Mit der Zunahme der Flüchtlingszahlen im Herbst 2015 haben viele Menschen begonnen, sich für Flüchtlinge zu engagieren. Rund 55 Prozent der Bevölkerung ab 16 Jahren haben seit 2015 Hilfe für Geflüchtete geleistet, sei es durch Geld- und Sachspenden, öffentliche Fürsprache oder aktive Hilfen. Derzeit sind noch 19 Prozent als aktive Helfer, Spender oder Unterstützer aktiv. Das sind die Zahlen der repräsentativen Studie "Engagement in der Flüchtlingshilfe", die das Institut für Demoskopie Allensbach im Auftrag des Bundesfamilienministeriums durchgeführt hat.
Anlässlich der Veröffentlichung der Studie betonte Bundesfamilienministerin Dr. Katarina Barley:
"Die vorliegenden Zahlen belegen eine hohe Hilfsbereitschaft und Solidarität in unserem Land. Freiwilliges Engagement ist unabdingbar für die Integration Geflüchteter. Deshalb wollen wir die Rahmenbedingungen für dieses Engagement weiter verbessern und mehr Nachhaltigkeit und Planungssicherheit schaffen. Auch die Kooperation zwischen Staat, Zivilgesellschaft und Wirtschaft wollen wir weiter ausbauen."
Die Studie zeigt, dass ein Aktivierungsschub wie im Herbst 2015 an die konkrete Notsituation gebunden ist: Viele der Ersthelferinnen und Ersthelfer haben ihr Engagement nach der Bewältigung der drängendsten Problemen beendet oder setzen es in anderen Bereichen fort. Aktive Flüchtlingshilfe, wie zum Beispiel Sprachunterricht, Begleitung bei Arztbesuchen oder Patenschaften, leisten derzeit noch 11 Prozent der Bevölkerung. Dreiviertel der aktiven Flüchtlingshelfer wollen ihr Engagement auch in den nächsten Jahren fortsetzen.
Weitere zentrale Aussagen der Studie lauten:
- Rund 5,5 Stunden pro Woche verwenden Freiwillige in der Flüchtlingshilfe durchschnittlich für ihren Einsatz; der durchschnittliche Zeitaufwand in anderen Bereichen des Engagements beträgt 3,7 Stunden.
- Eine deutliche Mehrheit der Engagierten berichtet über Rückhalt für ihr Engagement im eigenen Umfeld: 67 Prozent erleben in der Regel positive Reaktionen aus dem persönlichen Umfeld; auch in Ostdeutschland und in ländlichen Regionen berichten ca. 60 Prozent von weit überwiegend positiven Reaktionen.
- 81 Prozent geben an, viel Dankbarkeit von Flüchtlingen zu erfahren; 64 Prozent, dass sie bei ihrer Hilfe Neues erfahren und gelernt haben. 60 Prozent haben durch das Engagement neue Freunde gewonnen.
- 80 Prozent der aktiven Helferinnen und Helfer berichten über viel Freude an ihrem Engagement. Häufiger als andere legen die Engagierten in der Flüchtlingshilfe Wert darauf, sich gesellschaftlich zu engagieren (69 Prozent) und etwas zur Verwirklichung sozialer Gerechtigkeit beizutragen (84 Prozent; im Durchschnitt der Bevölkerung möchten das immerhin auch 65 Prozent).
Die Studie zeigt aber auch kritische Stimmen:
- 24 Prozent der Flüchtlingshelferinnen und Flüchtlingshelfer geben an, sie seien wegen ihres Engagements angefeindet oder beleidigt worden.
- 58 Prozent sind skeptisch, was die Integration der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt betrifft. Probleme werden bei den Engagierten am häufigsten durch bürokratische Hürden (54 Prozent) und Verständigungsprobleme (48 Prozent) erlebt. 61 Prozent der Engagierten wünschen sich eine schnellere und weniger komplizierte Zusammenarbeit mit den amtlichen Stellen.
Zur Studie
Um das Engagement in der Flüchtlingshilfe zu untersuchen, führte das Institut für Demoskopie Allensbach im Auftrag des Bundesfamilienministeriums eine zweistufige Untersuchung durch. In einer ersten Umfrage wurde die Beteiligung an der freiwilligen Flüchtlingshilfe im Rahmen einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage mit rund 1.400 Befragten ab 16 Jahren erfragt. Auf Grundlage der damit ermittelten Strukturinformationen wurde eine Stichprobe von 558 aktiven Helferinnen und Helfern für die zweite Umfrage zusammengestellt. Im Juli und August 2017 fanden dann persönliche Interviews statt.
Der Ergebnisbericht der Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach über das Engagement in der Flu?chtlingshilfe ist hier zu finden.