Das Übereinkommen des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, die Istanbul-Konvention, feiert am 11. Mai das zehnjährige Jubiläum der Zeichnungsauflegung. Die Istanbul-Konvention ist das wichtigste völkerrechtliche Instrument, um Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt zu bekämpfen sowie Betroffenen Schutz und Unterstützung zu bieten. Sie untermauert das grundlegende Menschenrecht von Frauen auf ein Leben ohne Gewalt.
Der Jahrestag fällt in den deutschen Vorsitz im Ministerkomitee des Europarats. Aus diesem Anlass veranstaltete das Bundesfrauenministerium gemeinsam mit dem Europarat eine High-Level-Konferenz. Um ein starkes Zeichen für die Istanbul-Konvention zu setzen, beteiligte sich Bundesfrauenministerin Franziska Giffey an einer gemeinsamen Erklärung von 16 europäischen Staaten.
Franziska Giffey:
"Heute feiern wir, wie weit wir es in den vergangenen zehn Jahren geschafft haben, den Gewaltschutz für Frauen in ganz Europa voranzubringen. Die Istanbul-Konvention ist ein wichtiger Meilenstein auf diesem Weg - sie ist Ausdruck, dass es in Europa einen großen Konsens gibt, dass Gewalt gegen Frauen nicht akzeptiert werden darf und mit allen Mitteln bekämpft werden muss. Denn nur gemeinsam und international kann es gelingen, alle Formen von Gewalt gegen Frauen flächendeckend und nachhaltig zu bekämpfen.
Allerdings haben die Auswirkungen der Corona-Pandemie und die Kündigung der Istanbul-Konvention durch die Türkei gezeigt, dass bereits erreichte Fortschritte in der Gewaltbekämpfung auch wieder rückgängig gemacht werden können.
Der Schutz von Frauen und Mädchen vor allen Formen von Gewalt ist heute so bedeutsam wie nie, er hat oberste Priorität. Daher ist es wichtig, international zusammenzuarbeiten und sicherzustellen, dass alle Frauen und Mädchen in Gewaltsituationen Schutz und Unterstützung und ein funktionierendes Rechtssystem finden."
Internationale Schutzstandards umsetzen
Am 11. Mai machte die Konferenz "Gender equality and the Istanbul Convention: a decade of action" deutlich, dass der Schutz von Frauen vor Gewalt weiterhin eine hohe politische Priorität in Europa hat und die Mitgliedstaaten des Europarats eng zusammenarbeiten, um die internationalen Schutzstandards der Istanbul-Konvention umzusetzen und voranzubringen.
Zu der digitalen Konferenz lud Bundesfrauenministerin Franziska Giffey High-Level Panelistinnen und Panelisten aus ganz Europa ein, dazu zählten Marija Pejčinović Burić, die Generalsekretärin des Europarats, Mariana Vieira da Silva, portugiesische Gleichstellungsministerin, Marceline Naudi, Präsidentin der Expertengruppe GREVIO (Group of Experts on Action against Violence against Women and Domestic Violence), Rik Daems, Präsident der Parlamentarischen Versammlung sowie Marcella Pirrone, Präsidentin von WAVE (Women Against Violence Europe).
Franziska Giffey unterzeichnet Erklärung
In ihrer Rolle als Vertreterin des deutschen Vorsitzes im Ministerkomitee des Europarats unterzeichnete Bundesfrauenministerin Franziska Giffey eine Erklärung, in der sie auf die Bedeutung der Istanbul-Konvention hinweist und alle Mitgliedstaaten des Europarats aufruft, die Konvention schnellstmöglich zu ratifizieren.
Gegen Sexismus und Geschlechterstereotype vorgehen
In einem Panel der Konferenz diskutierte Juliane Seifert, Staatssekretärin im Bundesfrauenministerium, unter anderem mit Andreia Lourenço Marques, Vorsitzende der GEC (Gender Equality Commission) des Europarats, Emily Yiolitis (Justizministerin Zyperns) und Élisabeth Moreno (Beigeordnete Ministerin für die Gleichstellung von Frauen und Männern, Diversität und Chancengleichheit beim Premierminister, Frankreich) über Möglichkeiten, um gegen Sexismus und Geschlechterstereotype vorzugehen. Die Istanbul-Konvention stuft Geschlechterstereotype als schädlich ein, wenn sie die Entwicklungsmöglichkeiten und Fähigkeiten von Männern und Frauen einschränken.
Das Ministerkomitee des Europarats hat im März 2019 eine Empfehlung über die Prävention und Bekämpfung von Sexismus verabschiedet. Das Panel diente dem Austausch über Maßnahmen, die seit März 2019 in den Mitgliedstaaten des Europarats gegen Sexismus und Geschlechterstereotype initiiert worden sind. Hierbei wurden sowohl gesetzliche - zum Beispiel in Zypern und Frankreich - als auch andere gesellschaftliche Maßnahmen vorgestellt.
EU-weite Rufnummer für Hilfetelefone geplant
Die von Bundesfrauenministerin Franziska Giffey während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft ins Leben gerufene Initiative zur Einführung einer europaweit einheitlichen Rufnummer für die Hilfetelefone "Gewalt gegen Frauen" wurde von 22 Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) unterstützt und wird von der portugiesischen Ratspräsidentschaft weitergeführt. Nun haben 14 EU-Mitgliedstaaten ihre offizielle Verpflichtungserklärung zur Einführung der 116 016 als einheitliche Rufnummer der Hilfetelefone bei der EU-Kommission eingereicht. Dies bedeutet, dass das Verfahren nun einen Schritt weiter ist und dem Kommunikationsausschuss der EU-Kommission zur Abstimmung vorgelegt werden kann.
Die Istanbul-Konvention
Deutschland und weitere Mitgliedstaaten des Europarats haben die Konvention am Tag der Zeichnungsauflegung am 11. Mai 2011 in Istanbul unterzeichnet und in der Folgezeit ratifiziert. Sie haben sich damit verpflichtet, auf allen staatlichen Ebenen Gewalt gegen Frauen zu verhindern. Bisher haben bereits 45 Mitgliedstaaten des Europarats und die Europäische Union (EU) die Istanbul-Konvention unterzeichnet. 33 Mitgliedstaaten des Europarats haben diese ratifiziert. Ziel ist es, dass alle Mitglieder des Europarats und der EU die Istanbul-Konvention ratifizieren.