Gleichstellung und Teilhabe Frauen und Politik

Auch mehr als 100 Jahre nach Einführung des Frauenwahlrechts liegt der Frauenanteil im Deutschen Bundestag bei weitem noch nicht bei 50 Prozent. Unsere Demokratie lebt jedoch von der Vielfalt der Perspektiven. Gerade bei der Bewältigung gesellschaftlicher Umbrüche müssen diese möglichst umfassend in die politischen Entscheidungsprozesse einbezogen werden. Nur so kann Politik den Lebensbedingungen von Frauen und Männern gleichermaßen gerecht werden und dazu beitragen, Ungleichheiten zu überwinden, statt sie zu verfestigen. Die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen an politischen Entscheidungsprozessen verbessert die Verteilungsgerechtigkeit, erhöht die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und führt zu nachhaltigeren und inklusiveren Lösungen.

Frauenanteile in der Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik erhöhen

Mit Stand März 2025 liegt der Frauenanteil im Bundestag in der 21. Legislaturperiode bei 32,4 Prozent. Der durchschnittliche Frauenanteil in den Landesparlamenten liegt bei 33,2 Prozent, in den Kommunalparlamenten bei 30,5 Prozent. Über alle Bundesländer hinweg beträgt der Frauenanteil im Bürgermeisteramt 13,5 Prozent, entsprechend wird etwas weniger als jede siebte Gemeinde von einer Frau geleitet. Im Hinblick auf die Bundesländer zeigen sich jedoch erhebliche Unterschiede. Die höchsten durchschnittlichen Frauenanteile zeigen sich in Schleswig-Holstein und in Mecklenburg-Vorpommern mit jeweils 18,3 Prozent, gefolgt von Brandenburg (16,4 Prozent) und Sachsen-Anhalt bzw. Niedersachsen (je 15,2 Prozent). Schlusslicht stellt das Saarland dar, hier sind nur 6,6 Prozent der Bürgermeister weiblich.

Frauen machen mehr als die Hälfte der Bevölkerung aus, sind aber in politischen Parteien und Parlamenten nach wie vor deutlich unterrepräsentiert. Zu den Haupthindernissen, mit denen sie konfrontiert sind, gehören die mangelnde Vereinbarkeit von Amt, Familie und Beruf, eine von Männern dominierte politische Kultur und Wahlgesetze, die die Vertretung von Frauen beeinflussen. Unterschiede in den Parteistatuten führen auch zu sehr unterschiedlichen Frauenanteilen bei Nominierungsverfahren.

Auch sexuelle Belästigung ist ein großes Hindernis. 40 Prozent der Politikerinnen geben an, im politischen Umfeld sexuell belästigt worden zu sein. Bei den unter 45-Jährigen sind es sogar 60 Prozent, so die Studie "Parteikulturen und politische Partizipation von Frauen" des Vereins Europäische Akademie für Frauen in Politik und Wirtschaft Berlin e.V. (EAF e.V.) vom Oktober 2021.

Helene-Weber-Kolleg und Helene-Weber-Preis

Die vom Bundesgleichstellungsministerium geförderten Programme "Kommunales Aktionsprogramm - Frauen in der Politik" und Helene-Weber-Kolleg/Helene-Weber-Preis haben verschiedene Erfolge zu verzeichnen. Es wurden Maßnahmen wie Mentoring-Programme, Coaching, Vernetzung und Fortbildung entwickelt und umgesetzt, um kommunalpolitische Mandate besser zu unterstützen. Die Gleichstellungsbeauftragten wurden gestärkt und Gleichstellungsfragen haben vor Ort mehr Aufmerksamkeit erhalten.

Es wurden Netzwerke aufgebaut, von denen vor allem ländliche Regionen profitieren. Ein Beispiel aus Sachsen zeigt, dass trotz schwieriger Rahmenbedingungen der Frauenanteil unter den Kandidatinnen und Kandidaten der demokratischen Parteien bei der Kommunalwahl 2024 im Vergleich zu 2019 gestiegen ist. Strukturelle Hindernisse wie Vereinbarkeitsprobleme, Sitzungszeiten und der Gender Care Gap bestehen jedoch weiterhin. Sexismus und Diskriminierung bleiben ernsthafte Herausforderungen.

Am 1. Dezember 2024 startete das Projekt "Frauen. Vielfalt. Politik. Demokratie vor Ort gestalten", initiiert von den Vereinen EAF e.V. und dlv e.V. Ziel des Projekts ist es, den Frauenanteil in der Politik zu erhöhen, wofür es auf vier zentrale Handlungsfelder setzt:

Informieren und Kommunizieren

Hierbei werden Wissen und bewährte Vorgehensweisen zu institutionellen Rahmenbedingungen zusammengefasst. Dazu gehören Muster-Compliance-Regelungen und Verhaltenskodizes für die Arbeit in Parlamenten und Räten. Zudem werden Studien, Zahlen, Daten und Fakten zur politischen Teilhabe von Frauen auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene auf einer Plattform bereitgestellt. Öffentlichkeitsarbeit erfolgt über Newsletter, Social Media und die Wanderausstellung "Mütter des Grundgesetzes".

Wissenstransfer und Fachberatung

Neben einer Initialberatung zu institutionellen Rahmenbedingungen werden individuelle Handlungsempfehlungen für Kommunen, gleichstellungspolitische Akteurinnen und Akteure sowie Parteien entwickelt. Zudem sind Vorträge vor Ort und öffentliche Fachforen vorgesehen, um den Austausch und die Beratung weiter zu fördern.

Vernetzung und Empowerment

Die Bürgermeisterinnen haben die Möglichkeit eines gezielten Coachings und der Teilnahme an einer eigenen Konferenz. In Zusammenarbeit mit dem Helene-Weber-Netzwerk der 85 Preisträgerinnen werden Innovationszirkel eingerichtet. Darüber hinaus sind ein Beirat und eine Kommunalkonferenz Teil des Programms, um den Austausch zwischen Frauen in der Politik zu stärken.

Gezielt ländliche Räume erreichen

Landfrauen übernehmen hierbei eine wichtige Rolle als Botschafterinnen und erhalten Beratungen sowie Coachings. Das dlv-Netzwerk bietet weitere Unterstützung, unter anderem durch den LandFrauentag und Podcasts, die sich mit dem Thema Frauen in der Politik befassen.

Ausstellung "Mütter des Grundgesetzes"

Die Print-On-Demand-Ausstellung "Mütter des Grundgesetzes" würdigt das politische Engagement von Helene Weber, Frieda Nadig, Elisabeth Selbert und Helene Wessel im Parlamentarischen Rat 1948/49. Die Ausstellung wurde erstmals anlässlich der ersten Verleihung des Helene-Weber-Preises 2009 gezeigt und tourt seitdem durch ganz Deutschland. Im Jahr 2024 wurde sie anlässlich des Jubiläums "75 Jahre Grundgesetz" erweitert und thematisiert seitdem auch die aktuelle Situation von Frauen in der Politik.