Sehr geehrte Frau Präsidentin /
sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete
Wir müssen die Potenziale älterer Menschen in der Wirtschaft, in der Erwerbsarbeit und in der Gesellschaft nutzen und den Zusammenhalt der Generationen stärken. Die zentrale These des 5. Altenberichts ist: Ältere Menschen verfügen über Potenziale, die wir als Gesellschaft noch längst nicht ausschöpfen.
Wir werden in Zukunft mehr ältere Menschen haben. In 40 Jahren, wird es doppelt so viel 60-Jährige wie Neugeborene geben. Aber die ältere Generation war noch nie so gesund und so gut ausgebildet wie heute. Die Lebenserwartung für neu geborene Mädchen liegt heute bei rund 81 Jahren, für Jungen bei über 75 Jahren. Das sind nicht nur zusätzliche Jahre, sondern wirklich gewonnene Jahre, weil es aktive Jahre sind: Wer heute 60 wird, ist biologisch im Schnitt fünf bis sechs Jahre jünger als ein 60-Jähriger vor 30 Jahren.
Wir können die demographische Entwicklung nicht wegdiskutieren, aber wenn wir von 2030 oder 2050 sprechen, dann haben wir auch Zeit Weichen zu stellen damit wir keine vergreisende Gesellschaft werden, sondern eine Gesellschaft des langen Lebens. Das sind die Potenziale des Alters, von denen der 5. Altenbericht spricht.
Der Altenbericht betont auch - und das finde ich ganz wichtig -, dass die Potenziale des Alters Potenziale für die ganze Gesellschaft sind. Wir müssen ein neues Bild des Alters zeichnen: Alter ist nicht gleich Alter. Es kommt darauf an, wie wir uns in der Zeit vorher verhalten. Wir werden anders und länger arbeiten. Heute werden nur 4% aller Weiterbildungsmaßnahmen von über 45-Jährigen wahrgenommen. Das muss mehr werden. Genau in diesem Alter zeigt sich, ob wir das lebenslange Lernen ernst nehmen.
Wenn heute nur 45 Prozent der 55-64-Jährigen in Deutschland arbeiten, dann lassen wir Potenziale des Alters brach liegen. Wenn wir sehen, dass in Schweden rund 70% und in Dänemark rund 60% der Altersgruppe erwerbstätig sind, kann das für uns nur ein Ansporn sein. Dass sich die Erwerbstätigkeit älterer Menschen steigern lässt, zeigt das Beispiel Finnland: Dort stieg die Erwerbsquote von 1997 bis 2005 um jährlich annähernd 2%-Punkte nämlich von 37 % auf heute 53% (2005). Wir können und müssen besser werden. Im Alter sind Innovation und Fortschritt möglich. Es gibt die schöne Antwort von dem Cellospieler Pablo Casals, auf die Frage, warum er als 93-Jähriger immer noch täglich stundenlang Cello übe. "Weil ich das Gefühl habe, noch immer besser zu werden."
Das neue Bild des Alters betrifft auch die Frage, ob wir uns eigentlich angemessen auf die Bedürfnisse der Älteren eingestellt haben. Schon heute bestreiten die über 60-Jährigen ein Drittel des privaten Konsums, rund 316 Milliarden Euro. Die Haushalte der 75-Jährigen und Älteren in Deutschland haben innerhalb von zehn Jahre ihren Gesamtkonsum von 40 auf 80 Milliarden Euro verdoppelt. Bis 2050 werden sich die Konsumausgaben dieser Altersgruppe rein demografisch bedingt nochmals mehr als verdoppeln - auf 168 Milliarden Euro. Da ist ein ganzes Segment an Produkten und Dienstleistungen, die wir besser ausschöpfen können. Und wir sollten uns sputen, dies zu tun - ehe andere Länder durch kluge Angebote das Potenzial des Silbernen Marktes ausschöpfen.
Schließlich wird es in einer Gesellschaft des langen Lebens neben dem Euro noch eine zweite lebensnotwendige Währung geben: Das sind zwischenmenschliche Beziehungen. Wenn in den nächsten 40 Jahren die Anzahl der über 80-Jährigen sich verdreifachen wird und viele davon kinderlos sein werden, dann müssen wir heute über neue soziale Netze nachdenken. In der Pflege gilt auch das, was für Kinder gilt: eine moderne Gesellschaft mit menschlichem Gesicht muss Zeit für gute Arbeit und Zeit für Fürsorge gleichmäßig auf alle verteilen. Die Pflege der älteren Generation wird nicht nur auf den Schultern der Töchter bleiben können - Söhne werden sich Zeit für Pflege nehmen. Junge Alte werden sich verstärkt um hoch betagte Alte kümmern. Wir werden ein neues Dreieck der Pflege zwischen Familie, Ehrenamtlichen und Fachkräften bilden müssen.
Deshalb haben wir auch bewusst in der Gesundheitsreform mehr Leistungen für Palliativmedizin, Schmerztherapie und für Hospize beschlossen.
Wir dürfen nicht mehr erwarten, dass man sich nach dem Arbeitsleben in das Privatleben zurückzieht, sondern, dass man sich dann aufmacht in eine andere Phase z.B. in der man sich ehrenamtlich einsetzt.
Der Altenbericht spricht von Netzwerken und meint damit die Familien, in denen ältere Angehörige nicht nur gepflegt werden, sondern vorher selbst vielerlei Unterstützung leisten. Er meint aber auch neue Netzwerke in der Nachbarschaft, im Freundeskreis oder in der Kommune. Solche Netzwerke entwickeln sich zum Beispiel in Mehrgenerationenhäusern.
Der Fünfte Altenbericht macht deutlich: Das Alter hat Potenzial. Unsere Aufgabe ist es, diese Potenziale des Alters zu erschließen.