalt in der Kindheit und Jugend hat einen wesentlichen Einfluss auf die Lebensverläufe und Chancen von betroffenen Menschen und belastet sie häufig ein Leben lang.