Freiwillig tut sich wenig, nur die feste Quote wirkt - das belegen erneut die aktuellsten Berichte zur Entwicklung des Frauenanteils in Führungspositionen, die Bundesfrauenministerin Dr. Franziska Giffey und Bundesjustizministerin Christine Lambrecht gemeinsam vorgelegt haben. Die "Dritte und Vierte Jährliche Information der Bundesregierung über die Entwicklung des Frauen- und Männeranteils an Führungsebenen und in Gremien der Privatwirtschaft und des öffentlichen Dienstes" wurden am 10. Juni vom Bundeskabinett beschlossen und anschließend dem Deutschen Bundestag zugeleitet.
Im Bereich der Privatwirtschaft ist demnach der Frauenanteil in den Aufsichtsräten der Unternehmen, die unter die feste Quote fallen, weiter gewachsen. Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes 2015 stieg er von 25 Prozent auf 32,5 Prozent im Jahr 2017 und in diesem Jahr auf 35,2 Prozent. Im Vergleich dazu sind es bei Unternehmen, die nicht unter die Quote fallen, allerdings nur magere 19,9 Prozent.
Ernüchternd ist der Blick auf die Entwicklung in den Vorständen deutscher Unternehmen. Hier sind Frauen nach wie vor stark unterrepräsentiert. Ihr Anteil erhöhte sich seit 2015 lediglich von 6,3 Prozent auf 7,7 Prozent im Geschäftsjahr 2017. 80 Prozent der Unternehmen haben keine Frau im Vorstand. Etwa 70 Prozent der Unternehmen, die sich Zielgrößen für den Vorstand setzten, haben von der Zielgröße null Prozent Gebrauch gemacht.
Bundesfrauenministerin Dr. Franziska Giffey:
"Die Zahlen zeigen erneut das seit Jahren bekannte Dilemma: Mit Freiwilligkeit kommen wir einfach nicht weiter, ohne politischen Druck bewegt sich gar nichts. Umso wichtiger ist, dass wir endlich die Reform des Gesetzes für mehr Frauen in Führungspositionen angehen. Unsere Vorschläge liegen seit langem auf dem Tisch. Gerade in der Zeit der Corona-Pandemie wird überdeutlich: Frauen stehen in vorderster Reihe, um die aktuelle Krise zu bewältigen, allen voran in den sozialen Berufen. Aber in den Führungspositionen sind sie systematisch unterrepräsentiert. Dabei wissen wir aus vielen Studien: Die besten Entscheidungen treffen Führungsteams, in denen Männer UND Frauen vertreten sind. Und das gilt besonders dann, wenn Unternehmen in Krisensituationen stecken. Frauen in Führungspositionen sind also keine Belastung der Wirtschaft in schwierigen Zeiten, sondern fördern den wirtschaftlichen Erfolg und stehen für eine moderne Unternehmenskultur."
Bundesjustizministerin Christine Lambrecht:
"Die in der vergangenen Legislaturperiode eingeführte Aufsichtsratsquote hat Wirkung gezeigt: Im Vergleich zu Unternehmen, die noch nicht einer fixen Quote unterliegen, hat sich der Frauenanteil hier deutlich gesteigert.
Diesen Erfolg wollen wir fortschreiben: Wir wollen die Aufsichtsratsquote flächendeckend auf alle paritätisch mitbestimmten Unternehmen in Deutschland ausweiten. Das Erfordernis der Börsennotierung soll künftig wegfallen.
Zudem sollte bei großen Unternehmen ab vier Vorstandsmitgliedern mindestens eine Frau im Vorstand sein. In unserem Land gibt es ausreichend exzellent ausgebildete Frauen, die Leitungsverantwortung übernehmen wollen und vor allem auch können."
Gesetzliche Regelungen
Das “Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst (FüPoG)“ beinhaltet folgende Regelungen für die Privatwirtschaft:
Das Gesetz sieht vor, dass seit dem 1. Januar 2016 für Aufsichtsräte von Unternehmen, die sowohl börsennotiert sind als auch der paritätischen Mitbestimmung unterliegen, ein fester Mindestanteil an Frauen und Männern von 30 Prozent zu erzielen ist. Bei Nichterfüllung des Mindestanteils ist die quotenwidrige Wahl nichtig. Es folgt die Sanktion des leeren Stuhls. Unternehmen, die entweder börsennotiert sind oder in irgendeiner Form der unternehmerischen Mitbestimmung unterliegen, müssen Zielgrößen für die Zusammensetzung des geschäftsführenden Organs, des Aufsichtsrats sowie der beiden obersten Führungsebenen unterhalb des geschäftsführenden Organs festlegen. Zugleich sind die Unternehmen verpflichtet, sich Fristen für die angestrebte Erreichung der Zielgrößen zu setzen, die bei der erstmaligen Festlegung (zum 30. September 2015) nicht länger als bis zum 30. Juni 2017 dauern durften. Die darauffolgenden Fristen dürfen fünf Jahre nicht überschreiten.
Im Bereich des öffentlichen Dienstes ist die Entwicklung weiterhin positiv. Dennoch sind Frauen in Führungspositionen in der Bundesverwaltung nach wie vor unterrepräsentiert.
Hier gibt der Gleichstellungsindex, den das Statistische Bundesamt im Auftrag des Bundesfrauenministeriums erstellt hat, Aufschluss über die Geschlechteranteile an Führungspositionen in den obersten Bundesbehörden:
- 34 Prozent der mit Vorgesetzten- und Leitungsaufgaben Beschäftigten in den obersten Bundesbehörden waren 2018 Frauen. Im Verhältnis dazu lag der Frauenanteil an der Gesamtbeschäftigung 2018 bei 53 Prozent.
- Einen Rückschritt zeigt der Vorjahresvergleich mit Blick auf den Frauenanteil im höheren Dienst in den obersten Bundesbehörden. Er verringerte sich im Vorjahresvergleich um einen Prozentpunkt auf 45 Prozent, nachdem er zuvor seit 2015 jährlich um jeweils einen Prozentpunkt gestiegen war.
Frauen in Führungspositionen stärken
Für die Gremienbesetzung hat sich der Bund selbst strengere Regeln als der Privatwirtschaft gegeben. Seit dem 1. Januar 2016 ist die Bundesregierung verpflichtet, bei der Bestimmung von Mitgliedern für Aufsichtsgremien, in denen dem Bund mindestens drei Sitze zustehen, sukzessive für diese Sitze eine Geschlechterquote von 30 Prozent zu erreichen beziehungsweise eine solche beizubehalten und seit 1. Januar 2018 sollen diese Mindestanteile von 30 Prozent auf 50 Prozent erhöht werden.
- Die Institutionen des Bundes haben zum Stichtag 31. Dezember 2018 insgesamt 540 Gremien mit dazugehörigen vom Bund bestimmten Mitgliedern gemeldet.
- In 239 der Gremien kann der Bund drei oder mehr Mitglieder bestimmen. Der Frauenanteil betrug bei den Mitgliedern, die der Bund bestimmen kann, 45,4 Prozent.