Europäische Gleichstellungs- und Familienministerinnen und -minister zu Gast

Gemeinsame Erklärung der EU-Triopräsidentschaft
Gemeinsame Erklärung der EU-Triopräsidentschaft

Der demografische Wandel, veränderte Rollenbilder in den Familien und die erfolgreiche Integration von Menschen mit Migrationshintergrund stellen nicht allein die deutsche Politik vor neue Herausforderungen.

Um über eine zukunftsorientierte Familien- und Gleichstellungspolitik zu diskutieren, hat Ursula von der Leyen ihre europäischen Amtskolleginnen und -kollegen im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft am 15. und 16. Mai zu einem Informellen Ministertreffen nach Bad Pyrmont eingeladen.

Im Mittelpunkt des Treffens standen die Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern in der Erwerbs- und Familienarbeit. Diskutiert wurden vier Themenfelder: Rollenbilder im Wandel, Allianzen mit der Wirtschaft, Frauen und Väter in Führungspositionen sowie die Förderung von Frauen und Kindern mit Migrationshintergrund.

20 Ministerinnen und Minister so wie mehr als 100 Delegationsmitglieder haben das Treffen zum Erfahrungsaustausch genutzt und gemeinsam diskutiert, welche Rahmenbedingungen die Gleichstellungs- und Familienpolitik in Zukunft schaffen muss. Auch der EU-Kommissar für Beschäftigung, soziale Angelegenheiten und Chancengleichheit, Vladimír Spidla, nahm an dem Treffen teil.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren sich einig: Familienpolitische Maßnahmen sind die Voraussetzung für eine erfolgreiche Gleichstellung der Geschlechter.

"Europa braucht eine Politik, die es Frauen und Männern leichter macht, in einem gleichberechtigten Miteinander Erwerbs- und Familienarbeit sowie die Sorge für Angehörige zu vereinbaren. Gleichstellungspolitik ist heute besonders dort erfolgreich, wo sie aktiv familienpolitische Instrumente nutzt. Und Familienpolitik ist heute dann besonders erfolgreich, wenn sie sich an der Lebenswirklichkeit der Menschen orientiert und nicht von traditionellen Rollenerwartungen den Blick verstellen lässt. Deswegen freue ich mich, dass wir hier in Bad Pyrmont neue Konzepte und kluge Ideen entwickeln werden, die wir gemeinsam mit unseren Partnerländern der Teampräsidentschaft dauerhaft in Europa verankern können", sagte Ursula von der Leyen.

Themenschwerpunkte des Informellen Treffens

1. Rollenbilder im Wandel - neue Herausforderungen für Männer

Die gesellschaftlichen Rollenleitbilder ändern sich: Männer sind nicht mehr nur Ernährer, sondern zunehmend aktive Väter und beteiligen sich immer mehr an der Erziehung ihrer Kinder. Frauen dagegen sind immer besser ausgebildet und wollen Kinder haben und ihren Beruf ausüben. Die Gleichsstellungs- und Familienministerinnen und -minister diskutierten in Bad Pyrmont, wie eine zukunftsorientierte Familienpolitik auf diesen Wandel reagieren und ihn aktiv unterstützen kann, unter welchen Bedingungen sich Beruf und Familie für beide Eltern vereinbaren lassen und welche Orientierungshilfe insbesondere junge Menschen hinsichtlich ihrer Zukunftsfragen und Rollenbilder benötigen.

2. Allianzen mit der Wirtschaft

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist eine zentrale Voraussetzung für eine zukunftsfähige Gesellschaft. Eine familien- und frauengerechte Arbeitswelt ist elementar für eine wettbewerbsfähige europäische Wirtschaft. Wie Allianzen von Politik und Wirtschaft die Umsetzung von familienfreundlichen Maßnahmen zur Förderung der Geschlechtergleichstellung in der Wirtschaft erreichen können, war ein Schwerpunkt des Erfahrungsaustausches der Ministerinnen und Minister.

3. Frauen und engagierte Väter in Führungspositionen

2006 lag der Anteil von Frauen in Managementpositionen EU-weit bei durchschnittlich 30 Prozent. Insbesondere Frauen mit Kindern sehen sich in ihren Aufstiegschancen begrenzt, aber auch für Männer ist es häufig schwer, Familie und Karriere zu vereinbaren. Wie können die Potenziale gut qualifizierter Frauen und Männer, die sich neben dem Beruf auch der Familie widmen, besser genutzt werden? Woraus besteht die "gläserne Decke", die Frauen den Zutritt zu den Führungsetagen versperrt? Die Ministerinnen und Minister diskutierten Wege, die bestehende Situation zu verbessern und die Potenziale von qualifizierten Vätern und Müttern stärker zu nutzen.

4. Frauen und Kinder mit Migrationshintergrund - Partizipation in Gesellschaft und Beruf

Während sich Frauen der zweiten und dritten Migrantengeneration oft an den Rollenbildern der Aufnahmegesellschaft orientieren, hängen Männermit Migrationshintergrund oft an der Geschlechtertradition ihres Herkunftslandes. Die Ministerinnen und Minister diskutierten deshalb in Bad Pyrmont, wie die Erwerbssituation von Frauen und Mädchen mit Migrationshintergrund verbessert und eine breite Akzeptanz von Gleichberechtigung unter Migranten verankert werden kann. Die besondere Ausrichtung der Gleichstellungspolitik auf die Bedürfnisse der Migrantinnen ist dabei einer der neuen Aspekte der Roadmap der EU-Kommission zur Gleichstellung 2006 - 2010.

Gemeinsame europäische Initiative für Gleichstellung

Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen stellte außerdem mit ihren Kolleginnen und Kollegen aus Ländern der ersten EU-Teampräsidentschaft, dem portugiesischen Staatssekretär Jorge Lacão und der slowenischen Ministerin Marjeta Cotman, eine gemeinsame Initiative vor, die wichtige gleichstellungspolitische Anliegen nachhaltig in der europäischen Politik verankern soll. Über 18 Monate hinweg wollen sich die Partnerländer Deutschland, Portugal und Slowenien als aufeinander folgende Ratspräsidentschaften auf europäischer Ebene für die Erweiterung der Rollenbilder für Frauen und Männer, die Chancen- und Entgeltgleichheit für Frauen und Männern im Erwerbsleben sowie die Förderung von Frauen mit Migrationshintergrund stark machen.

Sinus-Milieustudie

Eine auf der Tagung vorgestellte Studie von "Sinus Sociovision" im Auftrag des Bundesfamilienministeriums belegt, dass große Teile der deutschen Bevölkerung Gleichstellungs- und Familienpolitik als zwei Seiten einer Medaille wahrnehmen. Gleichstellung als Wert ist in unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen unterschiedlich akzeptiert.

Gut gebildete jungen Frauen und Männer orientieren sich heute wie selbstverständlich an gleichberechtigten Rollenvorstellungen und partnerschaftlichen Lebensentwürfen. In eher traditionsverwurzelten Milieus und weniger gebildeten Schichten mit niedrigem Einkommen und begrenzten Lebensperspektiven sind Gleichberechtigung und Partnerschaftlichkeit als Werte hingegen kaum verankert.

"Die Studie zeigt, dass Gleichstellung für viele Menschen als abstraktes Ideal fremd bleibt, wenn sie ihren Wert nicht konkret und praktisch in ihrem Lebensalltag erfahren. Die meisten Frauen und Männer bewerten Gleichstellungspolitik vor allem dann als wertvoll und nützlich, wenn sie ihnen mit ganz konkreten Angeboten erleichtert, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen", so Ursula von der Leyen.