Am 8. Januar hat Bundesseniorenministerin Lisa Paus den Neunten Bericht zur Lage der älteren Generation in der Bundesrepublik Deutschland im Kabinett und im Anschluss gemeinsam mit der Vorsitzenden der Sachverständigenkommission Prof. Dr. Martina Brandt der Öffentlichtkeit vorgestellt. Die Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen, Dr. Regina Görner, kommentierte die Erkenntnisse aus Sicht der Zivilgesellschaft.
Laut dem Bericht mit dem Titel "Alt werden in Deutschland - Vielfalt der Potenziale und Ungleichheit der Teilhabechancen" leben ältere Menschen in Deutschland so vielfältig wie nie zuvor, bringen sich ein und sind aktiv bis ins hohe Alter. Allerdings müssten sie mehr Hürden überwinden, um am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können.
Lisa Paus: "Der Altersbericht zeigt eindrucksvoll, wie vielfältig die Lebensrealitäten älterer Menschen in Deutschland sind. Diese Vielfalt gilt es nicht nur anzuerkennen, sondern aktiv zu fördern. Alle älteren Menschen müssen die gleichen Chancen auf Teilhabe haben, unabhängig von Geschlecht, Herkunft oder sozialer Lage. Besonders benachteiligt sind nach wie vor viele Frauen, insbesondere solche mit Migrationshintergrund. Als Bundesseniorenministerium stärken wir den sozialen Zusammenhalt unter anderem mit der Strategie gegen Einsamkeit. Mit der Engagementstrategie geben wir einen verlässlichen Rahmen für die Menschen, die sich in ihrer freien Zeit für andere engagieren - das sind gerade die Älteren. Der Digitalpakt Alter ermöglicht es Seniorinnen und Senioren, an der digitalen Gesellschaft teilzuhaben. Alt werden in Deutschland sollte bedeuten, das Leben so lange wie möglich nach den eigenen Vorstellungen gestalten zu können. Deshalb ist wichtig, dass wir das Erreichte in den kommenden Jahren weiter ausbauen."
Prof. Dr. Martina Brandt (TU Dortmund), Vorsitzende der Berichtskommission: "Das Älterwerden der Gesellschaft birgt viele Chancen - wir müssen jedoch die Vielfalt des Alters wertschätzen, Diskriminierung bekämpfen und Ungleichheiten abbauen. Um in Zeiten von Herausforderungen und Krisen die selbstbestimmte gleichberechtigte Teilhabe aller älteren Menschen sicherzustellen und zu verbessern, müssen wir gemeinsam eine integrierte Politik für ein gutes Leben im Alter entwickeln."
Erfahrungen Älterer in den Blick nehmen
Der Altersbericht nimmt auch die Erfahrungen Älterer mit Ausgrenzung und Diskriminierung in den Blick: Bei älteren Menschen können zum Beispiel Lebenssituationen mit stark eingeschränkter Teilhabe entstehen, wenn sie in Armut und in prekären Wohnverhältnissen leben, physisch und/oder psychisch krank sind oder Gewalt erfahren. Auch in Lebenssituationen, bei denen Pflegebedürftigkeit, soziale Isolation und Einsamkeit zusammentreffen, können die Teilhabechancen eingeschränkt sein. Besonders Ältere aus den Gruppen Migrantinnen und Migranten, Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche sowie andere queere Menschen (LSBTIQ*) und Frauen sind benachteiligt.
Altersdiskriminierung erkennen
Ein weiterer Berichtspunkt ist Altersdiskriminierung. Der sogenannte Ageismus tritt dann auf, wenn Menschen aufgrund ihres Alters auf bestimmte Weise bewertet oder behandelt werden, obwohl die entsprechende Beurteilung oder Behandlung nicht gerechtfertigt ist. Ausdrucksformen hiervon sind gefühlsmäßige Bewertungen älterer Menschen. Ein Beispiel für Ageismus ist, wenn angenommen wird, dass ältere Menschen nicht gut hören, nicht schnell begreifen und deshalb in Interaktionen mit ihnen ähnlich wie mit Kleinkindern gesprochen wird: laut und langsam und in sehr einfachen Sätzen ("Secondary Baby Talk").
31 Empfehlungen für Politik und Zivilgesellschaft
In 31 Empfehlungen richtet sich die Sachverständigenkommission an Politik und Zivilgesellschaft. Sie regt unter anderem an, die materielle Lage im Alter besser zu sichern, eine diversitätssensible Gesundheitsversorgung vorzuhalten und Diskriminierung wegen Alters entgegenzuwirken.
Der Neunte Altersbericht der Bundesregierung
Seit 1993 wird je Legislaturperiode ein Bericht zu einem seniorenpolitischen Schwerpunktthema erarbeitet. Der jetzt vorgelegte Neunte Altersbericht hat als Schwerpunkt die Vielfalt der Lebenssituationen und die Teilhabemöglichkeiten von älteren Menschen in Deutschland. Der Bericht beleuchtet die Lebensbereiche materielle Sicherheit, Erwerbsarbeit, Sorgearbeit, Gesundheit, Wohnen, Engagement, politische Beteiligung und soziale Beziehungen.