Bundesfamilienministerin Lisa Paus hat am 20. März gemeinsam mit Prof. Renate Köcher, Geschäftsführerin des Instituts für Demoskopie (IfD) Allensbach, und Christian Böllhoff, Direktor der Prognos AG, das Familienbarometer vorgestellt. Darin werden zentrale Trends zum Familienleben in Deutschland analysiert und konkrete Optionen aufgezeigt, um familienpolitische Leistungen weiterzuentwickeln.
Der Fokus des Familienbarometers liegt auf den Handlungsfeldern:
- Finanzielle Sicherheit für Familien erhöhen
- Kinderbetreuung bedarfsgerecht weiterentwickeln
- Zeitautonomie in herausfordernden Familienphasen erhöhen
Bundesfamilienministerin Lisa Paus: "Das Familienbarometer macht deutlich: Mit Familienpolitik können wir Zusammenhalt und Resilienz in unserer Gesellschaft stärken. Dafür müssen wir die Rahmenbedingungen für Familien so gestalten, dass sie zu den Bedürfnissen von Familien passen - gerade in Krisen. Das Familienbarometer gibt dafür zuverlässig Orientierung. Ich sehe es als eine der Kernaufgaben des Staates an, Sicherheit zu schaffen - erst recht in Zeiten, in denen sich Menschen um ihre Zukunft sorgen. Deshalb hat vor allem die Umsetzung der Kindergrundsicherung Priorität für mich. Denn mit der Kindergrundsicherung können wir ein Sicherheitsnetz schaffen.
Nach der Geburt des ersten Kindes stellen Eltern zentrale Weichen bei der Aufgabenteilung zwischen Familie und Beruf. Die Kluft zwischen Wunsch und Wirklichkeit aber ist dabei in vielen Familien groß. Mit einer Elternstartzeit schaffen wir nun auch einen Schutz- und Schonraum für die erste intensive Phase mit einem neugeborenen Kind, stärken den familiären Zusammenhalt und setzen einen wichtigen Impuls für partnerschaftliche Aufgabenteilung in Familien."
Prof. Renate Köcher, IfD Allensbach: "Es ist eine besondere Stärke Deutschlands, dass die Bevölkerung soziale Unterschiede ernst nimmt. Das prägt auch die Erwartungen an die Familienpolitik. Die Bekämpfung von Kinderarmut und die Förderung benachteiligter Kinder ist der Bevölkerung außerordentlich wichtig. Dies ist ein wesentliches Motiv für die breite Unterstützung der Kindergrundsicherung."
Christian Böllhoff, Prognos AG: "Die ökonomische Transformation wird gut gelingen, wenn Familien gestärkt werden durch wirksame Geldleistungen, bedarfsgerechte Infrastruktur und eine moderne Zeitpolitik, für die die Unternehmen Mitverantwortung übernehmen."
Zentrale Ergebnisse des Familienbarometers
Für das Familienbarometer hat das Institut für Demoskopie Allensbach eine vom Bundesfamilienministerium beauftragte Studie zur Weichenstellung für die Aufgabenteilung in Familie und Beruf durchgeführt.
Aus dieser Studie und weiteren aktuellen Allensbach-Umfragen ergeben sich diese Erkenntnisse:
Eltern stehen durch Krisen unter Druck
Familien stehen unter Druck: Die Jahre der Pandemie und die hohe Inflation sind für Familien eine besondere Herausforderung: 93 Prozent der Eltern minderjähriger Kinder macht die Inflation große Sorgen. Die Bilanz der eigenen wirtschaftlichen Lage hat sich im vergangenen Jahr deutlich verschlechtert: Nur noch 43 Prozent der Eltern bewerten ihre Lage positiv. Gleichzeitig werden die staatlichen Entlastungsmaßnahmen von Familien überdurchschnittlich als hilfreich bewertet.
Die Erwartung, dass der Sozialstaat materieller Ungleichheit entgegenwirkt und gute Startchancen für alle Kinder fördert, ist in der Bevölkerung insgesamt und speziell bei Eltern hoch. Unterstützung soll zielgenau sein und denjenigen helfen, die sie brauchen. Das gilt insbesondere in Krisenzeiten. 70 Prozent der Bevölkerung erwarten von der Familienpolitik, dass die Kinderarmut reduziert wird.
Große Mehrheit der Eltern befürwortet die Kindergrundsicherung
Die Befunde des Familienbarometers zeigen deutlich: Die Kindergrundsicherung kann Sicherheit und Stabilität schaffen. Mit ihr werden Familien in wirtschaftlich prekären Lagen gestärkt, und Kinderarmut wird reduziert. 60 Prozent und damit eine große Mehrheit der Bevölkerung und 75 Prozent der Eltern mit minderjährigen Kindern befürworten die Einführung der Kindergrundsicherung. Sozialer Ausgleich ist den Menschen wichtig - auch dann, wenn auf die Kosten der Kindergrundsicherung hingewiesen wird.
Neben der finanziellen Stabilität braucht es eine verlässliche Infrastruktur für die Betreuung, damit Familien mit Vertrauen in die staatliche Unterstützung ihre Zukunft planen können. Gute Kinderbetreuung ist für die meisten Familien eine zentrale Voraussetzung bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Beim ersten Kind werden die Weichen für die Aufgabenteilung gestellt
Der Wunsch nach partnerschaftlicher Aufgabenteilung von Familien- und Erwerbsarbeit ist weiterhin hoch, aber für viele schwer zu realisieren: Knapp die Hälfte (46 Prozent) der Eltern wünscht sich eine partnerschaftliche Aufteilung von Kinderbetreuung, Haushalt und Erwerbstätigkeit, aber nur ein erheblich kleinerer Teil kann dies tatsächlich umsetzen.
Mit der Geburt des ersten Kindes und dem Beginn der Elternzeit stellen Paare zentrale Weichen für ihre Aufgabenteilung bei Familien- und Erwerbsarbeit. Vor der Geburt des ersten Kindes sind angehende Eltern mit großer Mehrheit noch beide in Vollzeit berufstätig. Nach der Geburt ändern sich die Erwerbskonstellationen dann erheblich. Die große Bedeutung dieser Entscheidung für die gesamte Erwerbsbiografie und das Lebenseinkommen scheint den meisten aber nicht bewusst zu sein. Die Entscheidung ergibt sich meist, ohne groß thematisiert zu werden.
Eine Partnerschaftliche Aufgabenteilung fördert das Familienklima
49 Prozent der Gesamtbevölkerung und 56 Prozent der Eltern mit Kindern unter sechs Jahren erwarten, dass Familienpolitik Eltern bei einer gleichmäßigen Aufteilung von Kinderbetreuung und Beruf unterstützt.
Die Aufgabenteilung in der Familie hat langfristige Effekte auf die Lebenszufriedenheit und die Fachkräftesicherung: Eine partnerschaftliche Aufgabenteilung ermöglicht vielen Müttern die gewünschte stärkere Erwerbsbeteiligung und vielen Vätern die gewünschte stärkere Beteiligung in der Familie. Elternpaare, die ihre Aufgaben in Beruf und Familie gleichgewichtig teilen, berichten auch häufiger als andere Paarfamilien über ein gutes Familienklima, enge Beziehungen zwischen Eltern und Kindern und besonders über gegenseitige Unterstützung der Elternteile (84 Prozent gegenüber 63 Prozent).
Langfristig sorgt die partnerschaftliche Vereinbarkeit von Familie und Beruf für wirtschaftliche Stabilität beider Eltern und ist damit auch eine Antwort auf den Fachkräftemangel. Wenn Väter den Spielraum für Mütter vergrößern, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen beziehungsweise auszubauen, werden Erwerbstätigkeit und -umfänge von Müttern weiter zunehmen.
Pflege von Angehörigen: Große Mehrheit ist für Lohnersatzleistung
Längst beschränkt sich die Frage der Vereinbarkeit von Beruf und familiären Verpflichtungen nicht mehr auf die Kinderbetreuung, sondern umfasst auch die Versorgung pflegebedürftiger Eltern und anderer Angehöriger. Zwei Drittel der Bevölkerung können sich grundsätzlich vorstellen, Angehörige zu pflegen. Eine überwältigende Mehrheit von 75 Prozent wünscht sich eine Lohnersatzleistung für pflegende Angehörige.
Zentrale Vorhaben des Bundesfamilienministeriums
Das Familienbarometer macht deutlich: Familienpolitik sorgt für Zusammenhalt, schafft Zuversicht und sozialen Ausgleich in unruhigen Zeiten.
Zentrale Vorhaben des Bundesfamilienministeriums sind dafür:
- Eine Kindergrundsicherung, die Sicherheit gibt und Chancengerechtigkeit beim Start ins Leben stärkt.
- Investitionen in eine verlässliche und gute Kinderbetreuungsinfrastruktur.
- Die zweiwöchige Freistellung des Partners oder der Partnerin (Elternstartzeit), um gleich nach der Geburt des Kindes den familiären Zusammenhalt zu stärken.
- Eine Reform der Familienpflegezeit, um die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf deutlich zu verbessern.