Unter dem Regenbogen sind alle gleich: Ein Satz, der selbst im modernen Europa noch immer nicht überall gelebt wird. Über die Lebensrealitäten der Homo-, Bi-, Trans- und Intersexuellen, der LSBTI-Menschen, weiß unsere Gesellschaft noch viel zu wenig. Um das zu ändern, veranstaltete das Bundesfamilienministerium gemeinsam mit der Beobachtungsstelle für gesellschaftspolitische Entwicklungen in Europa am 18. und 19. November die internationale Konferenz "Intersectionality and LGBTI Policies in Europe: Lived Realities of Lesbian* Women and the Recognition of Rainbow Families" mit mehr als 400 Teilnehmenden aus ganz Europa, die im Hotel Oderberger in Berlin zugeschaltet waren.
Erstmals wurde dabei vor einer breiten Öffentlichkeit debattiert, welche Bedeutung die am 12. November von der Europäischen Kommission vorgestellte Strategie für die LSBTI-Gleichstellungspolitik hat. Beim Panel diskutierte Bundesfamilienministerin Franziska Giffey auf der digital stattfindenden Konferenz mit der EU-Kommissarin für Gleichstellung, Helena Dalli, und der Generalsekretärin des Europarats, Marija Pejčinović Burić. Die Diskussion konnte am 19. November ab 9:45 Uhr im Livestream verfolgt werden.
Franziska Giffey:
"Die Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Identität ist leider vielerorts noch traurige Realität. Das moderne Europa steht für eine Gleichstellungspolitik, die alle Menschen und Gruppen mitnimmt, egal welches Geschlecht, welche Sexualität, welche Religion und welche Herkunft sie haben. Europäerinnen und Europäer dürfen keine Angst vor ihrem Coming-Out haben oder davor, ihr Leben selbstbestimmt zu leben. Eine menschenverachtende und homophobe Rhetorik darf in der Europäischen Union nicht akzeptiert werden. Deshalb unterstützt Deutschland die neue europäische LSBTI-Gleichstellungsstrategie und wirbt in allen Mitgliedstaaten für breite Akzeptanz. Ein wichtiges Ziel ist dabei, LSBTI-Personen gesetzlich gegen 'Hate Crimes' zu schützen. Außerdem soll für Regenbogenfamilien die Freizügigkeit innerhalb der EU leichter werden, indem die Mitgliedstaaten die Heirats- und Geburtsurkunden gegenseitig anerkennen. Es ist an der Zeit, dass die EU-Mitgliedsstaaten und ihre Institutionen besser bei LSBTI-Themen kooperieren - die neue EU-Strategie weist den Weg."
'Hate Crimes' verhindern
Das Bundesfamilienministerium engagiert sich für eine Gleichstellungspolitik, die aktiv gegen Diskriminierung vorgeht. 2014 wurde ein eigenes Fachreferat eingerichtet, das sich mit den Verbänden und Interessenvertretungen der LSBTI-Community vernetzt und mit den Bundesländern zusammenarbeitet.
Das Bundesfamilienministerium interessiert, was schwule Männer und lesbische Frauen, Trans- und Interpersonen in ihrem Alltag bewegt und gegen welche Ungerechtigkeiten sie kämpfen. Ein Ziel ist es, 'Hate Crimes' gegen die LSBTI-Community sowie gegen jede andere Minderheit in unserem Land zu verhindern.
Angebote des Bundesfamilienministeriums
Um Information und Prävention zu verbessern, hat das Bundesfamilienministerium im Mai 2019 das Regenbogenportal gelauncht, eine umfassende Wissens- und Unterstützungs-Webseite für LSBTI-Personen, ihre Angehörigen und vor allem auch für Fachkräfte aus den Bereichen Beratung und Bildung. Das Regenbogenportal bietet gut aufbereitete Informationen, Materialien, Beratungs- und Fortbildungsangebote für den privaten und beruflichen Alltag.
Im Bundesprogramm "Demokratie Leben!" fördert das Bundesfamilienministerium auch in der aktuell laufenden Förderphase bis Ende 2024 bundesweit Modellprojekte sowie ein zentrales Kompetenznetzwerk gegen Homosexuellen- und Transfeindlichkeit.
Im Sommer 2020 hat das Bundesfamilienministerium das Dialogforum Geschlechtliche Vielfalt gestartet. Hier wird mit Vertreterinnen und Vertretern aus der freien Wohlfahrtspflege und aus Interessenverbänden trans- und intergeschlechtlicher Menschen zusammengearbeitet. Ziel ist es, die Beratungs- und Unterstützungslandschaft in Deutschland zum Thema "Geschlechtliche Vielfalt" auszubauen und zu stärken.
Zur LSBTI-Konferenz:
Die digitale Fachkonferenz wurde im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft und anlässlich des Auftakts des deutschen Vorsitzes im Ministerrat des Europarats gemeinsam vom Bundesfamilienministerium und der Beobachtungsstelle für gesellschaftspolitische Entwicklungen in Europa organisiert.
Die Konferenz beschäftigte sich mit Mehrfachdiskriminierungen von LSBTI-Personen mit einem Fokus auf lesbischen Frauen. Dabei wurden die verschiedenen Dimensionen von Diskriminierungen, etwa Rassismus, Sexismus, Klassismus (Diskriminierung aufgrund der sozialen Herkunft und/oder der sozialen und ökonomischen Position), Homo- und Transphobie ganzheitlich betrachtet. Eine schwarze lesbische Frau erlebt auch in Deutschland sehr wahrscheinlich andere Benachteiligungen als eine weiße lesbische oder auch eine weiße heterosexuelle Frau. Dieses Wissen ist der Schlüssel dazu, in den Ländern der Europäischen Union politische Maßnahmen zu ergreifen, die alle erreichen: die heterosexuellen, die lesbischen, die schwarzen Frauen und Frauen mit Behinderung.
Es ging aber auch um Regenbogenfamilien und wie ihre Familien innerhalb der Europäischen Union rechtlich anerkannt werden. Nach der neuen europäischen LSBTI-Strategie sollen Regenbogenfamilien in Situationen, die in den Geltungsbereich des EU-Rechts fallen, genauso behandelt werden wie jede andere Familie. Außerdem soll sexuelle und geschlechtsspezifische Vielfalt viel stärker als Thema in die Aus- und Weiterbildung von Fachkräften für Behindertenpflege und pädagogisches Personal einbezogen werden.