Gleichstellung Gleichstellungspolitik für Jungen und Männer

Ein Junge hat sich als Pilot verkleidet und gebastelte Flugzeugflügel auf den Rücken geschnallt
Selbstbestimmte Entscheidungen in der Berufs- und Lebensplanung unterstützen © Fotolia/ Sunny studio

Die Gleichstellungspolitik in Deutschland hat sich in den letzten 25 Jahren von der Frauenpolitik über die Politik der Geschlechtergerechtigkeit hin zur Politik der gerechten Chancen für Frauen und Männer entwickelt. Frauen und Männer stehen in der Gleichstellungspolitik nicht in Konkurrenz zueinander - ihre Perspektiven müssen vielmehr zusammen gedacht werden, damit partnerschaftliche Gleichstellung gelingt und nachhaltig gelebt werden kann.

Für viele Menschen in Deutschland (86 Prozent) ist die Verwirklichung der Gleichstellung von Frauen und Männern besonders wichtig für den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft. Eine Gleichstellungspolitik, die Jungen und Männer ausdrücklich einbezieht, findet hohe Zustimmung. 

Untersuchungen zur Gleichstellung in Deutschland zeigen, dass sich bei Frauen und Männern unter 40 Jahren ein tiefgreifender Rollenwandel vollzieht: Frauen und Männer dieser Altersgruppe wollen sich die Aufgaben in der Familie partnerschaftlich teilen und beide erwerbstätig sein. Nur eine aufeinander abgestimmte fortschrittliche Gleichstellung von Frau und Mann ermöglicht beiden Geschlechtern eine optimale Balance zwischen Beruf, Familie und Selbstverwirklichung.

Aufgabe einer partnerschaftlichen Gleichstellungspolitik ist es, die Rahmenbedingungen entsprechend zu gestalten - mit dem Ziel, Rollenbilder und Stereotype aufzubrechen und Frauen und Männern ein selbstbestimmtes Leben nach ihren Wünschen und Bedürfnissen zu ermöglichen. Um Männer stärker für das Thema Gleichstellung zu sensibilisieren und Beratungsangebote für Männer bekannter zu machen, fördert das Bundesgleichstellungsministerium verschiedene Projekte und Initiativen. 

Gleichstellungsorientierte Männerpolitik stärken

Kooperation mit dem Bundesforum Männer

Das Bundesforum Männer ist ein Interessenverband für Jungen, Männer und Väter. Auf Bundes- und Landesebene ist es männerpolitischer Ansprechpartner für Verantwortungsträgerinnen und -träger aus Politik und Gesellschaft. Es steht in engem Austausch mit dem Deutschen Frauenrat. Das Bundesforum nimmt geschlechterreflektierende Lebensplanung, Berufsorientierung, sorgende Männlichkeit und die männliche Selbstsorge, Männer als Täter und Opfer von Gewalt sowie die Vereinbarkeitsbedarfe von Männern in den Blick. Es setzt sich dafür ein, dass Jungen, Männer und Väter in der Gleichstellungspolitik auf kommunaler, Landes- und Bundesebene berücksichtigt werden. 

"Nachhaltige Männlichkeit fördern - Toxische Männlichkeit überwinden"

Mit dem Projekt "Nachhaltige Männlichkeit fördern - Toxische Männlichkeit überwinden" setzt das Bundesforum Männer zwei Schwerpunkte für seine Arbeit: die Stärkung einer gleichstellungsorientierten Männerpolitik und die Weiterentwicklung der Männerberatung und Männerarbeit einschließlich der Jungen- und Väterarbeit. Damit zielt der Verband sowohl auf die strukturelle als auch auf die individuelle Ebene. Männerberatung soll im politischen und gesellschaftlichen Umfeld wahrgenommen und anerkannt werden. Hierzu werden Qualitätsstandards entwickelt und gestärkt, Kompetenzen und Informationen sollen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. 

Männerfokussierte Beratung und Unterstützung fördern

Männerberatungsnetz

Die Anforderungen an Jungen und Männer sind vielfältig und komplex. Während Frauen weniger Hemmungen haben, mit anderen über ihre Sorgen und Nöte zu sprechen, tun sich Männer oft schwer, bei Problemen und Krisen Hilfe zu suchen. In Zusammenarbeit mit dem Bundesfamilienministerium ist das Männerberatungsnetz entstanden, eine Online-Landkarte, über die Jungen und Männer Beratung und Unterstützung finden können. Sie wird vom Bundesforum Männer kontinuierlich weiterentwickelt. Männerberatung hilft Männern in vielfältigen Lebens- und Krisensituationen oder bei Fragen zu Gesundheit, Arbeit, Vaterschaft, sexueller Orientierung, Trennung und Scheidung sowie Gewalt.

Weiterbildungsprojekt SKM Bundesverband e. V.

In Krisen- und Problemlagen möchten Jungen, Männer und Väter - ebenso wie Mädchen, Frauen und Mütter - Beratung und Unterstützung in Anspruch nehmen. Das Bundesfamilienministerium fördert daher das Weiterbildungsprojekt des SKM Bundesverband e.V. Mit dem Vorhaben sollen Beratungsangebote, die speziell Jungen, Männer und Väter ansprechen, in die vorhandene Beratungslandschaft in Deutschland integriert werden. Das Weiterbildungsprojekt richtet sich daher an Fachkräfte aus den Bereichen Soziale Arbeit, Pädagogik, Psychologie und Sozialwissenschaft, die über Berufserfahrung in der Arbeit mit Männern verfügen. Durch ein geschlechtsspezifisches Beratungsangebot sollen Männer gezielt bei ihren Problemen unterstützt werden. Die männerorientierte Beratung soll sich perspektivisch zu einem auf männerspezifische Beratungsbedarfe zugeschnittenen Fortbildungsmodell entwickeln. Um die Beratungsangebote flächendeckend auszubauen, werden interessierte Kooperationspartnerinnen und -partner aus möglichst vielen Bundesländern und Regionen Deutschlands gewonnen. Ziel ist es, über die Projektdauer hinaus ein großes Beratungsnetzwerk auszubauen.

Für Gewaltbetroffenheit von Männern sensibilisieren

Bundesfach- und Koordinierungsstelle Männergewaltschutz

Von häuslicher Gewalt und Gewalt in der Partnerschaft betroffene Männer kommen aus allen sozialen Schichten der Bevölkerung. Häufig sind diese Männer auch Väter, die sich um die Gesundheit ihrer Kinder sorgen. Für sie und gegebenenfalls ihre Kinder stehen derzeit bundesweit insgesamt 43 Plätze in zwölf Schutzeinrichtungen zur Verfügung. Diese sind stark ausgelastet, teilweise gibt es Wartelisten. Zuständig für das Hilfeangebot sind in erster Linie die Länder. Um das Hilfesystem für gewaltbetroffene Männer weiter auszubauen und mehr Schutzeinrichtungen zu schaffen, fördert das Bundesfamilienministerium die Bundesfach- und Koordinierungsstelle Männergewaltschutz (BFKM). Sie berät Kommunal- und Landespolitik sowie interessierte Träger beim Auf- und Ausbau von Männerschutzprojekten in Deutschland. Neben Fachberatung und Coaching werden Qualitätsstandards für Männerschutzeinrichtungen entwickelt. Dazu gehören auch eine bundesweite anonymisierte Fallerfassung und ein abgestimmtes Vorgehen bei der Vermittlung von Hochrisikofällen. Darüber hinaus koordiniert und unterstützt die BFKM den Aufbau von Hilfetelefonen und Online-Beratungen in den Bundesländern, damit ein bundesweit einheitliches Unterstützungsangebot für gewaltbetroffene Männer zur Verfügung steht.

Die BFKM ist ein Projekt der Landesarbeitsgemeinschaft Jungen- und Männerarbeit Sachsen e.V. (LAG juma e.V.).

Hilfetelefon Gewalt an Männern

Zu den Hilfeangeboten der Bundesländer zählt das Hilfetelefon Gewalt an Männern, das 2020 als Gemeinschaftsprojekt von Nordrhein-Westfalen und Bayern ins Leben gerufen wurde. Mittlerweile haben sich Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern und Rheinland-Pfalz dem Förderkreis angeschlossen. Männer mit Gewalterfahrung können das Beratungsangebot anonym und kostenfrei unter der Telefonnummer 0800 123 9900 in Anspruch nehmen. Das Männerhilfetelefon dient als erste Anlaufstelle und bietet Männern telefonisch, per Chat oder E-Mail professionelle Beratung und Hilfe. Betroffene können sich in einem ersten Schritt mit den Beratenden austauschen und gemeinsam überlegen, wie sie ihre Krisensituation bewältigen können. Die Zahl der Anrufe ist seit Beginn kontinuierlich gestiegen. Dabei kommen die Anrufe aus dem gesamten Bundesgebiet. Gemeinsam mit der Bundesfach- und Koordinierungsstelle Männergewaltschutz (BFKM) möchte das Bundesfamilienministerium weitere Unterstützung aus den Ländern gewinnen, um das Männerhilfetelefon als bedarfsgerechtes und niedrigschwelliges Angebot auszubauen.

Dunkelfeldstudie "Lebenssituation, Sicherheit und Belastung im Alltag"

Dem aktuellen Lagebild des Bundeskriminalamtes zufolge, sind in Deutschland überwiegend Frauen Opfer häuslicher Gewalt. Aber auch die Zahl der männlichen Betroffenen steigt: Fast 30 Prozent der Opfer häuslicher Gewalt sind Männer. Im Bereich der Partnerschaftsgewalt sind rund 20 Prozent der Betroffenen männlich. Die Zahlen bilden das sogenannte Hellfeld ab, also die bei der Polizei angezeigten Fälle dieser Gewaltdelikte. Um aktuelle und valide Daten auch für das Dunkelfeld zu generieren, führt das Bundesfamilienministerium gemeinsam mit dem Bundesinnenministerium und dem Bundeskriminalamt derzeit eine repräsentative Befragung zur "Lebenssituation, Sicherheit und Belastung im Alltag" durch. Die Ergebnisse dieser Studie werden 2025 vorliegen.