Der vom Bundesfrauenministerium im September 2018 eingerichtete Runde Tisch "Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen" hat am 27. Mai seine Bilanz der gemeinsamen Arbeit vorgelegt. Am Runden Tisch sind erstmalig Bund, Länder und Kommunen in einem eigens dafür eingerichteten Gremium zusammengekommen, um gemeinsam den Ausbau und die finanzielle Absicherung der Arbeit von Frauenhäusern und ambulanten Hilfs- und Betreuungseinrichtungen voranzubringen. Die Einberufung eines Runden Tisches gegen Gewalt an Frauen ist im Koalitionsvertrag verankert.
Bundesfrauenministerin Christine Lambrecht:
"Für viele Frauen ist die häusliche Umgebung kein sicherer Ort. Jede dritte Frau in Deutschland ist in ihrem Leben mindestens einmal von Gewalt betroffen. Etwa jede vierte Frau hat körperliche oder sexuelle Gewalt durch ihren aktuellen oder früheren Partner erfahren. Der Schutz von Frauen vor Gewalt muss dringend weiter ausgebaut werden. Schutz und Unterstützung in Frauenhäusern muss in allen Regionen Deutschlands gleichermaßen gesichert sein. Wir sind am Runden Tisch mit Ländern und Kommunen zu einem klaren Ergebnis gekommen: Wir müssen in der nächsten Legislaturperiode eine bundesgesetzliche Regelung schaffen für den Zugang zu Schutz und Beratung bei geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt. Wir brauchen einen einheitlichen Rahmen für die Finanzierung der Arbeit von Frauenhäusern und ambulanten Hilfsangeboten. Die Vorarbeiten hierzu treiben wir jetzt intensiv voran. Nur durch koordiniertes Vorgehen von Bund, Ländern und Kommunen können die Hilfestrukturen vor Ort langfristig gestärkt werden."
Stefanie Drese, Ministerin für Soziales, Integration und Gleichstellung in Mecklenburg-Vorpommern und amtierende Vorsitzende der Konferenz der Gleichstellungs- und Frauenministerinnen und -minister:
"Der Runde Tisch zur Verbesserung des Gewaltschutzes ist ein großer Fortschritt und hat sich bewährt. Bund, Länder und Kommunen bringen damit erstmals gemeinsam und koordiniert den bedarfsgerechten Ausbau und die finanzielle Absicherung des Unterstützungssystems für gewaltbetroffene Frauen und deren Kinder voran. Ein wesentliches Ergebnis ist, dass in allen Bundesländern Bauprojekte auf den Weg gebracht wurden und werden, die mehr Frauen und Kindern Schutz und bedarfsgerechte Unterstützung bieten. Insbesondere der Zugang für Betroffene mit Behinderungen wird damit verbessert. Ich freue mich zudem darüber, dass eine deutliche Mehrheit der Mitglieder des Runden Tisches sich für eine bundesgesetzliche Regelung ausspricht, um den Zugang zu Schutz und Beratung bei Gewalt sicherzustellen."
Katja Dörner, Oberbürgermeisterin der Stadt Bonn und Präsidiumsmitglied des Deutschen Städtetages für die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände (Deutscher Städtetag, Deutscher Landkreistag, Deutscher Städte- und Gemeindebund):
"Frauen und ihre Kinder, die Gewalt erfahren, brauchen sichere Orte, an denen sie schnell und unbürokratisch Schutz finden. Die Städte, Landkreise und Gemeinden wirken tatkräftig daran mit, Gewalt gegen Frauen und Kinder zu bekämpfen. Die Kommunen engagieren sich gerade auch in der Corona-Krise durch zahlreiche Projekte und Maßnahmen gegen häusliche Gewalt. Das Bundesförderprogramm ist ein erster wichtiger Schritt für bessere Hilfe für Frauen in Not. Aber es muss noch mehr getan werden, weil viele Frauenhäuser überlastet sind. Es ist deshalb gut, dass der Runde Tisch sich auf Eckpunkte verständigt hat, einen geeigneten Rechtsrahmen und eine nachhaltige, solide Finanzierung der Frauenhausplätze zu schaffen, die unabhängig von befristeten Förderprogrammen ist."
Positionspapier "Schutz und Beratung bei Gewalt bundesweit sicherstellen"
Erstmals haben sich am 27. Mai am Runden Tisch Vertretungen aller drei staatlichen Ebenen - Bund, Länder und Kommunen - auf breiter Basis gemeinsam zu einem politischen Vorhaben bekannt: Mit dem beschlossenen Positionspapier "Schutz und Beratung bei Gewalt bundesweit sicherstellen - Gemeinsame Position für eine bundesgesetzliche Regelung" sprechen sich der Bund, eine breite Mehrheit der Bundesländer sowie der Kommunalen Spitzenverbände auf Bundesebene für eine bundesgesetzliche Regelung zur Finanzierung des Aufenthalts im Frauenhaus aus.
Damit soll künftig der Zugang zu Schutz und Beratung bei geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt bundesweit gewährleistet werden. Außerdem soll ein einheitlicher Rahmen für die finanzielle Absicherung der Arbeit von Frauenhäusern und ambulanten Hilfs- und Betreuungseinrichtungen geschaffen werden. Das Positionspapier soll die Grundlage für einen Gesetzentwurf in der kommenden Legislaturperiode bilden.
Zentrale Ergebnisse des Runden Tisches
Zentrale Ergebnisse des Runden Tisches in der 19. Legislaturperiode sind die Umsetzung des Bundesförderprogramms "Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen" in enger Zusammenarbeit von Bund und Ländern und die Beratungen zu einer bundesgesetzlichen Regelung zu Schutz und Beratung bei Gewalt.
Um den Aus-, Um- und Neubau sowie die Sanierung von Frauenhäusern und Fachberatungsstellen zu fördern, stellt der Bund mit dem Bundesinvestitionsprogramm "Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen" 30 Millionen Euro pro Jahr in den Jahren 2020 bis 2024 bereit. Das Programm wird in enger Kooperation von Bund und Ländern erfolgreich umgesetzt. Es wurden und werden in allen Bundesländern Bauprojekte auf den Weg gebracht, die mehr Frauen und Kindern Schutz und bedarfsgerechte Unterstützung bieten und insbesondere den Zugang für Betroffene mit Behinderungen verbessern werden.
Flankiert wird das Investitionsprogramm durch das Bundesinnovationsprogramm, für das der Bund fünf Millionen Euro pro Jahr bis 2022 zur Erprobung von neuen Konzepten bei Schutz, Unterstützung und Prävention von Gewalt gegen Frauen zur Verfügung stellt. Auch die Bundesländer und Kommunen investieren in erheblichem Umfang in die Bereitstellung und den Ausbau von Unterstützungsangeboten im Sinne der Istanbul-Konvention.
Die Zusammenarbeit am Runden Tisch hat zu einer Verstärkung des Engagements und zu einer besseren Verzahnung der Maßnahmen von Bund, Ländern und Kommunen zum Schutz von gewaltbetroffenen Frauen geführt. Gewinnbringend war der enge Austausch am Runden Tisch auch für den Umgang mit den besonderen Herausforderungen in Sachen Gewaltschutz unter den Bedingungen der Corona-Pandemie.
Daher soll der Runde Tisch "Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen" auch in der kommenden Legislaturperiode fortgeführt werden. Er hat sich als ein wertvolles Format für ein koordiniertes Handeln von Bund, Ländern und Kommunen zum effektiveren Schutz vor geschlechtsspezifischer Gewalt erwiesen und trägt so zu einer zielgerichteten Umsetzung der Istanbul-Konvention bei.
Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen"
Das bundesweite Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen" bietet unter der Telefonnummer 08000 116 016 rund um die Uhr, anonym und in 18 Sprachen Beratung und Vermittlung in das örtliche Hilfesystem an.
Das Hilfetelefon ist eine wichtige erste Anlaufstelle für gewaltbetroffene Frauen, gerade in Zeiten von Corona. Im Jahr 2020 fanden 51.407 Beratungen statt - das entspricht einem Anstieg von 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Dabei nahmen die Anfragen zu häuslicher Gewalt überproportional zu: Alle 22 Minuten fand im vergangenen Jahr dazu eine Beratung statt.