Familienleistungen Fragen und Antworten zur Kindergrundsicherung

I. Grundsätze der Kindergrundsicherung

Was ist das Ziel der Kindergrundsicherung?

Die Ziele der Kindergrundsicherung sind:

  • Ein engmaschiges Sicherheitsnetz für alle Kinder und ihre Familien zu knüpfen.            
  • Kinder vor Armut zu schützen, ihnen ein sorgenfreies Aufwachsen zu ermöglichen und bessere Chancen für den Start ins Leben zu schaffen.
  • Verdeckte Armut in Deutschland zu bekämpfen, indem sie mehr Familien und Kinder mit Unterstützungsbedarf als bisher erreicht.

Es geht darum eine kinderfreundliche Zukunft zu schaffen, in der es kein soziales Risiko darstellt Kinder zu haben und es kein Stigma ist, Unterstützung in Anspruch zu nehmen, um ihnen einen guten Start ins Leben zu ermöglichen. Mit der Kindergrundsicherung investieren wir in die Zukunft unseres Landes und in das Beste, was wir haben: in unsere Kinder.

Was verbessert sich durch die Kindergrundsicherung?

  • Eine zentrale Leistung für alle Kinder: Aus bislang fünf verschiedenen Einzelleistungen machen wir eine starke Leistung für alle Kinder und bekämpfen gezielt Kinderarmut in Deutschland. Dafür führen wir das Kindergeld, den Kinderzuschlag, den Kinder-Regelsatz nach SGB II und SGB XII sowie Teile des Bildung- und Teilhabepaketes zusammen und bündeln sie in der Kindergrundsicherung. 
  • Bedarfsgerechte Hilfe: Die Kindergrundsicherung besteht aus einem einkommensunabhängigen Kindergarantiebetrag für alle Kinder und Jugendlichen und einem Kinderzusatzbetrag. Der Kinderzusatzbetrag richtet sich an armutsgefährdete Kinder und ist nach dem Einkommen von Eltern und Kindern und dem Alter der Kinder gestaffelt. Wer weniger hat, wird zielgenau mehr bekommen. Unter anderem holen wir so fast zwei Millionen Kinder aus dem Bürgergeld in die Mitte der Gesellschaft
  • Geringeres Armutsrisiko: Die Kindergrundsicherung soll zuverlässig das Existenzminimum von Kindern abdecken. Sie wirkt gegen die seit Jahrzehnten verfestigte Kinderarmut und bekämpft insbesondere die verdeckte Armut in Deutschland. 
  • Automatische Anpassung: Der Kindergarantiebetrag bleibt in Zukunft für alle Kinder gleich und wird automatisch für alle Kinder entsprechend der Preisentwicklung angehoben.
  • Unterstützung, die ankommt: Die Kindergrundsicherung soll alle Kinder und Jugendlichen tatsächlich erreichen. Um den Zugang zur Kindergrundsicherung so einfach und niedrigschwellig wie möglich zu machen, nutzen wir auch die Möglichkeiten der Digitalisierung. Mit dem "Kindergrundsicherungs-Check" ermittelt der für die Kindergrundsicherung zuständige Familienservice datenschutzkonform, ob eine Familie möglicherweise Anspruch auf den Kinderzusatzbetrag hat - und informiert gezielt und proaktiv die Eltern. Aus einer Holschuld der Bürgerinnen und Bürger machen wir so eine Bringschuld des Staates. Über ein digitales Portal können die Eltern dann einfach und ohne Gang auf das Amt den Antrag stellen. Für die Bearbeitung des Antrags kann der Familienservice Daten, die anderen Behörden vorliegen, abrufen.
  • Gerechte Ausgestaltung: Mit der Kindergrundsicherung wollen wir die Lücke zwischen Kindergeld und dem höheren steuerlichem Freibetrag nach und nach schließen. Den Grundstein dafür haben wir mit der Erhöhung des Kindergelds seit Januar 2023 auf 250 Euro für alle Kinder bereits gelegt.
  • Erwerbstätigkeit der Familie: Wer mehr eigenes Einkommen hat, braucht weniger staatliche Unterstützung. Die Kindergrundsicherung wird deshalb mit zunehmenden Einkommen aus eigener Erwerbstätigkeit langsam gemindert. So baut die Kindergrundsicherung eine Brücke aus dem Bezug von staatlicher Unterstützung und fördert die Aufnahme von Erwerbstätigkeit.

Wie viele Kinder werden von der Kindergrundsicherung profitieren?

Insgesamt 5,6 Millionen Kinder werden den Kinderzusatzbetrag der Kindergrundsicherung in Anspruch nehmen können. Die Zahl der armutsgefährdeten Kinder in Deutschland wird oft mit ca. 2,9 Millionen angegeben. Dabei handelt es sich jedoch nur um minderjährige Kinder. Der Kinderzusatzbetrag richtet sich aber auch an kindergeldberechtigte Kinder zwischen 18 und 24 Jahren, die bei ihren Eltern leben. Zu den 2,9 Millionen armutsgefährdeten Kindern kommen daher noch etwa 0,8 Millionen kindergeldberechtigte junge Erwachsene hinzu. 1,9 Millionen Kinder befinden sich im Bürgergeldbezug.

Dazu kommen Kinder aus Familien mit sehr geringen Einkommen. Diese Familien benötigen ebenfalls finanzielle Unterstützung durch den Kinderzusatzbetrag, auch wenn sie ihr eigenes und Teile des Existenzminimums ihres Kindes bereits aus eigener Kraft sichern können. Sie haben keinen Anspruch auf das Bürgergeld, sind jedoch aufgrund der aktuellen hohen Preissteigerungen oder wenn plötzlich hohe Kosten für Schulmaterialien oder Klassenfahrten anfallen, in einer finanziellen Notlage.

Deshalb verringert sich der Kinderzusatzbetrag mit steigendem Einkommen behutsam. Gleichzeitig fördert die behutsame Abschmelzung die Erwerbsarbeit, denn bei 100 Euro höherem Erwerbseinkommen verringert sich der Kinderzusatzbetrag nur um 45 Euro. Von 100 Euro Mehrverdienst bleiben der Familie also 55 Euro übrig. Nur dadurch lohnt es sich, mehr zu arbeiten. Würde der Kinderzusatzbetrag an einer bestimmten Einkommenshöhe - zum Beispiel der Armutsrisikogrenze - abrupt wegfallen, hätte die Familie keinen Anreiz, mehr zu arbeiten. Diese so genannten Abbruchkanten müssen wegen ihrer stark negativen Arbeitsanreize vermieden werden. Deshalb fällt der Kinderzusatzbetrag an der Armutsrisikogrenze nicht weg, sondern läuft gleichmäßig aus und erreicht somit auch Kinder kurz oberhalb der Armutsrisikogrenze.

Wie funktioniert die Kindergrundsicherung genau?

Zukünftig ist die Kindergrundsicherung die eine zentrale Leistung für alle Kinder. Bestehende Leistungen für Kinder, wie das Kindergeld, der Regelbedarf für Kinder gemäß SGB II und SGB XII, der Kinderzuschlag und Teile des Bildungs- und Teilhabepaketes werden zur Kindergrundsicherung zusammengefasst.

Für alle Kinder gibt es zukünftig den Kindergarantiebetrag. Er löst das jetzige Kindergeld ab.

Zusätzlich gibt es für Familien mit wenig oder keinem Einkommen den Kinderzusatzbetrag. Er ist einkommensabhängig, das heißt, wer weniger hat, wird stärker unterstützt.

Beide Teile - Kindergarantiebetrag und Kinderzusatzbetrag - bilden zusammen die Kindergrundsicherung, die das Existenzminimum des Kindes abdeckt.

Die Kindergrundsicherung wird vom neuen Familienservice, der vormaligen Familienkasse, ausgezahlt. Sie ist der Ansprechpartner für alle Familien.

Alle Kinder, die den Kinderzusatzbetrag erhalten, haben einen Anspruch auf Leistungen des Bildungs- und Teilhabepaketes. Das Schulstarterpaket wird automatisch ausgezahlt. Um Bildungs- und Teilhabechancen von Kindern und Jugendlichen zu verbessern, wird der Zugang zum Teilhabebetrag von 15 Euro zum Beispiel für Musikschule oder Sportverein vereinfacht und unbürokratischer ausgestaltet, indem Nachweise für die Leistungen auch nachträglich vorgelegt werden können. Zusätzlich wird in den kommenden Jahren ein eigenes digitales Kinderchancenportal aufgebaut.

II. Berechnung und Höhe der Kindergrundsicherung

Was wird an der Bestimmung des Existenzminimums konkret geändert? Wie leiten sich die Zahlen her?

Zur Sicherung des Existenzminimums von Kindern durch Leistungen der Grundsicherung werden in regelmäßigen Abständen Regelbedarfe von Kindern, differenziert nach Altersgruppen, festgelegt. Grundlegend ist die alle fünf Jahre vom Statistischen Bundesamt erhobene Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS). Regelbedarfe der Kinder ergeben sich aus den Haushaltsausgaben von Paarfamilien mit einem Kind. Teile der Haushaltsausgaben dieser Haushalte werden dem Kind mittels Verteilungsschlüsseln zugerechnet.

Neudefinition des Existenzminimums

Die Verteilungsschlüssel der Abteilungen 4 ("Wohnungsinstandhaltung") und 5 ("Innenausstattung, Haushaltsgeräte und -gegenstände, laufende Haushaltsführung") sollen verändert werden. Denn aktuell werden in einigen Gütergruppen die Ausgaben nach dem Wohnflächenschlüssel verteilt. Das heißt, einem Kind wird der Anteil zugesprochen, den die Größe des Kinderzimmers an der gesamten Wohnung entspricht: Der Wohnflächenschlüssel wird auf Ausgaben für Strom und Instandhaltung der Wohnung sowie auf Möbel und Textilien angewandt. Kinder nutzen aber auch beispielsweise Möbel außerhalb ihres Zimmers.

An dieser Stelle setzt die Neudefinition des Existenzminimums an. Der Wohnflächenschlüssel wird durch eine Pro-Kopf-Verteilung ersetzt. Dadurch ergeben sich höhere Regelbedarfe für die Kinder. Die genaue Höhe wird in einer Sonderauswertung des Statistischen Bundesamts ermittelt.

Der bisher befristete Sofortzuschlag in Höhe von 20 Euro wird mit der Regelbedarfserhöhung verrechnet werden. Die Änderung an der Leistungshöhe ergibt sich daher aus der Regelbedarfserhöhung abzüglich des Sofortzuschlags.

Bekommen einkommensschwache Familien mit der Kindergrundsicherung auch mehr Geld - oder ist es nur eine Vereinfachung der Antragsstellung, weil die Leistungen jetzt zusammengelegt werden?

Die Kindergrundsicherung will beides - Antragsvereinfachung und mehr Leistung. Mit der Neuberechnung des Existenzminimums des Kindes legen wir den Grundstein für Verbesserungen in der Leistungshöhe, der bisherige Sofortzuschlag geht in der Neuberechnung auf. Weil Kinder, die vorher entweder Bürgergeld oder Kinderzuschlag bezogen haben, in der Kindergrundsicherung zusammengefasst werden, gibt es Leistungsverbesserungen für einige Altersgruppen; bei anderen bleibt es aufgrund der neuen Systematik gleich. Der Leistungsbezug wird immer auf dem jeweils höheren Niveau vereinheitlicht und das soziokulturelle Existenzminimum in geringen Teilen angepasst. Das ist gerecht und auch verfassungsmäßig geboten.  

Die Vereinheitlichung des Leistungsniveaus der zusammengelegten Leistungen führt für einige Kinder aus Familien mit kleinen oder ohne Einkommen zu Verbesserungen:

  • Dadurch erhöhen sich die Regelbedarfe eines fünfjährigen Kindes, das bislang Bürgergeld bezieht, voraussichtlich um mindestens 28 Euro im Monat.
  • Ein 14-jähriger Jugendlicher, der bislang den Kinderzuschlag bekommt, wird voraussichtlich 60 Euro mehr im Monat bekommen als bisher.

Außerdem soll die Kindergrundsicherung möglichst alle Familien und Kinder mit Bedarf und Anspruch auf Unterstützung erreichen. Bislang nehmen viele Berechtigte ihre Ansprüche nicht wahr.

Wie hoch fällt die Kindergrundsicherung aus?

Die genaue Höhe der Kindergrundsicherung im Jahr 2025 lässt sich heute noch nicht exakt vorhersagen. Sie hängt unter anderem von der Preis- und Einkommensentwicklung ab und von der Sonderauswertung des Statistischen Bundesamts zur Neudefinition des Existenzminimums von Kindern. Schreibt man die heutigen Werte beispielsweise mit 15 Prozent fort, können die Kinder je nach Altersstufe ab 2025 wahrscheinlich bis zu 530 Euro (0 bis 5 Jahre), 555 Euro (6 bis 13 Jahre) beziehungsweise 636 Euro (14 bis 17 Jahre) erhalten.

Erläuterung zur Berechnung dieser erwarteten Beträge für 2025:
Die Regelbedarfe werden je nach Altersstufe um mindestens 28 Euro, 20 Euro beziehungsweise 20 Euro erhöht. Der sich daraus ergebende Betrag wird mit 15 Prozent fortgeschrieben. Dies umfasst die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales angekündigte Regelbedarfserhöhung von 12 Prozent für 2024, sowie eine erwartete Regelbedarfserhöhung 2024 auf 2025 von drei Prozent (konservativ geschätzt). Hinzu kommt die Wohnkostenpauschale. Auch sie wird sich bis 2025 erhöhen; steigt die Pauschale ausgehend vom Basisjahr 2023 um zehn Prozent, beträgt sie im Jahr 2025 132 Euro. Die Annahme dieser zehnprozentigen Steigerung ist plausibel, weil die Miet- und Heizkosten derzeit stärker als üblich steigen, aber in der Regel weniger als die Regelbedarfe. Die Summe aus erhöhten und fortgeschriebenen Regelbedarfen und der fortgeschriebenen Wohnkostenpauschale ergibt die genannten Beträge von 530 bis 636 Euro, je nach Altersstufe.

Kann es passieren, dass es mit der Einführung der Kindergrundsicherung auch Familien und Kinder gibt, die weniger Leistungen erhalten als vorher?

Das wäre die Ausnahme. Mit der Kindergrundsicherung unterstützen wir gezielt diejenigen, die mehr Hilfe benötigen und legen das Fundament für künftige Leistungsverbesserungen. Nur in sehr wenigen Fallkonstellationen erhalten Familien etwas weniger Leistungen. Das sind beispielsweise die Alleinerziehenden, die bisher Kinderzuschlag bezogen haben, deren Kinder aber sehr hohen Unterhalt vom anderen Elternteil erhalten. Durch die gestaffelte Anrechnung des Kindesunterhalts - bis hin zu 75 Prozent - kann es hier zu geringen Verschlechterungen kommen.

Ist es nicht eine Ungleichbehandlung, wenn die Kindergrundsicherung allen Familien zugutekommt, auch den einkommensstarken Familien? 

Mit der Kindergrundsicherung bekämpfen wir die Kinderarmut in Deutschland gezielt und effektiv. Gleichzeitig wollen wir sicherstellen, dass die Leistung auch wirklich bei den Kindern ankommt. Dabei haben wir besonders diejenigen im Blick, die finanzielle Unterstützung für ihre Kinder brauchen. Die Ausgestaltung des Kinderzusatzbetrags ist daher vor allem nach den Bedürfnissen dieser Familien ausgerichtet.

Gleichzeitig wollen wir mit der Kindergrundsicherung aber auch einen gerechten Familienlastenausgleich schaffen, der alle Familien fördert. Deshalb haben wir im Koalitionsvertrag verankert, dass der Kindergarantiebetrag der Kindergrundsicherung perspektivisch die maximale Steuerentlastung durch den Kinderfreibetrag abbilden soll. Einen ersten großen Schritt dahin haben wir bereits zum 1. Januar 2023 mit der Anhebung des Kindergeldes auf 250 Euro für jedes Kind getan. So wollen wir nach und nach Familien mit mittleren und hohen Einkommen gleichstellen.

Es gibt sehr viele verschiedene Familienleistungen. Warum werden nur so wenige in der Kindergrundsicherung zusammengefasst?

Die Kindergrundsicherung fasst die Leistungen zusammen, die aktuell die Existenzsicherung des Kindes sicherstellen sollen und Familien finanziell fördern (Kindergeld, Kinderzuschlag, SGB II und SGB XII-Leistung für Kinder, Teile des Bildung- und Teilhabepaketes). Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl von verschiedenen familienpolitischen Leistungen - vom Elterngeld über die beitragsfreie Mitversicherung des Ehepartners in der Krankenversicherung bis hin zur Kindertagesbetreuung. Diese Leistungen und Angebote haben andere Ziele und Wirkungen. Daher können sie nicht zur Existenzsicherung des Kindes in einer Kindergrundsicherung zusammengefasst werden.

Wie wird sichergestellt, dass das Geld auch wirklich den Kindern zugutekommt?

Jedes Kind hat ein Recht darauf, in sozialer Sicherheit aufzuwachsen. Die Kindergrundsicherung sichert das Existenzminimum des Kindes, wenn Familien dies mit ihrem Einkommen aus eigener Kraft nicht schaffen. Das heißt, wir konzentrieren uns auf die Familien, die am meisten Unterstützung brauchen. Das ist unser Sozialstaatsprinzip. Dabei gehen wir davon aus, dass alle Eltern das Beste für ihre Kinder wollen und alles tun, damit es ihren Kindern gut geht. Dass Eltern das Geld, das für ihre Kinder bestimmt ist, für sich selbst ausgeben, ist ein Vorurteil. Es ist wissenschaftlich belegt, dass Eltern eher bei sich selbst sparen, um ihren Kindern etwas zu ermöglichen. Gerade in einkommensarmen Haushalten kommt zusätzliches Geld direkt bei den Kindern an und fließt insbesondere in die Bereiche Bildung und soziale Teilhabe der Kinder. Dies belegt eine aktuelle quantitative Untersuchung der Bertelsmann Stiftung.

III. Antrag und Auszahlung der Kindergrundsicherung

Kommt die Kindergrundsicherung jetzt "automatisch" zu mir? 

Für den Kindergarantiebetrag und den Kinderzusatzbetrag müssen jeweils Anträge gestellt werden, da beide Leistungen das Existenzminimum des Kindes sichern sollen. Damit die Höhe der Leistung im Einzelfall und bedarfsgerecht berechnet werden kann, ist die Abfrage von Informationen nötig, die bei Behörden nicht erfasst sind und daher nicht automatisch verarbeitet werden können. Das sind insbesondere die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Kindesunterhaltszahlungen. Diese sind in der Regel nur den Familien bekannt, da beispielsweise Mietverträge und Kontoauszüge der Verwaltung nicht vorliegen.

Beim Antrag auf Kinderzusatzbetrag und im Kindergrundsicherungs-Check kommen jedoch automatisierte Verfahren zum Einsatz, die den Weg zur Leistung erleichtern.

Ich bin unsicher, ob sich ein Antrag auf Kinderzusatzbetrag für mein Kind lohnen würde. Wie kann mir der neue "Kindergrundsicherungs-Check" helfen? 

Mit dem "Kindergrundsicherungs-Check" prüft der Familienservice, ob Familien Anspruch auf den Kinderzusatzbetrag haben könnten. Ist das der Fall, informiert der Familienservice proaktiv die Eltern und bietet an, sie zu beraten. Der Familienservice kann dafür eine Vorprüfung der Einkommenssituation und Bedarfe der Familiengemeinschaft vornehmen anhand der Daten, die digital vorliegen. Voraussetzung ist, dass die Familien dies ausdrücklich wünschen. Dieses Angebot sollen alle künftigen Kindergarantiebetragbeziehenden erhalten. Neuen Eltern wird der Check zudem im Antrag auf den Kindergarantiebetrag angeboten

Damit die Einkommensdaten datenschutzkonform abgerufen und richtig zugeordnet werden können, ist die Einwilligung aller Personen erforderlich, die zur Familienbedarfsgemeinschaft gehören.

Bei dem Check handelt es sich um ein Beratungsangebot. Er kann nicht die detaillierte Prüfung ersetzen, die bei einem Antrag notwendig ist. Der Check soll schnell und für die Bürgerinnen und Bürger einfach sein. Er wird deshalb aber nicht hundertprozentig genau sein können. Dies liegt unter anderem an folgenden Umständen:

  • Die für eine konkrete Berechnung erforderlichen Daten liegen nur teilweise digital vor. Es können aber nur solche Daten genutzt werden, die digital und abrufbar vorliegen.
  • Manche Einkommensdaten liegen zwar digital und in abrufbarer Form vor, sind aber nicht aktuell.
  • Dem Ergebnis des Checks liegt zudem stets die Annahme zugrunde, dass die Einkommens- und Bedarfsentwicklung bis zur Antragstellung unverändert bleibt. Für die konkrete Berechnung im Antragsverfahren müssen aber die aktuellen Daten aus dem gesetzlich festgelegten Bemessungszeitraum zugrunde gelegt werden. Daher können die bereits abgerufenen Daten aus dem Check nicht in den Antrag überführt werden.
  • Untypische Ereignisse bei der Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben der Familiengemeinschaft können sich erheblich auf den Antrag auswirken, jedoch im Kindergrundsicherungs-Check nicht antizipiert werden.

Mithilfe von statistischen Annahmen soll der Check eine Aussage darüber treffen, ob ein Anspruch auf den Kinderzusatzbetrag bestehen könnte oder nicht. So sollen Bürgerinnen und Bürger, bei denen ein Anspruch auf den Kinderzusatzbetrag mit hoher Wahrscheinlichkeit vorliegt, dazu bewegt werden, den Antrag zu stellen. Der genaue Anspruch kann dann nur im Antragsverfahren ermittelt werden.

Wird der Antrag auf Kinderzusatzbetrag einfach und digital? 

Ja. Das digitale Antragssystem wird mit verständlicher Sprache, Hilfestellungen und automatischer Fehlererkennung Eltern gezielt und zeitsparend beim Ausfüllen des Antragsformulars unterstützen.

Die Kindergrundsicherung wird papierlos beantragt werden können. Wenn Eltern künftig einen Antrag auf Kinderzusatzbetrag stellen, sollen darüber hinaus diejenigen Daten, die bereits digital abrufbar vorliegen, auch automatisiert abgerufen werden, soweit dies technisch bereits möglich ist. Der rechtliche Rahmen dafür soll durch das Kindergrundsicherungs-Gesetz geschaffen werden. Das Gesetz wird also von Anfang an zukunftsoffen gestaltet, so dass weitere automatische Datenabrufe genutzt werden können, sobald die technischen Voraussetzungen geschaffen wurden.

Entlastung bei der Antragsstellung

Soweit die Daten abgerufen werden können, müssen Nachweise nicht mehr zusammengesucht und eingescannt oder Einkommensdaten einzeln eingegeben werden. Das bedeutet beispielsweise bei vielen Einkommensnachweisen nicht nur eine spürbare Entlastung für die Antragstellenden, sondern kann auch zu einer schnelleren Bearbeitung durch den Familienservice beitragen. Aber auch dort, wo der automatische Abruf noch nicht möglich ist, sollen einfache technische Lösungen (wie das Abfotografieren von Nachweisen) eingeführt werden.

IV. Staatliche Unterstützungsleistungen bündeln

Was passiert mit dem Bildungs- und Teilhabepaket? Wird es verrechnet?

Um Bildungs- und Teilhabechancen von Kindern und Jugendlichen zu verbessern, wird der Zugang zum Teilhabebetrag von 15 Euro zum Beispiel für Musikschule oder Sportverein vereinfacht und unbürokratischer ausgestaltet, indem Nachweise für die Leistungen auch nachträglich vorgelegt werden können. Das Schulstarterpaket wird automatisch ausgezahlt. Zusätzlich wird in den kommenden Jahren ein eigenes digitales Kinderchancenportal aufgebaut.

Die nicht pauschalierbaren Teile des Bildungs- und Teilhabepakets wie zum Beispiel die Kosten für Schulessen, Klassenfahrten oder Nachhilfestunden werden wie bisher zusätzlich auf Antrag erhältlich sein.

Wie wirkt sich die Kindergrundsicherung auf den steuerlichen Kinderfreibetrag und den Kindergarantiebetrag aus?

Die Kindergrundsicherung soll gerecht ausgestaltet sein. Der Kinderfreibetrag stellt steuerlich das Existenzminimum des Kindes frei. Wir streben an, dass der Kindergarantiebetrag der Kindergrundsicherung perspektivisch der maximalen Entlastungswirkung des steuerlichen Kinderfreibetrags entspricht. Mit der Anhebung des Kindergeldes ab 1. Januar 2023 auf einheitlich 250 Euro für alle Kinder ist bereits ein erster wichtiger Schritt in diese Richtung erfolgt.

Die Erhöhung des Kindergeldes und des Kinderfreibetrages in der Lohn- und Einkommenssteuer, von denen alle Familien profitieren, wird in Umsetzung der nächsten Berichte zum Existenzminimum beziehungsweise der Steuerprogression erfolgen.

Wird das Kindergeld auf die Kindergrundsicherung angerechnet?

Mit der Kindergrundsicherung sichern wir das Existenzminimum der Kinder. Die Kindergrundsicherung besteht aus zwei Teilen, dem Garantie- und dem Zusatzbetrag. Sie bedingen sich in ihrer Höhe gegenseitig. Wenn der Garantiebetrag größer ausfällt, kann der Zusatzbetrag entsprechend kleiner ausfallen. Das Existenzminimum bleibt gesichert.

Wie verhält sich die Kindergrundsicherung zu Leistungen wie dem Bürgergeld, dem Wohngeld und der Ausbildungsförderung?

Die Kindergrundsicherung soll eine einfache, unbürokratische und bürgernahe Leistung sein. Deshalb haben wir die Schnittstellen zu anderen Leistungen wie dem Bürgergeld, dem Wohngeld oder dem BAföG, aber auch zu Unterhaltsleistungen und Unterhaltsvorschuss möglichst bruchlos und vor allem ohne Verschlechterungen im Vergleich zur aktuellen Rechtslage ausgestaltet.

Verhältnis zum Bürgergeld:
Alle Kinder - auch die rund 1,9 Millionen, die aktuell Bürgergeld beziehen - haben zukünftig einen Anspruch auf die Kindergrundsicherung. Das stellt einen zentralen Systemwechsel dar. Die Kindergrundsicherung deckt grundsätzlich das Existenzminimum der Kinder ab. Bei erhöhten individuellen Bedarfen greift weiterhin das Bürgergeld, zum Beispiel, wenn die Familie durch unvorhergesehene notwendige Ausgaben für das Kind oder Einkommensschwankungen das Existenzminimum nicht zuverlässig absichern kann. Gleichzeitig werden aufwändige und kostenintensive Doppelstrukturen vermieden, da Familien nicht zwei Anträge stellen müssen.

Verhältnis zum Wohngeld:
Wohngeld kann (wie bisher beim Kinderzuschlag) neben dem Kinderzusatzbetrag der Kindergrundsicherung bezogen werden.

Verhältnis zur Ausbildungsförderung:
Leistungen zur Ausbildungsförderung nach dem BAföG sind vorrangig zum Kinderzusatzbetrag der Kindergrundsicherung in Anspruch zu nehmen.
Der Kindergarantiebetrag besteht weiterhin elternunabhängig neben der Ausbildungsförderung nach dem BAföG. Er wird weder leistungsmindernd als Einkommen von Eltern noch leistungsmindernd als Einkommen des Kindes berücksichtigt. Es steht dem Kind somit bei einer BAföG-Förderung als elternunabhängige Leistung zusätzlich zur Verfügung.

Wie wird Bedürftigkeit künftig festgestellt? Bedeutet eine leichtere und unbürokratische Kindergrundsicherung, dass Ansprüche nicht mehr nachgewiesen und geprüft werden müssen?

Die Kindergrundsicherung besteht aus einem gleich hohen Kindergarantiebetrag für alle Kinder und einem einkommensabhängigen Kinderzusatzbetrag für Kinder aus einkommensschwachen oder einkommenslosen Familien. Wer weniger hat, soll zielgenau mehr bekommen: Der Kinderzusatzbetrag wird auf Antrag nach einer Prüfung durch den Familienservice gewährt.

Damit möglichst alle Familien, die Anspruch haben, den Kinderzusatzbetrag auch bekommen, vereinfachen wir den Zugang. Mit dem "Kindergrundsicherungs-Check" ermittelt der Familienservice datenschutzkonform anhand vorliegender Daten zum Einkommen, ob Anspruch auf den Kinderzusatzbetrag bestehen könnte und informiert gezielt und proaktiv die Familien. Den Antrag für den Kinderzusatzbetrag können die Familien dann einfach und niedrigschwellig online stellen.

Auch der Austausch von Daten zwischen den beteiligten Behörden soll das Antragsverfahren unbürokratischer machen. Somit müssen weniger Nachweise eingereicht und weniger Daten selbst angegeben werden. Dieser Datenaustausch wird weiter ausgebaut. Einige Informationen, die nur die Familien kennen, wie zum Beispiel Wohnkosten oder ob Kindesunterhalt gezahlt wird, werden weiterhin im Kindergrundsicherungsantrag abgefragt.

Schafft die Kindergrundsicherung nicht weitere Anreize für dauerhafte Transferbezüge? Arbeiten die Eltern vielleicht weniger oder gar nicht, weil sie Unterstützung durch den Staat erhalten?

Entscheidend für das Armutsrisiko einer Familie ist, ob die Eltern einer Arbeit nachgehen. Die Kindergrundsicherung fördert daher die Erwerbstätigkeit. Der einkommensabhängige Kinderzusatzbetrag wird mit zunehmendem Einkommen aus Erwerbstätigkeit zwar gemindert, aber nur so weit, dass zusätzliches Einkommen bleibt. Wer arbeitet, hat am Ende immer mehr Geld im Portemonnaie als Familien, in denen nicht oder weniger gearbeitet wird. So stärkt die Kindergrundsicherung Erwerbsanreize.

Eine Paarfamilie mit zwei kleinen Kindern (Facharbeiter und Zahntechnische Assistentin):


Elternteil 1nicht erwerbstätig100 Prozent erwerbstätig90 Prozent erwerbstätig100 Prozent erwerbstätig
Elternteil 2nicht erwerbstätignicht erwerbstätig30 Prozent erwerbstätig50 Prozent erwerbstätig
Bruttoeinkommen0 Eurocirca 2.500 Eurocirca 3.000 Eurocirca 4.000 Euro
Teilhabebetrag30 Euro30 Euro30 Euro30 Euro
Kindergrundsicherung(Kindergarantie-und Kinderzusatzbetrag)1.060 Euro (275 Euro Zusatzbetrag pro Kind)1.122 Euro (306 Euro Zusatzbetrag pro Kind)1.122 Euro (306 Euro Zusatzbetrag pro Kind)891 Euro (191 Euro Zusatzbetrag pro Kind)
verfügbaresEinkommen2.786 Euroca. 3.687 Euro(901 Euro mehr)ca. 4.093 Euro (1.307 Euro mehr)ca. 4.194 Euro (1.408 Euro mehr)

Anmerkung: Die Angaben enthalten fortgeschriebene Werte (Regelbedarfe 2023 mit 15 Prozent, Wohnkostenpauschale mit 10 Prozent, den Kindergarantiebetrag auf 255 Euro monatlich fortgeschrieben; Steuertarif 2024, Wohngeld 2023 verwendet). Zum Zeitpunkt der Einführung der Kindergrundsicherung können die Beträge abweichen.

Eine Paarfamilie mit zwei Kindern hat rund 900 Euro mehr, wenn ein Elternteil in Vollzeit als Fachverkäufer arbeitet, als wenn kein Elternteil erwerbstätig ist. Wenn das zweite Elternteil zusätzlich mit halber Stelle tätig ist, hat die Familie rund 1400 Euro mehr zur Verfügung. Aus Befragungen wissen wir: 80 Prozent der nicht-erwerbstätigen Mütter und 65 Prozent der nicht-erwerbstätigen Väter in Familien mit kleinen Einkommen würden gerne wieder arbeiten. Die Kindergrundsicherung unterstützt die Erwerbstätigkeit, indem sie nicht nur Familien ohne Einkommen, sondern auch Familien mit kleinen Einkommen fördert. 

Die Bundesregierung hat die Transferleistungen gerade erst erheblich aufgestockt - Kindergeld und Kinderzuschlag. Warum reicht das nicht?

Viele Menschen spüren die stark gestiegenen Lebenshaltungskosten. Insbesondere für Familien mit kleinen Einkommen ist das ein großes Problem. Deshalb haben wir das Kindergeld und den Kinderzuschlag für 2023 und 2024 angehoben. Das waren notwendige und für viele Familien sehr wichtige Erleichterungen. Die Anhebung des Kindergeldes auf einen einheitlichen Betrag von 250 Euro war ein erster wichtiger Schritt hin zur Kindergrundsicherung.

Mit der Kindergrundsicherung will die Bundesregierung strukturelle Verbesserungen erzielen. Durch das neu berechnete Existenzminimum  will die Bundesregierung Armutsrisiken verringern und größere Entwicklungs- und Teilhabechancen für Kinder und Jugendliche schaffen. Verdeckte Armut bekämpfen die Bundesregierun, indem sie die Kindergrundsicherung so gestalten, dass sie möglichst viele Familien erreicht, die Anspruch auf Unterstützung haben. Aktuell nehmen viele Familien ihren Anspruch nicht wahr, weil sie nichts davon wissen oder die Antragstellung zu kompliziert ist. Die Kindergrundsicherung bietet aber nicht nur passgenaue Unterstützung - sie setzt auch Erwerbsanreize für die Eltern.

Warum werden staatliche Unterstützungsleistungen nicht abgerufen?

Viele anspruchsberechtigte Familien beziehen derzeit die ihnen zustehenden Leistungen nicht. Beispiel Kinderzuschlag: Nur schätzungsweise 35 Prozent der Familien, die Anspruch haben, erhalten die Leistung von bis zu 250 Euro im Monat auch tatsächlich. Auch der Teilhabebetrag aus dem Bildungs- und Teilhabepaket ist oft nicht bekannt und wird wenig in Anspruch genommen. Die Gründe dafür sind vielfältig: Familien können zum Beispiel mit den komplizierten Antragsverfahren bei unterschiedlichen Behörden überfordert sein. Auch haben viele Eltern Angst vor Stigmatisierung und Ausgrenzung, wenn sie Sozialleistungen beziehen. Manche Familien wissen auch nicht oder können sich nicht vorstellen, dass ihnen bestimmte Sozialleistungen zustehen.

Damit die Leistungen dort ankommen, wo sie benötigt werden, benötigen wir unterschiedliche Instrumente. Eine öffentliche Kampagne und Informations- und Beratungsangebote sollen die Kindergrundsicherung bekannt machen. Daneben helfen einfache, niedrigschwellige Zugänge zur Leistung, die Inanspruchnahme zu verbessern. Wie beim Kinderzuschlag: Seit Anfang 2020 erleichtert der Online-Assistent "KiZ-Digital" die Antragsstellung. Auch mit "KiZ-Lotsen" können Familien bereits jetzt unkompliziert prüfen, ob für sie ein Anspruch auf Kinderzuschlag bestehen könnte.

V. Übergang zur Kindergrundsicherung

Was verbessert sich für Jugendliche und junge Erwachsene ganz konkret?

Besonders Jugendliche und junge Erwachsene, die bisher den Kinderzuschlag beziehen, profitieren von der Kindergrundsicherung. Durch die Zusammenführung von Bürgergeld und Kinderzuschlag ergeben sich für diese Gruppe der 14- bis 24-jährigen deutliche Verbesserungen, da sie im Kinderzuschlag aktuell wie alle Altersgruppen einen Durchschnittsbetrag erhalten, die Kindergrundsicherung aber zukünftig altersgestaffelt wird.

  • Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren, die vormals Kinderzuschlag erhalten haben, bekommen zukünftig mit der Kindergrundsicherung voraussichtlich 60 Euro mehr.
  • Junge Erwachsene zwischen 18 und 24 Jahren, die vormals Kinderzuschlag erhalten haben, bekommen zukünftig mit der Kindergrundsicherung voraussichtlich 42 Euro mehr.

Zusätzlich stärken wir mit der Kindergrundsicherung die Rechtsposition der jungen Erwachsenen: Für Volljährige soll es zukünftig einen eigenen Auszahlungsanspruch für den neuen Kindergarantiebetrag geben.

Welche weiteren großen sozialpolitischen Vorhaben plant die Bundesregierung - neben der Verbesserung der finanziellen Situation einkommensschwacher Familien durch die Kindergrundsicherung -, um Kindern und Jugendlichen ein gutes Aufwachsen zu ermöglichen?

Geldleistungen alleine beseitigen Armut nicht dauerhaft, sind aber bei der Bekämpfung von Kinderarmut von großer Bedeutung. Die Kindergrundsicherung wird deshalb in ein Netz verschiedener infrastruktureller Maßnahmen eingebettet. Zu nennen sind hier unter anderem der im Jahr 2023 vom Bundeskabinett beschlossene Nationale Aktionsplan (NAP) "Neue Chancen für Kinder in Deutschland" mit rund 350 Maßnahmen von Bund, Ländern, Kommunen und zivilgesellschaftlichen Organisationen.

Welche Ressorts sind an der Umsetzung der Kindergrundsicherung beteiligt?

Zur Klärung der komplexen Fragen der Kindergrundsicherung haben wir Ende März 2022 eine interministerielle Arbeitsgruppe (IMA) mit insgesamt sieben Bundesministerien eingesetzt:

  • Bundesfinanzministerium (Schnittstelle Kindergeld, Steuern);
  • Bundesjustizministerium (Schnittstelle Unterhaltsrecht);
  • Bundesinnenministerium (Schnittstelle Digitales und Verfassungsrecht),
  • Bundesarbeitsministerium (Schnittstelle Bürgergeld, Leistungen für Bildung und Teilhabe);
  • Bundesbildungsministerium (Schnittstelle BAföG);
  • Bundesbauministerium (Schnittstelle Wohngeld).

Der Abschlussbericht der IMA Kindergrundsicherung wird voraussichtlich im Herbst 2023 erstellt.

Wie sieht der Zeitplan aus? Wann ist mit Start der Kindergrundsicherung zu rechnen?

Der Regierungsentwurf zur Einführung der Kindergrundsicherung wurde vom Bundeskabinett am 27. September 2023 beschlossen. Nun muss noch das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren durchlaufen werden.

Die Kindergrundsicherung soll 2025 erstmals ausgezahlt werden

Die Stellungnahme der Bundesagentur für Arbeit (BA) zur Kindergrundsicherung liegt dem Bundesfamilienministerium vor. Einige Punkte aus der Stellungnahme wurden bereits im Gesetzentwurf aufgegriffen - so etwa die beabsichtigte Auszahlung der Kindergrundsicherung direkt durch die BA (und nicht durch die Bundeskasse) sowie die vorläufige Beibehaltung der horizontalen Einkommensanrechnung. Die seit Monaten laufenden, konstruktiven Gespräche mit der Bundesagentur für Arbeit werden auf dieser Basis fortgesetzt mit dem Ziel, einer zügigen Beauftragung für die Umsetzung mit entsprechenden Fristen.

Für die Familien in Deutschland ist es wichtig, dass die Kindergrundsicherung kommt und sie sich auf die Leistungen der Kindergrundsicherung verlassen können. Deshalb hat Bundesfamilienministerin Lisa Paus bereits in der Vergangenheit wiederholt darauf hingewiesen, dass die grundlegenden Entscheidungen zur Kindergrundsicherung aufgrund der anspruchsvollen Umsetzungserfordernisse zügig erfolgen müssen. Vor diesem Hintergrund hat Lisa Paus bereits im Januar 2023 Eckpunkte für die Kindergrundsicherung vorgelegt.

Wie werden Kinder und Familien bis dahin unterstützt?

Es ist uns wichtig, Kinder und Familien auch bis zur Einführung der Kindergrundsicherung zu entlasten. Wir wollen daher schon vor der Auszahlung der Kindergrundsicherung spürbare Unterstützung leisten. Dazu haben wir bereits drei wichtige Maßnahmen auf den Weg gebracht:

  • Kinderbonus: Im Juli 2022 haben wir für jedes Kind, für das mindestens einen Monat Anspruch auf Kindergeld bestand, einmalig einen Kinderbonus in Höhe von 100 Euro ausgezahlt.
  • Kindersofortzuschlag: Seit Juli 2022 zahlen wir für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, die in Familien mit wenig oder keinem Einkommen groß werden, einen monatlichen Sofortzuschlag von 20 Euro. Davon profitieren rund 2,9 Millionen Kinder - auch geflüchtete oder asylsuchende Kinder.
  • Kindergeld und Kinderzuschlag: Seit 1. Januar 2023 haben wir das Kindergeld erhöht, so dass Eltern für jedes Kind 250 Euro pro Monat erhalten. Familien mit niedrigem Einkommen entlasten wir zusätzlich durch eine erneute Erhöhung des Kinderzuschlages auf einen Höchstbetrag von 250 Euro monatlich.

VI. Kosten, Verbesserungen, berechtigte Familien

Wie hoch sind die Kosten der Kindergrundsicherung?

Das Kindergeld und den Kinderzuschlag hat das Bundesfamilienministerium bereits erhöht und den Sofortzuschlag eingeführt. Diese Entlastungen besonders für Familien mit kleinen Einkommen sind ein Einstieg in die Kindergrundsicherung, die bereits Kosten verursachen. Ohne zusätzliches Geld geht es allerdings nicht. Von 2025 an plant das Bundesfamilienministerium in einem ersten Schritt rund 2,4 Milliarden Euro im Jahr für die Kindergrundsicherung ein. Zusätzlich kommt es darauf an, wie sich die Reichweitenausdehnung entwickelt, also wie viele Familien ihren Anspruch auf den Kinderzusatzbetrag auch wirklich wahrnehmen. Ein Ziel der Kindergrundsicherung ist, dass möglichst viele Berechtigte ihren Anspruch einlösen und die ihnen zustehenden Leistungen erhalten. Das bedeutet zusätzliche Kosten, die sich entsprechend der Inanspruchnahme der Leistung entwickeln. Bis 2028 werden voraussichtlich 6,3 Milliarden Euro im Jahr notwendig sein bei einer Inanspruchnahmequote von 80 Prozent.

Investition in Verbesserung der Lebensumstände von Kindern

Darüber hinaus hat die Bundesregierung bereits zum 1. Januar 2023 das Kindergeld für alle Kinder und den bisherigen Kinderzuschlag auf jeweils 250 Euro deutlich angehoben und so sieben Milliarden Euro für eine Verbesserung der Lebensumstände von Kindern investiert. Weitere automatische Erhöhungen des Kindergarantiebetrags werden folgen. Diese Kosten sind allerdings nicht Teil der Kosten der Kindergrundsicherung, da sie bereits vor deren Einführung im Jahr 2025 anfallen.

Die ursprüngliche Forderung von 12 Milliarden war richtig. Sie war immer auf der Basis einer Inanspruchnahme von 90 Prozent gerechnet. Das Bundesfamilienministerium hatte Empfehlungen aus Wissenschaft und Verbänden aufgegriffen und auf dieser Basis kalkuliert. Dagegen geht der Gesetzentwurf im Startjahr 2025 von einer Inanspruchnahme von 47 Prozent aus. Das erklärt bereits einen Großteil der Differenz zwischen den Zahlen. Der jetzige Finanzrahmen ist also weniger weit davon entfernt als auf den ersten Blick ersichtlich.

Um die ursprünglichen 12 Milliarden Euro mit dem aktuellen Gesetzentwurf zu vergleichen ist folgendes zu beachten: Die Berechnung einer fast vollen Inanspruchnahme (90 Prozent) der Kindergrundsicherung wie sie sich im Gesetzentwurf abbildet würde Kosten von 7,5 Milliarden Euro verursachen.

Hinzu kämen rund 1 Milliarde Euro für die Erhöhung des Kindergarantiebetrags auf 255 Euro, die nun nicht mehr in der Kindergrundsicherung abgebildet werden.

Außerdem hatte das Bundesfamilienministerium ursprünglich ca. 1,5 Milliarden Euro inflationsbedingte Anpassungskosten errechnet, die nun nicht mehr abgebildet sind im Gesetzentwurf, da es keine originären Kosten der Kindergrundsicherung sind.

Keinen Verhandlungserfolg konnte das Bundesfamilienministerium bei den verbleibenden zwei Milliarden Euro Differenz zu den 12 Milliarden Euro erzielen, die für eine verbesserte Anpassung des Existenzminimums sowie die pauschalierte Auszahlung des Bildung- und Teilhabepakets vorgesehen waren. Der wesentliche systematische Unterschied zum beschlossenen Finanzrahmen ist der Kindergarantiebetrag, der im neuen Finanzrahmen nunmehr nicht berücksichtigt ist, weil er rechtssystematisch im Einkommensteuergesetz geregelt wird (so wie bisher das Kindergeld auch).

Die Kosten für den Kindergarantiebetrag sind nicht in der Kindergrundsicherung enthalten. Warum nicht?

Die Kindergrundsicherung besteht aus dem Kindergarantiebetrag und dem Kinderzusatzbetrag. Der Garantiebetrag folgt dem Kindergeld nach. Das Kindergeld ist heute im Einkommensteuergesetz geregelt. Deshalb belassen wir den Kindergarantiebetrag im Einkommensteuerrecht. Er wird nicht im Kindergrundsicherungsgesetz geregelt und ist deshalb - anders als ursprünglich vorgesehen - auch nicht in den Kosten der Kindergrundsicherung enthalten. Die Kosten, die anfallen werden, werden bei Änderung des Einkommensteuergesetzes berücksichtigt.

Warum sind die Bürokratiekosten der Kindergrundsicherung so hoch?

Die Kosten der Verwaltung für die Administration der Kindergrundsicherung belaufen sich im Jahr 2025 auf 0,41 Milliarden Euro. Die Kosten für die einmalige, auch digitale Umstellung auf die Kindergrundsicherung in 2024 belaufen sich auf 0,071 Milliarden Euro. Vornehmlich sind davon Kosten für den Vollzug der Leistung beim Familienservice sowie für die notwendigen Maßnahmen zur Digitalisierung (digitales Antragsportal, Auf- und Ausbau von Schnittstellen, Kindergrundsicherungs-Check) umfasst.

Entsteht durch die Kindergrundsicherung zusätzliche Bürokratie und Doppelstrukturen?

Der Familienservice ist zukünftig die zentrale Anlaufstelle für Familien. Für sehr viele Familien, die die Kindergrundsicherung erhalten wird sie die einzige Anlaufstelle sein. Information, Beratung und Unterstützung von Kindern und Familien werden künftig noch stärker in den Vordergrund gerückt.

Gleichzeitig wird die Kindergrundsicherung weiterhin Schnittstellen zu anderen Leistungen haben. Zum Beispiel besteht dann, wenn die Eltern für ihre eigene Existenzsicherung im Bürgergeld sind, eine Schnittstelle zwischen Kindergrundsicherung und Bürgergeld. Hier legen wir aber ein besonderes Augenmerk darauf, dass diese Schnittstelle so friktionsarm wie möglich ausgestaltet wird, damit für Familien im Bürgergeldbezug kein zusätzlicher bürokratischer Aufwand entsteht.

Dafür werden insbesondere auch die Möglichkeiten der Digitalisierung genutzt werden. Zum Beispiel werden digitale Schnittstellen auf- und weiter ausgebaut, damit Informations- und Datenaustausche besser gelingen. Zentrales Ziel ist: Für die Bürgerinnen und Bürger soll die Leistung "wie aus einer Hand" wirken.

Ist es nicht besser, das Geld in Bildung zu stecken?

Geldleistungen sind bei der Bekämpfung von Kinderarmut von großer Bedeutung und geben wenn nötig Sicherheit und Stabilität. Die Sicherung des Existenzminimums verbunden mit der Gewährleistung von sozialer Teilhabe ist verfassungsrechtliche Vorgabe und Grundlage unseres Sozialstaatsprinzip. Gleichzeitig ist zusätzliches Geld für die Bekämpfung von Kinderarmut eine Zukunftsinvestition. Das zeigt eine aktuelle Studie des DIW Berlin im Auftrag der Diakonie Deutschland. Denn frühzeitige Investition verbessern Bildungschancen, sichern soziale und ökonomische Chancen und verhindern so zukünftige gesamtgesellschaftliche Folgekosten, zum Beispiel durch erhöhte öffentliche Ausgaben für die Gesundheitsversorgung, höhere Auszahlungen in den sozialen Sicherungssystemen sowie fehlende Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt. Eine aktuelle OECD-Studie schätzt die gesellschaftlichen Gesamtkosten durch vergangene und aktuelle Kinderarmut in Deutschland auf jährlich etwa 3,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, dies sind über 100 Milliarden Euro. 

Investitionen in Kinder zahlen sich langfristig aus. Aber die Armutssituation lässt sich nicht allein mit Geld dauerhaft beseitigen. Familien brauchen beides. Deshalb nehmen wir daneben sowohl Sachleistungen als auch die Infrastruktur für Kinder und Jugendliche in den Blick, um ihre Situation umfassend zu verbessern.

Verbesserung in der Kindertagesbetreuung

Das KiTa-Qualitätsgesetz zur Verbesserung der Qualität und der Teilhabe in der Kindertagesbetreuung ist hier als Beispiel zu nennen, das in dieser Legislaturperiode in ein Qualitätsentwicklungsgesetz mit bundesweiten Standards für die Qualität der Kindertagesbetreuung überführt werden soll sowie der weitere Ausbau der Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter und das "Startchancen-Programm", das Schulen mit einem hohen Anteil sozial benachteiligter Schülerinnen und Schülern gezielt fördert.

Welche Verbesserungen für Alleinerziehende sieht der Gesetzentwurf vor?

Die Kindergrundsicherung soll alle Kinder absichern und ihnen gute Startchancen ermöglichen. Sie soll zielgenau bei den Familien, die mehr Unterstützung benötigen, ankommen. Das gilt insbesondere für Kinder von Alleinerziehenden, die überdurchschnittlich häufig von Armut bedroht sind. Mit der Kindergrundsicherung sorgen wir für eine spürbar bessere Unterstützung für Alleinerziehende.

Bisher gilt bei Alleinerziehenden im Bürgergeldbezug: Der Kindesunterhalt als Einkommen des Kindes wird voll auf die SGB II-Leistungen für das Kind angerechnet. Mit der Kindergrundsicherung werden die Unterhaltszahlungen für die Kinder künftig nur noch zu 45 Prozent statt wie zuvor vollumfänglich angerechnet. Bei besonders hohem Unterhalt greift bei der Anrechnungsquote eine Staffelung zwischen 45 und 75 Prozent. Auch beim Unterhaltsvorschuss gilt diese verbesserte Anrechnung, bis zum siebten Geburtstag des Kindes. Danach gilt die verbesserte Anrechnung weiter, sofern der alleinerziehende Elternteil ein Einkommen von mindestens 600 Euro hat.

Mit der Kindergrundsicherung ändert sich die Anrechnung von Unterhaltsleistungen

Deshalb profitieren von der Kindergrundsicherung insbesondere die Kinder von Alleinerziehenden und in Patchworkfamilien, die sich vormals im Bürgergeldbezug befunden haben.

Beispiel: Eine alleinerziehende Aushilfe im Einzelhandel in Hessen mit einem Sohn, neun Jahre. Die Mutter arbeitet auf Mindestlohnbasis. Sie verdient 520 Euro brutto im Monat. Sie erhält unterstützendes Bürgergeld und für ihren Sohn den Mindestunterhalt des Vaters. Mit der Kindergrundsicherung ändert sich die Anrechnung von Unterhaltsleistungen. Da der Mindestunterhalt nicht mehr vollständig, sondern nur zu 45 Prozent auf den Unterstützungsbedarf ihres Sohnes angerechnet wird, erhält die Alleinerziehende zukünftig 89 Euro Kinderzusatzbetrag und 468 Euro Unterhalt für ihren Sohn. Zudem erhält sie 255 Euro Kindergarantiebetrag, insgesamt also eine Kindergrundsicherung von 344 Euro monatlich. Auch den pauschalen Teilhabebetrag des Bildungs- und Teilhabepakets von 15 Euro nimmt ihr Sohn in Anspruch.

Insgesamt stehen der Alleinerziehenden und ihrem Sohn zukünftig rund 2.180 Euro monatlich zur Verfügung.

Anmerkung: Die Angaben enthalten fortgeschriebene Werte (Regelbedarfe 2023 mit 15 Prozent, Wohnkostenpauschale mit 10 Prozent, den Kindergarantiebetrag auf 255 Euro monatlich fortgeschrieben; sich daraus ergebende Erhöhungen beim Mindestunterhalt berücksichtigt; Steuertarif 2024 verwendet). Zum Zeitpunkt der Einführung der Kindergrundsicherung können die Beträge abweichen.

Welche Verbesserungen für Patchworkfamilien sieht der Gesetzesentwurf vor?

Auch für Patchworkfamilien machen wir zukünftig das Leben leichter: Der Gesetzentwurf sieht vor, dass jedes Mitglied einer Familiengemeinschaft bevollmächtigt ist, den Kinderzusatzbetrag für die Kinder zu beantragen und entgegenzunehmen. So stellen wir sicher, dass ein Elternteil der Patchwork-Familie den Kinderzusatzbetrag für alle in der Familiengemeinschaft lebenden Kinder beantragen kann. Bislang muss das noch jedes Elternteil selbst für sein Kind, für das er kindergeldberechtigt ist, einzeln machen. Diese aufwändige und bürokratische Vorgehensweise gehört nun der Vergangenheit an.

Warum kann der unerwartete Zuzug von Kriegsflüchtlingen nicht als Argument gegen die Kindergrundsicherung gewertet werden?

Die Kindergrundsicherung wird nicht nach Nationalität der betroffenen Kinder unterscheiden. Kinderarmut ist auch kein Problem, dass sich durch Zuordnung zu einer Staatsangehörigkeit lösen lässt. Deswegen brauchen wir strukturelle Lösungen wie die Kindergrundsicherung. 

Wie der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und die Fluchtbewegungen von Ukrainerinnen und Ukrainer gezeigt haben, ist die Zusammensetzung der Nationalität der Kinder im SGB-II-Bezug hoch volatil und kann nicht als Grundlage für langfristige sozialpolitische Weichstellungen dienen. Deswegen können aus der Analyse der Nationalitäten der Kinder im SGB-II-Bezug keine grundsätzlichen Rückschlüsse für die Ziele der Kindergrundsicherung gezogen werden. 

Kinderarmut bewegt seit vielen Jahren auf einem sehr hohen Niveau. Seit fast zwei Jahrzehnten sehen wir, dass jedes fünfte Kind von Armut betroffen ist. Die Armutsquote liegt also seit vielen Jahren und damit auch schon vor den Fluchtbewegungen dauerhaft bei rund 20 Prozent. 

202120202019201820172016201520102005
20,8 Prozent20,4 Prozent20,5 Prozent20,1 Prozent20,4 Prozent20,2 Prozent19,7 Prozent18,2 Prozent19,5 Prozent

(Quelle: Armutsgefährdungsquote, Zeitreihen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren: Amtliche Statistik des Statistischen Bundesamtes, Ergebnisse des Mikrozensus) 

Mehr Kinder erreichen und verdeckte Armut bekämpfen 

Zudem machen die Kinder im SGB-II-Bezug mit 1,9 Millionen Kindern den kleineren Teil der Kinder innerhalb der Kindergrundsicherung aus. Insgesamt werden mit der Kindergrundsicherung bis zu 5,6 Millionen Kinder erreicht, das heißt, bis zu 3,7 Millionen Kindern, bei denen mindestens ein Elternteil arbeitet. Das liegt daran, dass die Kindergrundsicherung verschiedene Leistungen zu einer Leistung zusammenfasst, darunter den Kinderzuschlag sowie den Kinderregelbedarf aus dem Bürgergeld/ SGB II. Ein Fokus auf die Kinder im SGB-II-Bezug ist daher eine unzulässige Verengung der Zielgruppe einer künftigen Kindergrundsicherung. Zugleich ist es ein prioritäres Ziel aller Ampelparteien dafür zu sorgen, dass auch alle armutsbedrohten Kinder die Leistung erhalten, die ihnen zusteht. Auch aus diesem Grunde ist ein Fokus auf die SGB-II-Kinder bei einer Gesamtbetrachtung der Kindergrundsicherung nicht zielführend. Sicher ist, dass die Mehrzahl der Eltern in der zukünftigen Kindergrundsicherung erwerbstätig sein werden. 

Warum gibt es bei der neuen Kindergrundsicherung keine Mindesteinkommensgrenze mehr wie derzeit beim Kinderzuschlag? Schwächt dies nicht Erwerbsanreize für Familien? 

Mit der Kindergrundsicherung verfolgen wir zwei Ziele: Sie ist zukünftig die zentrale Leistung für alle Kinder, die in der Regel das Existenzminimum von Kindern abdeckt. Gleichzeitig wird sie so einfach und unbürokratisch wie möglich ausgestaltet. Deshalb steht die Kindergrundsicherung künftig allen Kindern und Jugendlichen zu - denjenigen, die bislang Bürgergeld beziehen. Dafür ist es notwendig, die aktuell bestehende Mindesteinkommensgrenze beim Kinderzuschlag, die Kinder aus Familien mit Einkommen unterhalb dieser Grenze ausschließt, aufzuheben. Es wird aber sichergestellt, dass bestehende Erwerbsanreize für Eltern vollständig erhalten und möglichst noch ausgebaut werden. Dafür werden die derzeitigen Regelungen im Bürgergeld und Kinderzuschlag zu Erwerbstätigenfreibeträgen und Einkommensanrechnung übernommen. Bei erhöhten individuellen Bedarfen kann das Bürgergeld auch weiterhin greifen - zum Beispiel, wenn im Einzelfall unvorhergesehene, zusätzliche Bedarfe des Kindes entstehen. So kann die Kindergrundsicherung auch einfacher und unbürokratischer gewährt werden. 

Für welchen Zeitraum wird die Kindergrundsicherung bewilligt? Müssen Familien immer wieder neue Anträge stellen? 

Der Zusatzbeitrag wird für sechs Monate gewährt. In dieser Zeit werden keine Anpassungen des bedarfsgeprüften Kinderzusatzbetrags aufgrund von etwaigen Veränderungen der finanziellen Verhältnisse der Familie vorgenommen. Auch werden ausgezahlte Beträge nicht nachträglich zurückgefordert. Lediglich Änderungen in der Zusammensetzung der Familiengemeinschaft (wie zum Beispiel die Geburt eines Kindes) während des laufenden Bewilligungszeitraums werden berücksichtigt. Familien erhalten somit eine verlässliche Sozialleistung, auf die sie sechs Monate vertrauen und die sie fest einplanen können. Sie brauchen auch keine Angst vor möglichen Rückforderungen der erhaltenen Unterstützung zu haben. So wie derzeit im Kinderzuschlag gibt es zur weiteren Vereinfachung für Familien zudem die Möglichkeit eines Folgeantrags im vereinfachten Verfahren (sogenannter Kurzantrag), wenn sich nach Ablauf des sechsmonatigen Bewilligungszeitraums an den finanziellen Verhältnissen der Familie nichts Wesentliches geändert hat. 

VII. Sonstiges

Warum heißt die Familienkasse jetzt Familienservice? 

Die Familienkasse wird zum Familienservice, weil zukünftig die Beratung und Unterstützung von Kindern und Familien stärker in den Vordergrund treten. So wird - nach Einwilligung der Eltern - mit dem "Kindergrundsicherungs-Check" automatisch geprüft, ob einem Kind der Kinderzusatzbetrag möglicherweise zusteht. In diesem Fall wird die Familie proaktiv durch den Familienservice informiert und auf die Möglichkeit der Antragstellung hingewiesen. 

Was bedeutet horizontale beziehungsweise vertikale Einkommensanrechnung? Inwiefern spielt das bei der Kindergrundsicherung eine Rolle?

Das Einkommen von Bedarfsgemeinschaften im Bürgergeld (SGB II) hat Auswirkungen auf die Höhe des ausgezahlten Bürgergelds. Veränderungen in der Einkommenshöhe einer Bedarfsgemeinschaft ziehen Veränderungen in der Leistungshöhe des Bürgergelds nach sich. Horizontale und vertikale Einkommensanrechnung bezeichnen zwei unterschiedliche Methoden, Einkommen von Bedarfsgemeinschaften im Bürgergeld zu auf die Mitglieder anzurechnen. 

Horizontale Einkommensanrechnung 

Aktuell wird im Bürgergeld (SGB II) das Einkommen der Haushaltsvorstände und ihrer Partner nach der sogenannten Bedarfsanteilsmethode auf die Bedarfe der einzelnen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft (BG) verteilt. Hierzu wird zunächst der individuelle ungedeckte Bedarf jedes Mitglieds der BG einschließlich der pro Kopf Bedarfe für Unterkunft und Heizung ermittelt. Alle so ermittelten pro Kopf Bedarfe der BG ergeben zusammen den Gesamtbedarf der BG. Aus dem Verhältnis dieses individuellen Bedarfs zum Gesamtbedarf der BG ergibt sich der jeweilige prozentuale Bedarfsanteil der Person. Das Einkommen wird entsprechend dieser Anteile auf die Bedarfe der einzelnen BG-Mitglieder angerechnet (sogenannte horizontale Einkommensanrechnung). Der verbleibende ungedeckte Bedarf ergibt den jeweiligen individuellen Leistungsanspruch des BG-Mitglieds. Dadurch wird erreicht, dass - unabhängig von der Höhe des Restleistungsanspruches - alle Mitglieder der BG auch Leistungsberechtigte sind. 

Vertikale Einkommensanrechnung

Bei der Kaskadenmethode (Variante der vertikalen Einkommensanrechnung) führen Veränderungen im Einkommen eines erwerbstätigen BG-Mitglieds zunächst nur zu Änderungen bei dessen individuellen Leistungen. Erst wenn der eigene Bedarf gedeckt ist, kommt es zu Änderungen beim Partner/der Partnerin. Kommt es durch Veränderungen der Einkommensverhältnisse zu Überzahlungen, entfallen so aufwändige Erstattungsverfahren für die gesamte BG. 

Durch die Einführung der Kindergrundsicherung werden die Kinder, die heute mit ihren Eltern in einer BG leben, in der Mehrzahl der Fälle die Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB II überwinden, da sie ihren Bedarf mit eigenem Einkommen (inklusive der Kindergrundsicherung) decken können. Das bedeutet, dass sie aus der BG und damit - unabhängig von der gewählten Methode - auch aus der Einkommensberücksichtigung herausfallen. 

In den Fällen, in denen Kinder jedoch zum Beispiel aufgrund eines Mehrbedarfs zusätzlich zur KGS ergänzende Ansprüche auf Bürgergeld haben, bleiben sie Mitglied der BG und sind somit bei der Einkommensverteilung zu berücksichtigen. Für diese Fälle war im Gesetzentwurf zur Einführung der Kindergrundsicherung zu entscheiden, nach welcher Methode die Einkommensverteilung künftig erfolgen soll. 

Diese Entscheidung ist im Gesetzentwurf zunächst weiterhin zugunsten der horizontalen Einkommensanrechnung ausgefallen, da eine vollständige IT-gestützte Umstellung des Systems der Einkommensanrechnung bis zum Start der Kindergrundsicherung von der Bundesagentur für Arbeit nicht für realistisch gehalten wird. 

Was ist mit Kindern, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) beziehen? 

Diese Kinder erhalten weiterhin Leistungen nach dem AsylbLG. Die Abschaffung des Sofortzuschlags im AsylbLG sorgt dafür, dass die betroffenen Kinder in den ersten 18 Monaten einen geringeren Auszahlungsbetrag haben - auch, weil die Leistungen in den Abteilungen 4 und 5 des kindlichen Existenzminimums in den ersten 18 Monaten als Sachleistungen geleistet werden. Nach den ersten 18 Monaten bekommen auch die Kinder im AsylbLG die Leistungen als ob sie in der Kindergrundsicherung wären. 

Was bedeutet Kindergeldübertrag? Was hat das mit der Kindergrundsicherung zu tun? 

Im Bürgergeld/SGB II wird das heutige Kindergeld vorrangig als Einkommen des Kindes berücksichtigt und damit zunächst auf den Bedarf des Kindes angerechnet. Kann das Kind seinen eigenen Lebensunterhalt jedoch aus anderen Einkünften sicherstellen, benötigt es das Kindergeld zur Sicherstellung des eigenen Existenzminimums nicht oder nicht vollständig. Das verbleibende Kindergeld wird in diesem Fall als Einkommen des kindergeldberechtigten Elternteils berücksichtigt und auf die Bedarfe der verbleibenden Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft verteilt. 

Mit Einführung der Kindergrundsicherung schaffen wir diesen sogenannten Kindergeldübertrag ab. Das bedeutet, dass dann der Kindergarantiebetrag (der dem heutigen Kindergeld nachfolgt), der nicht zur Deckung des Lebensunterhalts des Kindes benötigt wird, nicht mehr als Einkommen der Eltern beim Bürgergeld berücksichtigt wird. Der Kindergarantiebetrag steht somit künftig vollständig dem Kind zur Verfügung. Die Rechtsposition des Kindes wird dadurch wesentlich gestärkt. 

Die Beibehaltung des Kindergeldübertrages würde zudem zu einem unverhältnismäßig hohen bürokratischen Aufwand bei den Jobcentern führen. Schätzungen gehen von bis zu 150 Millionen Euro zusätzlichen Bürokratiekosten aus. Jobcenter könnten Bürgergeld für die Eltern zunächst nur vorläufig bewilligen, weil die Entscheidung des Familienservice über die Leistungen des Kindes zunächst vorliegen müsste. Diese Situation wird durch die Abschaffung des Kindergeldübertrags bei Einführung der Kindergrundsicherung vermieden.