Familienpolitik Kindern und ihren Familien bessere Chancen ermöglichen

Lisa Paus am Rednerpult
Lisa Paus bei ihrer Rede im Deutschen Bundestag © BMFSFJ

Lisa Paus: Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Sehr geehrte Zuschauende!

Gestern war Weltkindertag, und ich freue mich, dass die Union heute ihre Vorschläge für eine Familienpolitik vorstellt.

Ich gebe zu: Ich war wirklich neugierig auf Ihren Antrag; denn immerhin hat die Union hier einiges aufzuholen. 16 Jahre CDU-Kanzlerschaft haben genau dahin geführt, wo wir heute sind: in eine verfestigte, strukturelle Kinderarmut in Deutschland. Jedes fünfte Kind ist davon betroffen.

Was aus Kindern wird, die in armutsgefährdeten Familien aufwachsen, das war viel zu lange ein Tabu in Deutschland. Gestern haben wir noch mal frische Zahlen dazu bekommen, was die Folgen genau dieser Politik sind: Vier von zehn Kindern haben nicht das passende Schulmaterial oder Sportzeug, jedes fünfte Kind nimmt kaum mehr an Schulausflügen teil, und jedes dritte Kind sorgt sich, dass die eigene Familie nicht genug Geld hat.

Das ist die Situation heute in Deutschland nach 16 Jahren Kanzlerschaft der Union. Und was präsentieren Sie heute? Den zweiten und dritten Aufguss Ihrer bisherigen Politik. Schade, meine Kolleginnen und Kollegen von der Union!

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Es ist richtig und wichtig, dass Familien mit Frühen Hilfen unterstützt werden. Es ist entscheidend für mehr Chancengerechtigkeit der Kinder wie auch für bessere Erwerbsmöglichkeiten für Familien, dass Bund, Länder und Kommunen gemeinsam in die Ganztagsbetreuung von Grundschulkindern investieren, und auch, dass der Rechtsanspruch kommt. Aber das ist bereits alles auf den Weg gebracht. Von uns.

Es ist auch richtig, Kinder früh zu fördern und Kitas als faszinierende Lernorte für alle Sinne zu etablieren, insbesondere auch hinsichtlich der sprachlichen Bildung. Deshalb haben wir die Sprachförderung mit dem KiTa-Qualitätsgesetz bereits als zentrales Handlungsfeld fest verankert und in die Regelfinanzierung überführt.

Wir arbeiten jetzt gemeinsam mit den Ländern an der Entwicklung bundesweiter Qualitätsstandards. Mit sieben Milliarden Euro unterstützen wir die Länder bei der Kitaqualität und beim Ganztagsausbau.

Und wir tun noch mehr. Mit dem Startchancen-Programm werden wir 4000 Schulen bundesweit zusätzlich unterstützen - für mehr Chancengerechtigkeit insbesondere sozial benachteiligter Schülerinnen und Schüler in Deutschland. Denn jedes dieser Kinder, ob klein oder groß, ist uns die ganze Breite an Förderung wert. Sie wissen, es findet sich im Haushalt 2024.

Aber - und da besteht eben doch ein offenbar nach wie vor zentraler Unterschied, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union - es geht nicht um Geld oder Bildung, es geht nicht um Transferleistungen oder Investitionen in die Bildungsinfrastruktur. Kinder brauchen beides, und wir geben Kindern beides, damit sie in Deutschland gut aufwachsen können, damit sie ihre Chancen bekommen, damit sie ihre Talente entfalten können. Keine Bundesregierung hat so viele Mittel für Kinder und ihre Familien mobilisiert wie diese Bundesregierung.

Schon jetzt sind es 7 Milliarden Euro, darunter die größte Kindergelderhöhung seit den 90er-Jahren. Mit der Kindergrundsicherung werden die Mittel in den nächsten Jahren weiter deutlich auf über 10 Milliarden Euro anwachsen.

Mit dem Kindersofortzuschlag, mit der Erhöhung des Kindergeldes und des Kinderzuschlags und den neuen Regelsätzen im Bürgergeld steuern wir auf eine Kindergrundsicherung zu, die ihren Namen verdient. Das bedeutet für armutsbedrohte Kinder im Jahr 2025 konkret Leistungen von mindestens 530 Euro für die kleinsten und bis zu 636 Euro für die ältesten Kinder. Das wird es geben. Und ja, mehr Geld hilft eben auch armen Kindern.

Und wir ändern das System, die Strukturen von der Hol- zur Bringschuld: Künftig wird es eine Stelle für Familien für alle kindbezogenen Leistungen geben, egal welches Einkommen sie haben.

Wir holen damit 1,9 Millionen Kinder aus dem Bürgergeld, und wir erreichen mit dem Zusatzbetrag 5,6 Millionen Kinder zusätzlich. Wir werden einen Kindergrundsicherungscheck einführen und damit die Eltern aktiv und automatisch über ihre möglichen Ansprüche informieren. Zudem werden Berechnung und Auszahlung der Leistungen einfacher. Allein dadurch werden mehr Kinder als bisher mehr Geld erhalten, gerade auch diejenigen in verdeckter Armut, deren Eltern hart arbeiten, aber bei denen es trotzdem nicht reicht.

Ich kann Ihnen versichern: Mit diesem Systemwechsel werden wir auch das Lebensgefühl und das Selbstbild dieser Familien verändern. Wir befreien Eltern und erst recht Kinder von dem Gefühl, Bittsteller zu sein. Ja, bei der Kindergrundsicherung geht es auch darum, dass arme Kinder endlich rauskommen können aus dem "Wir haben nix, also bin ich nix, also kann ich auch nix". Wir beenden genau diese Stigmata mit dem Service aus einer Hand. Wir wollen diesen Familien auch ein Stück Würde zurückgeben, was sie wirklich verdient haben.

Sehr geehrte Zuhörende, laut DeutschlandTrend befürworten 60 Prozent der Menschen in Deutschland die Kindergrundsicherung. Dort, wo die Union Verantwortung trägt, lade ich sie ein, mit uns gemeinsam die Situation von Familien strukturell zu verbessern.

Das ist wichtig für die Familien. Sie sind das Rückgrat unserer Gesellschaft. Das stärkt den sozialen Zusammenhalt und unsere Demokratie. Dazu sollte sich jede demokratische Partei verpflichtet fühlen.

Herzlichen Dank.