In Deutschland gibt es verschiedene Kennziffern, die den Stand der Gleichstellung von Frauen und Männern anzeigen. Der bereits geläufige Gender Pay Gap verdeutlicht die Lohnlücke zwischen beiden Geschlechtern. Zudem gibt es den Gender Care Gap. Dieser neue Indikator wurde im Zweiten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung entwickelt und basiert auf Daten der Zeitverwendungserhebung des Statistischen Bundesamtes (ZVE).
Der Gender Care Gap zeigt den unterschiedlichen Zeitaufwand, den Frauen und Männer für unbezahlte Sorgearbeit aufbringen. Diese Tätigkeiten umfassen sämtliche Arbeiten im Haushalt und Garten, die Pflege und Betreuung von Kindern und Erwachsenen sowie ehrenamtliches Engagement und unbezahlte Hilfen für andere Haushalte. Die Anfahrtszeiten werden bei der Berechnung des Gender Care Gap mit einbezogen.
Frauen leisten mehr unbezahlte Sorgearbeit als Männer
Der Gender Care Gap beträgt aktuell 44,3 Prozent. Das bedeutet, Frauen verwenden durchschnittlich täglich 44,3 Prozent mehr Zeit für unbezahlte Sorgearbeit als Männer. Umgerechnet sind das 79 Minuten Unterschied pro Tag. So verbringen Männer pro Woche knapp 21 Stunden und Frauen knapp 30 Stunden mit unbezahlter Sorgearbeit. Im Vergleich zur letzten ZVE 2012/2013 hat sich der Gender Care Gap verringert - damals lag er bei 52,4 Prozent.
Wirtschaftliche Nachteile als Konsequenz
Der Gender Care Gap zeigt: Frauen arbeiten mehr als Männer, wenn die bezahlte und unbezahlte Arbeit zusammen betrachtet wird. Dabei bringen sie deutlich mehr Zeit für unbezahlte Sorgearbeit wie Kinderbetreuung, Pflege oder Haushalt auf - Zeit, die ihnen für Erwerbsarbeit fehlt.
Für Frauen ergeben sich dadurch wirtschaftliche Nachteile in Bezug auf ihre Entlohnung, ihre beruflichen Chancen, ihre ökonomische Eigenständigkeit und letztlich auch auf ihre Alterssicherung. Im Umkehrschluss heißt dies: wenn die unbezahlte Sorgearbeit gerechter zwischen Frauen und Männern verteilt wird, können Frauen - genauso wie Männer - wirtschaftlich eher auf eigenen Beinen stehen, auch bei veränderten Lebensumständen wie Trennung oder Scheidung.
Berechnung des Gender Care Gap
Als Datengrundlage zur Berechnung des Gender Care Gap dient die repräsentative ZVE. Alle zehn Jahre untersuchen die Statistischen Ämter des Bundes und der Länder die Zeitverwendung der Menschen in Deutschland, zuletzt 2022. Die ZVE ist die einzige amtliche Datenquelle, die Informationen zum Umfang der Care-Arbeit liefert. Erste neue Ergebnisse aus der ZVE 2022 erschienen am 28. Februar 2024.
Das Statistische Bundesamt musste die am 28. Februar 2024 veröffentlichten Ergebnisse der Zeitverwendungserhebung 2022 am 28. März 2024 aufgrund eines Fehlers in der Datenaufbereitung korrigieren. Die zentralen Aussagen der ersten veröffentlichten Ergebnisse bleiben durch die Korrekturen unverändert. Auch in dieser Meldung wurden die Ergebnisse entsprechend angepasst.
Die ZVE 2022 war die vierte Erhebung dieser Art - nach 1991/1992, 2001/2002 und 2012/2013.
Insgesamt wurden bei der ZVE 2022 rund 10.000 Haushalte mit 20.000 Personen an zwei Wochentagen und an einem Tag am Wochenende zu ihren täglichen Aktivitäten freiwillig schriftlich befragt.