Rede im Deutschen Bundestag von Bundesfamilienministerin Dr. Kristina Schröder zum Einzelplan 17 des Bundeshaushalts 2013 am 13. September 2012 in Berlin

Es gilt das gesprochene Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Gesellschaftlicher Zusammenhalt braucht starke Familien und faire Chancen für alle Generationen und alle Geschlechter. Dafür sind im Einzelplan 17 des Regierungsentwurfs für das Haushaltsjahr 2013 Ausgaben in Höhe von rund 7,1 Milliarden Euro vorgesehen. Das sind rund 338 Millionen Euro beziehungsweise 5 Prozent mehr als 2012. Dieser Aufwuchs kommt insbesondere Familien und Kindern in Deutschland zugute. Das zeigt: Auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten können sich Familien in Deutschland auf Union und FDP verlassen.

Für uns zählt in der Familienpolitik vor allen Dingen eines: Was wollen die Familien? Darauf kann die Antwort nur lauten: Vielfalt in der Familienförderung. Denn Bedürfnisse sind nun einmal unterschiedlich, je nach Alter des Kindes, je nach individuellen Lebensumständen, je nach Werteüberzeugungen in den Familien. Deshalb brauchen wir unterschiedliche Instrumente in der Familienförderung.

Dazu gehört das Elterngeld, für das 2013 – wie im letzten Jahr – 4,9 Milliarden Euro vorgesehen sind. Das Elterngeld ermöglicht genau das, was sich fast alle Paare wünschen, nämlich dass im ersten Jahr nach der Geburt des Kindes ein Partner zu Hause beim Kind sein kann. Gleichzeitig unterstützt es Paare dabei, Familie und Beruf partnerschaftlich zu teilen. Vor Einführung des Elterngelds haben 3,3 Prozent der Väter eine Auszeit genommen. Jetzt sind es über 25 Prozent.

Ich werde im Herbst einen Gesetzentwurf vorlegen, der Eltern mehr Gestaltungsfreiheit in der Elternzeit gibt, vor allen Dingen was Teilzeitarbeit betrifft, und der eine Großelternzeit ermöglicht, sodass Paare Elternzeit auch auf die Großeltern übertragen können. Ich glaube ohnehin, dass bei uns in Deutschland gnadenlos unterschätzt wird, welchen Beitrag die Großeltern zur Betreuung ihrer Enkel leisten und welche Möglichkeiten sie damit auch im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für die mittlere Generation schaffen.

Zur Vielfalt der familienpolitischen Leistungen gehören aber auch der Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz und ein Betreuungsgeld für Familien, die die Betreuung ihrer ein- und zweijährigen Kinder selbst organisieren. Für das Betreuungsgeld sind 2013 300 Millionen Euro etatisiert. Das erweitert den Gestaltungsspielraum von Eltern ein- und zweijähriger Kinder.

Klar ist aber auch: Ohne genügend Kitaplätze gibt es genauso wenig Gestaltungsfreiheit. Wir haben für den Kitaausbau neue Mittel in Höhe von 580,5 Millionen Euro zugesagt. Diese können rückwirkend ab dem 1. Juli dieses Jahres in Anspruch genommen werden. Damit ermöglichen wir den Ländern und Kommunen die Einrichtung von mindestens 30 000 zusätzlichen Betreuungsplätzen.

Insgesamt stellt der Bund bis 2013 4,6 Milliarden Euro für den Kitaausbau zur Verfügung, und er beteiligt sich ab 2014 mit einem Betrag von 845 Millionen Euro jährlich an den Betriebskosten. Angesichts dieser gewaltigen Summen, die wir hier investieren, trotz der Tatsache, dass die Finanzierung des Kitaausbaus Ländersache ist, ist ganz klar: Der Kitaausbau hat für Union und FDP oberste Priorität, meine Damen und Herren.

Ich habe mein Zehn-Punkte-Programm vorgelegt, um den Ausbau der Kinderbetreuung zu beschleunigen. Darin geht es unter anderem um die Stärkung der Kindertagespflege und den Ausbau von Betriebskindergärten. Der Bund hat all seine Kräfte für den Kitaausbau mobilisiert. Dasselbe erwarte ich auch von den Ländern, insbesondere von denen, die immer noch im Energiesparmodus unterwegs sind.

Ein Anliegen, das mir persönlich sehr wichtig ist, besteht darin, diejenigen Paare zu unterstützen, die sich ein Kind wünschen, auf natürlichem Wege aber keines bekommen können. Ich erhalte zu kaum einem anderen Thema so bewegende Briefe: von Menschen, die mir ihr Glück schildern, dass sie nach jahrelanger Kinderwunschbehandlung endlich ihr Baby in den Armen halten, aber auch von Paaren, die durch diese Behandlung ihre letzten Ersparnisse aufgebraucht haben und nun kein Geld für weitere Versuche haben. Eine familienfreundliche Gesellschaft, meine Damen und Herren, darf diese Menschen nicht alleine lassen. Deshalb habe ich mich dafür eingesetzt, dass der Bund betroffene Paare bei Kinderwunschbehandlungen unterstützt. Die entsprechenden Mittel stehen zur Verfügung. 2013 sind hierfür 10 Millionen Euro vorgesehen.

Vielfalt zu ermöglichen, darum geht es auch in der Gleichstellungspolitik. Wir brauchen eine Arbeitswelt der fairen Chancen für Männer und Frauen mit unterschiedlichen Lebensentwürfen. Bisher kommen oft nur diejenigen nach ganz oben, die jemanden haben, der zu Hause den Kühlschrank füllt und für regelmäßigen Nachschub an frischen Hemden sorgt.

Benachteiligt sind dadurch insbesondere Frauen, aber genauso auch Männer, die sich Zeit für die Familie wünschen. Deshalb kämpfe ich für eine intelligente Quote, die bei den Ursachen der männlichen Monokultur im Management ansetzt und die Unterschiede in den Unternehmen und Branchen berücksichtigt. Dazu will ich natürlich eine gesetzliche Lösung; das sage ich noch einmal klar und deutlich. Wir kommen aber auch auf untergesetzlichem Wege gut voran.

Von den Fortschritten im Rahmen meiner DAX-30-Initiative können Sie sich auf www.flexi-quote.de selbst ein Bild machen. Um diese Fortschritte künftig objektiv messen, beurteilen und vergleichen zu können, habe ich die Entwicklung eines Frauen-Karriere-Indexes in Auftrag gegeben, den ich in den nächsten Wochen vorstellen werde.

Kurz vor der Vollendung steht auch ein weiteres wichtiges frauenpolitisches Projekt dieser Legislaturperiode: Das bundesweite Hilfetelefon bei Gewalt gegen Frauen wird voraussichtlich Anfang 2013 freigeschaltet. Für die Finanzierung des laufenden Betriebs sind 6 Millionen Euro vorgesehen. Damit tragen wir dafür Sorge, dass Frauen in Notlagen möglichst schnell Hilfe bekommen. Wer eine ungefähre Vorstellung davon hat, was gewaltbetroffene Frauen physisch und psychisch durchmachen, der weiß auch, wie wichtig dieses Hilfetelefon ist.

Die erfolgreiche Arbeit dieser Bundesregierung belegen auch die geplanten Ausgaben für den Bundesfreiwilligendienst und die Freiwilligendienste im Einzelplan 17. Vor einem Jahr haben hier viele aus der Opposition noch Stimmung gegen den Bundesfreiwilligendienst gemacht. Da gab es viel Skepsis, ob sich denn überhaupt genügend Freiwillige finden würden. Hier zeigt sich doch einmal wieder der Unterschied: SPD und Grüne vertrauen auf den Staat, Union und FDP vertrauen auf die Menschen. Wir haben den Menschen zugetraut, sich aus eigener Motivation zu engagieren. Das hat überwältigend funktioniert.

Sehr froh bin ich auch über einen weiteren Erfolg, den wir gemeinsam erreicht haben. Am 1. Januar ist das neue Kinderschutzgesetz in Kraft getreten, ein Meilenstein für einen aktiven Kinderschutz in Deutschland. Für die Bundesinitiative "Familienhebammen" sind 2013, wie wir das im Vermittlungsausschuss beschlossen haben, 45 Millionen Euro etatisiert. Damit erreichen wir junge Eltern zu einem Zeitpunkt, an dem sie für Hilfe und Unterstützung noch zugänglich sind.

Alles in allem spiegelt der Einzelplan 17 des Haushaltsentwurfs 2013 die großen gesellschaftspolitischen Erfolge wider, die Union und FDP in den letzten drei Jahren erreicht haben. Wir haben durch den Kitaausbau die Gestaltungsfreiheit für Familien gestärkt. Wir haben ein neues umfassendes Kinderschutzgesetz auf den Weg gebracht, das in der vergangenen Legislaturperiode noch gescheitert ist. Wir haben – einmalig in Europa – selbstgesetzte Quoten bei den DAX-30-Unternehmen, durch die 5.400 Frauen in Führungspositionen kommen werden. Wir haben eine Familienpflegezeit, mit der die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf unterstützt wird. Wir haben für 4.000 Kitas in Deutschland die Sprachförderung verbessert, und wir haben den Bundesfreiwilligendienst eingeführt, dessen Erfolg alle Erwartungen übertrifft.

Aber ich glaube, dass wir noch mehr können, wenn wir Menschen ihr Leben leben lassen und ihnen Hürden aus dem Weg räumen. Wir wissen, dass 1,2 Millionen Frauen in Deutschland mit älteren Kindern gerne arbeiten würden, es aber nicht tun, weil die Vereinbarkeit von Familie und Beruf noch immer nicht gut genug ist: 1,2 Millionen Frauen! Diese Frauen könnten dann selbst für ihre Altersvorsorge sorgen. Sie könnten einen eigenständigen Anspruch aufbauen, wenn es gelingt, hier die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern. Aber dafür, meine Damen und Herren, müssen wir nicht die Familien ändern, sondern dafür müssen wir die Arbeitswelt ändern. Das wird das große Thema der Zukunft sein.

Herzlichen Dank.