Frauen und Mädchen mit Behinderungen erleben oft Gewalt, die sich in unterschiedlichen Formen äußert. Dazu gehören Beschimpfungen sowie körperliche und sexualisierte Gewalt. Jede dritte bis vierte Frau mit Behinderung hat in ihrer Kindheit und Jugend sexualisierte Gewalt erfahren. Das ist zwei- bis dreimal häufiger als bei Frauen im Bevölkerungsdurchschnitt. Auch Diskriminierung und Gewalt in Einrichtungen der Behindertenhilfe gehören zum Alltag vieler Frauen mit Behinderungen. Strukturen in den Einrichtungen können Gewalt fördern und begünstigen.
Zu diesem alarmierenden Ergebnis kam 2012 die Studie "Lebenssituation und Belastungen von Frauen mit Beeinträchtigungen und Behinderungen in Deutschland" der Universität Bielefeld. Sie wurde im Auftrag des Bundesfrauenministeriums durchgeführt.
Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderung
Das Übereinkommen der Vereinten Nationen (VN) über die Rechte von Menschen mit Behinderung (VN- Behindertenrechtskonvention) verpflichtet die Vertragsstaaten, Diskriminierung aufgrund von Behinderung zu verbieten und den rechtlichen Schutz von Menschen mit Behinderung zu gewährleisten. Deutschland hat die Konvention und das Zusatzprotokoll am 24. Februar 2009 ratifiziert. Seit dem 26. März 2009 sind das VN-Übereinkommen und das Zusatzprotokoll für Deutschland verbindlich. Das Übereinkommen ist als erstes universelles Rechtsinstrument auf die Lebenssituation von weltweit über 600 Millionen Bürgerinnen und Bürgern mit Behinderungen zugeschnitten. Es definiert soziale Standards, an denen die Vertragsstaaten ihr politisches Handeln zukünftig messen lassen müssen.
Um die VN-Behindertenrechtskonvention umzusetzen hat die Bundesregierung Nationale Aktionspläne erarbeitet. Darin sind die Ziele und Maßnahmen der Bundesregierung in einer Gesamtstrategie zusammengefasst. Sowohl der erste Aktionsplan (NAP 1.0) als auch der weiterentwickelte NAP 2.0 sollen die Chancengleichheit und gleichberechtigte Teilhabe für Menschen mit Behinderung am politischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben ermöglichen. Ein eigenes Kapitel widmet sich den Maßnahmen für Frauen mit Behinderung.
Projekt "Das Bundes-Netzwerk für Frauen-Beauftragte in Einrichtungen stark machen"
Frauenbeauftragte, die bereits in vielen Werkstätten und anderen Einrichtungen der Behindertenhilfe gewählt werden, leisten einen wichtigen Beitrag, um Frauen mit Lernschwierigkeiten sowie den Gewaltschutz in Einrichtungen zu stärken. Die Erfahrungen zeigen, dass Frauen mit Lernschwierigkeiten sehr gut als Frauenbeauftragte arbeiten können, weil sie oft einen besseren, direkteren Zugang zu den Frauen in den Einrichtungen haben als das pädagogische Personal. Gleichzeitig können sie als Schnittstelle zwischen dem System der Behindertenhilfe und den Angeboten für gewaltbetroffene Frauen fungieren.
Das Bundesfrauenministerium fördert aktuell das Projekt "Das Bundes-Netzwerk für Frauen-Beauftragte in Einrichtungen stark machen", das vom Verein Weibernetz e.V. durchgeführt wird. Das Ziel ist, eine bundesweite Interessenvertretung für Frauenbeauftragte in Einrichtungen zu installieren.
Projekt "Politische Interessenvertretung behinderter Frauen"
Die vergangenen Jahre haben gezeigt, wie wichtig es ist, dass die Interessen behinderter Frauen in Gremien und auf Fachtagungen vertreten sind. Auch Stellungnahmen und Vorschläge zur Verbesserung der Lebenssituation von Frauen und Mädchen mit Behinderungen müssen formuliert werden. Nur so können ihre spezifischen Belange berücksichtigt werden. Das Bundesfrauenministerium fördert darum das Projekt "Politische Interessenvertretung behinderter Frauen - Stärkung der Gleichstellung, der Gleichberechtigung und des Gewaltschutzes durch Partizipation und Vernetzung" in Trägerschaft des Weibernetz e.V. Das Projekt läuft von 2021 bis 2024.