Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder ab 2026 ist beschlossen. Nach dem Bundestag hat am 10. September auch der Bundesrat dem Kompromissvorschlag des Vermittlungsausschusses zugestimmt. Damit kann das Ganztagsförderungsgesetz noch in dieser Legislaturperiode in Kraft treten.
Zuvor hatten sich Vertreterinnen und Vertreter aus Bund und Ländern am 6. September im Vermittlungsausschuss auf Änderungen am Gesetz verständigt. Demnach sollen unter anderem Finanzhilfen des Bundes auch für den Erhalt bereits bestehender Betreuungsplätze gewährt werden und nicht nur für die Schaffung neuer Plätze. Außerdem sieht der Vermittlungsvorschlag eine höhere Beteiligungsquote für den Bund bei den Investitionskosten vor. Neu hinzugekommen sind zudem Evaluationen der Investitionskosten und Betriebskosten in den Jahren 2027 und 2030, nach denen Mehr- und Minderbelastungen der Länder angemessen ausgeglichen werden. Im Juni hatte der Bundesrat wegen des Gesetzentwurfs den Vermittlungsausschuss angerufen.
Christine Lambrecht: "Ich freue mich sehr, dass nun auch der Bundesrat dem guten Kompromiss zugestimmt hat, den wir mit den Ländern gefunden haben. Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder kommt. Das ist eine großartige Nachricht für Familien. Wir stärken die Kinder und entlasten die Eltern.
Wir sorgen dafür, dass alle Kinder gut ins Schulleben starten können und gleiche Chancen haben - unabhängig von der Herkunft oder dem Geldbeutel der Eltern. Mit der verlässlichen Förderung und Betreuung ihrer Kinder am Nachmittag können Eltern Familie und Beruf besser vereinbaren. Wir schließen die Betreuungslücke, die nach der Kita oft in der Grundschule besteht. Unser Land wird familienfreundlicher.
Der Bund hat den Ländern milliardenschwere Unterstützung für den Ganztagsausbau zugesichert. So investieren wir in die Zukunft unserer Kinder. Jetzt muss es darum gehen, zügig ausreichend Plätze zu schaffen und Fachkräfte zu gewinnen und zu qualifizieren."
Mit dem Ganztagsförderungsgesetz soll eine Betreuungslücke geschlossen werden, die nach der Kita-Zeit für viele Familien wieder aufklafft, wenn die Kinder eingeschult werden. Die Bundesregierung hatte das Vorhaben für mehr Vereinbarkeit und mehr Chancengerechtigkeit in der Bildung Anfang Mai auf den Weg gebracht. Ab August 2026 sollen zunächst alle Grundschulkinder der ersten Klassenstufe einen Anspruch erhalten, ganztägig gefördert zu werden. Der Anspruch wird in den Folgejahren um je eine Klassenstufe ausgeweitet. Damit hat ab August 2029 jedes Grundschulkind der Klassenstufen eins bis vier einen Anspruch auf ganztägige Betreuung.
Der Ganztag der Zukunft
Der Rechtsanspruch soll im Achten Sozialgesetzbuch (SGB VIII) geregelt werden und sieht einen Betreuungsumfang von acht Stunden an allen fünf Werktagen vor. Die Unterrichtszeit wird angerechnet. Der Rechtsanspruch soll - bis auf maximal vier Wochen - auch in den Ferien gelten. Hier können die Länder eine entsprechende Schließzeit regeln. Bei der Umsetzung des Rechtsanspruchs wird der Freiwilligkeit der Inanspruchnahme ebenso Rechnung getragen wie der Vielfalt der Angebote vor Ort. Erfüllt werden kann der Rechtsanspruch sowohl in Horten als auch in offenen und gebundenen Ganztagsschulen.
Bis zu 3,5 Milliarden Euro für den Ausbau
Damit dies Wirklichkeit werden kann, müssen bis 2026 zusätzliche Plätze geschaffen werden. Den erforderlichen Ganztagsausbau unterstützt der Bund mit Finanzhilfen in Höhe von bis zu 3,5 Milliarden Euro für Investitionen in die Infrastruktur. Davon werden 750 Millionen Euro über das Investitionsprogramm zum beschleunigten Ausbau der Bildungsinfrastruktur für Grundschulkinder bereits seit Ende 2020 bereitgestellt. Auch an den laufenden Kosten wird sich der Bund beteiligen und damit die Länder dauerhaft unterstützen. Die Mittel wachsen ab 2026 jährlich an bis hin zu 1,3 Milliarden Euro pro Jahr ab 2030.
Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern
Mit dem Gesetzentwurf möchte die Bundesregierung ein zentrales Vorhaben des Koalitionsvertrags der Regierungsparteien umsetzen und ein wichtiges Signal senden: In Zeiten großer finanzieller Anspannung investiert Deutschland in die Zukunft und in die junge Generation. Die aktuelle Krise hat gezeigt, wie wichtig eine gute und verlässliche Kinderbetreuung ist.
Der geplante Rechtsanspruch soll die Weichen für eine strukturelle Verbesserung bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und der Chancengerechtigkeit stellen. Mit dem Infrastrukturausbau soll zudem ein konjunktureller Impuls ausgelöst werden, auch um den Herausforderungen der Corona-Krise zu begegnen.
Hochwertige Betreuungs- und Bildungsangebote am Nachmittag unterstützen Kinder und Jugendliche in ihrer sozialen, emotionalen und körperlichen Entwicklung. Schülerinnen und Schüler können über die Unterrichtszeit hinaus individuell gefördert werden. So lassen sich ihre Motivation und ihr Selbstwertgefühl steigern.
Weitere Vorteile der Ganztagsbetreuung
Vom Ausbau der Ganztagsbetreuung profitieren auch Arbeitgeber und der Staat, wie ein Gutachten des Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) belegt, das im Auftrag des Bundesfamilienministeriums erstellt wurde. Demnach steigen die Erwerbstätigkeit und das Erwerbsvolumen von Müttern je nach durchgerechnetem Szenario um zwei bis sechs Prozentpunkte. Familien haben dadurch ein höheres Einkommen und sind seltener auf staatliche Unterstützung angewiesen. Auch die Steuer- und Sozialversicherungseinnahmen steigen deutlich.
Gleichwertige Lebensverhältnisse fördern
Der Ausbau der Ganztagsbetreuung im Grundschulalter ist auch ein Beitrag zur Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse. Der Bedarf an Ganztagsangeboten für Kinder im Grundschulalter wird trotz des bisherigen Ausbaus der Betreuungsinfrastruktur in den Ländern noch nicht gedeckt.
Während in manchen Bundesländern die Betreuungsquote bei über 80 Prozent liegt, liegt sie in vielen Regionen deutlich darunter.