Berlin Bundesfrauenministerin Lisa Paus beim Women7-Gipfel

Bundesgleichstellungsministerin Lisa Paus eröffnet den Women7-Gipfel
Bundesfrauenministerin Lisa Paus eröffnet den Women7-Gipfel © Heidi Scherm / W7 Summit

Es gilt das gesprochene Wort

Sehr geehrte Frau Dr. von Miquel, sehr geehrte Vertreterinnen von Women 7, als Bundesfrauenministerin begrüße auch ich Sie sehr herzlich zum W7 Summit 2022!

A warm welcome to everyone!

Ich freue mich außerordentlich, diesen W7-Gipfel zu eröffnen. Für mich ist das ein ganz besonderer Termin: Ich bin seit genau vier Wochen Frauenministerin, seit meiner Jugend und in meinem ganzen politischen Leben Feministin und empfinde es aufrichtig als Ehre, heute in Ihrem Kreis dabei zu sein.

Bisher habe ich mich als Parlamentarierin überwiegend mit Finanzen beschäftigt und weiß: Auch beim Geld ist Gleichberechtigung noch lange nicht erreicht. Für Gleichberechtigung in allen Bereichen setzen sich der Deutsche Frauenrat und Women7 ein. Darum danke ich dem Deutschen Frauenrat für die Einladung zu dieser Veranstaltung. Wie alle politischen Ereignisse in diesem Jahr steht auch der Women7- Gipfel unter dem Eindruck des Krieges in der Ukraine.

Es ist gut, dass Sie heute auch über geschlechterspezifische Gewalt und die neuen Spielräume feministischer Politik sprechen. Denn einmal mehr sind Frauen überproportional von Flucht und Gewalt betroffen. Und einmal mehr nutzen autokratische Regime Krisenzeiten wie die Pandemie oder die allgemeine Verunsicherung für ein gesellschaftliches "rollback"  - indem sie überkommene Rollenbilder wiederbeleben: weit entfernt von Gleichstellung und Gleichberechtigung von Männern und Frauen.

Für mich ist klar: Unser Verständnis von progressiver Politik, Feminismus und sozialer Gerechtigkeit ist der erklärte Gegenentwurf zu autoritären und militaristischen Regimen. Darum bin ich sehr froh, dass wir als deutsche G7-Präsidentschaft mit den Women7 einen starken Partner im Kampf für mehr Geschlechtergerechtigkeit an unserer Seite wissen. 

Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter, 2022 ist für die Women7, aber auch für mein Ministerium, ein Jahr der Premieren auf G-7-Ebene:

Erstmals haben wir im Bundesfrauenministerium gemeinsam mit dem Bundesentwicklungsministerium die Leitung der noch jungen "Gender Equality and Women’s Empowerment Working Group" übernommen. Und erstmals lädt die deutsche Zivilgesellschaft im Rahmen der deutschen G7 Präsidentschaft zu dem Austausch innerhalb der Women7 ein. Women7 steht für den wichtigen Austausch mit der feministischen Zivilgesellschaft. Wir brauchen Ihre Perspektiven und Ihren Beitrag, um erfolgreich Gleichstellungspolitik zu machen. Darum danke ich dem Deutschen Frauenrat, dass er diesen Austausch in diesem Jahr organisiert. 

Ich danke ganz besonders den weltweiten 64 Beraterinnen, die mit ihrer Perspektive zu dem Ziel der Gleichstellung beitragen. Denn echte Gleichstellung ist noch in keinem Land der Welt erreicht. Und völlig zurecht steht dieses W-7-Treffen unter der Überschrift "Time to deliver" - Zeit, zu liefern. Denn nach vielen Fortschritten in den vergangenen Jahrzehnten hat die Corona-Pandemie in nur zwei Jahren gravierende Missstände aufgezeigt:

Frauen leisten nach wie vor einen Großteil der bezahlten und unbezahlten Sorgearbeit. Zugleich werden sie meist schlechter bezahlt, arbeiten in Teilzeit, oder arbeiten in Jobs ohne weitere Aufstiegschancen und soziale Absicherung. Auch in Führungspositionen sind Frauen nach wie vor unterrepräsentiert. Das wollen wir abstellen.

Diese Ungleichheit ist nun endgültig aus der Zeit gefallen! 
In Deutschland, im Kreis der G7, und weltweit! Wir alle wissen:

Um alle Formen der Diskriminierung von Frauen und Mädchen aus der Welt zu schaffen, wie es die Staatengemeinschaft mit der UN-Agenda 2030 beschlossen hat, müssen die zweiten 50 Prozent dieser Menschheit gleichberechtigt an allen Entscheidungen beteiligt werden. Ich möchte in einer Welt leben, in der Frauen gleichberechtigt mitbestimmen, wenn es um die Verteilung von Chancen, von Land, von Ressourcen und Geld geht. 
Und um die Verteilung von Macht! 

Und Macht kann nur politisch verteilt werden. Deshalb ist es wichtig, dass Frauen in den relevanten Entscheidungsgremien Gesicht und Stimme haben. Umso mehr freue ich mich deshalb, dass die Women7 Ihre diesjährigen Empfehlungen morgen an Bundeskanzler Olaf Scholz persönlich übergeben werden. Mit unseren G-7-Partnern werden wir uns dafür einsetzen, Gleichstellung auch international voranzubringen. International können wir ohnehin viel voneinander lernen und miteinander erreichen. So ist für mich zum Beispiel Frankreich ein sehr gutes Vorbild: Seine zuverlässige Kinderbetreuung hilft bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und fördert damit die ökonomische Gleichstellung.

Vor diesem Hintergrund begrüßen wir es sehr, dass mit dem "G7 Gender Equality Advisory Council" auch dieses Jahr ein Gremium mit hoher Fachexpertise einen kritischen Blick auf die Situation der Gleichstellung in den G7-Staaten und weltweit werfen wird. Ich danke schon jetzt Frau Prof. Allmendinger sowie den weiteren Mitgliedern des GEAC für die fachliche Begleitung der deutschen G7-Präsidentschaft.

Liebe Vertreterinnen von W7,

im Rahmen der deutschen G7-Präsidentschaft hat sich das Bundesfrauenministerium viel vorgenommen: Wir werden dafür sorgen, dass Gleichstellungspolitik in vier Wochen beim G-7-Gipfel in Elmau einen angemessenen Platz auf der Tagesordnung bekommt. In der Abschlusserklärung des Elmau-Gipfels 2015 war es bei dem reinen Bekenntnis geblieben, "die Arbeit zur Stärkung der Gleichstellung fortzusetzen".

Dieses Jahr muss in dem Dokument ausbuchstabiert werden, wie wir die G7 Gleichstellung erreichen wollen!
Außerdem setzen wir uns dafür ein, dass die G7 ihre Fortschritte im Bereich Gleichstellung regelmäßig überprüfen.

Hierfür möchten wir gerne im Kreis der G7 einen neuen Monitoring-Mechanismus beschließen. Dieser sollte anhand der Indikatoren Bildung, Wirtschaft, Führung, Gesundheit und Entwicklungszusammenarbeit die Fortschritte bei der Gleichstellung messen. Im Oktober möchte ich zu einem Treffen der G7- Gleichstellungsministerinnen und -minister nach Berlin einladen:

Dann geht es um Frauen in Führungspositionen, um Sorgearbeit, um Lohntransparenz und um gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit. Auch bei dieser Veranstaltung werden wir Women7 und den GEAC einbinden! 

Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,

ich bin Feministin aus Überzeugung und Leidenschaft. Lassen Sie uns gemeinsam stärker und lauter für echte Gleichstellung kämpfen. Gleichstellung ist kein Trend - Gleichstellung muss zur Marke der G7 werden! Wir können das. Wir haben das Wissen. Jetzt müssen wir den politischen Willen mobilisieren.

Vielen Dank!