Erfahren Frauen und ihre Partner durch vorgeburtliche Diagnostik von einem Risiko oder von einer schweren Krankheit oder Behinderung ihres Kindes, geraten sie häufig in schwere seelische Konflikte. In dieser existenziellen Krisensituation haben betroffene Frauen und ihre Partner einen erheblichen Informations-, Aufklärungs- und Beratungsbedarf.
Beratung nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz
Frauen und Männer haben nach § 2 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes einen rechtlichen Anspruch auf kostenlose und auf Wunsch anonyme Beratung in einer dafür vorgesehenen Beratungsstelle. Der Anspruch auf Beratung umfasst unter anderem:
- Informationen über bestehende gesetzliche Leistungen und Hilfen für Familien und Kinder sowie Vorsorgeuntersuchungen im Rahmen der Schwangerschaft (auch spezielle vorgeburtliche Untersuchungen),
- soziale und wirtschaftliche Hilfen für Schwangere und Lösungsmöglichkeiten für psychosoziale Konflikte im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft,
- Hilfsmöglichkeiten für behinderte Menschen und ihre Familien (§ 2 Absatz 2 Satz 1 SchKG).
Darüber hinaus ist die Schwangere bei Bedarf bei der Geltendmachung von Ansprüchen, der Wohnungssuche, der Suche nach einer Betreuungsmöglichkeit für das zu erwartende Kind sowie bei der Fortsetzung ihrer Ausbildung zu unterstützen (§ 2 Absatz 1 Satz 2 SchKG). Zum Anspruch gehört auch die Nachbetreuung nach einem Schwangerschaftsabbruch oder nach der Geburt des Kindes.
Für die Beratung steht in Deutschland ein flächendeckendes Netz an Schwangerschaftsberatungsstellen unterschiedlicher Träger zur Verfügung.
Gesetz zur Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes
Zur Verbesserung der Beratung im Vorfeld einer möglichen medizinischen Indikation trat zum 1. Januar 2010 das Gesetz zur Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes in Kraft. Es regelt die Anforderungen an eine umfassende ärztliche Aufklärung, Beratung und Begleitung der Schwangeren im Vorfeld einer eventuell zu stellenden medizinischen Indikation für einen Schwangerschaftsabbruch. Die Regelung sieht unter anderem die ärztliche Verpflichtung vor, im Einvernehmen mit der Schwangeren Kontakte zu Beratungsstellen und gegebenenfalls Selbsthilfegruppen und Behindertenverbänden zu vermitteln. Zwischen der Eröffnung des (pränatalen) Befundes und der Indikationsstellung ist die Einhaltung einer dreitägigen Bedenkzeit zu beachten.
Ziel dieser Regelungen ist es, die Konsequenzen der im Raum stehenden Behinderung des Kindes von allen Seiten zu beleuchten und die Schwangere darin zu unterstützen, sich über die zukünftigen Lebensverhältnisse in Ruhe und mit fachlicher Unterstützung klar zu werden. Das Gesetz trägt dazu bei, dass eine fundierte Einschätzung nach Überwindung der ersten Schocksituation getroffen werden kann. Es soll der Schwangeren in ihrer Konfliktsituation und den Ärztinnen und Ärzten bei Prüfung der Voraussetzungen einer medizinischen Indikation helfen.
Die Umsetzung des Gesetzes wurde vom Institut für Geschichte und Ethik der Medizin der Universität Köln wissenschaftlich begleitet. Der Abschlussbericht der Studie "Interdisziplinäre und multiprofessionelle Beratung bei Pränataldiagnostik" wurde im September 2013 vorgelegt.
Gendiagnostikgesetz
Das Gendiagnostikgesetz trägt zu einer Verbesserung der Beratungssituation nach einem auffälligen Befund bei einer vorgeburtlichen genetischen Untersuchung bei. Es regelt unter anderem eine umfassende ärztliche Beratung nach Vorliegen des Untersuchungsergebnisses und eine ärztliche Hinweispflicht auf den Anspruch der Schwangeren auf psychosoziale Beratung in einer Schwangerschaftsberatungsstelle.
Bei vorgeburtlichen genetischen Untersuchungen kann die Schwangere zudem, anders als bei den übrigen vorgeburtlichen Untersuchungen, nur unter besonderen Bedingungen auf die Beratung verzichten. Sie muss nach vorheriger schriftlicher Information über die Beratungsinhalte ihren Verzicht schriftlich erklären.