In Deutschland ist fast jedes zehnte Paar zwischen 25 und 59 Jahren ungewollt kinderlos. Für die Erfüllung des Kinderwunsches sind diese Paare auf medizinische Hilfe angewiesen. Die reproduktionsmedizinische Behandlung stellt für die Betroffenen nicht nur finanziell, sondern auch körperlich und seelisch eine erhebliche Belastung dar.
Das Bundesfamilienministerium hat deshalb die Bundesinitiative "Hilfe und Unterstützung bei ungewollter Kinderlosigkeit" gestartet. Ziel ist es, Kinderwunschpaaren eine ergänzende finanzielle Unterstützung zu ermöglichen. Außerdem soll das Angebot einer begleitenden psychosozialen Beratung verbessert und das Thema durch bessere Aufklärung über Ursachen und Folgen ungewollter Kinderlosigkeit enttabuisiert werden.
Paare mit Kinderwunsch unterstützen
Dank des medizinischen und technischen Fortschritts stehen ungewollt kinderlosen Paaren heute verschiedene Maßnahmen der künstlichen Befruchtung zur Verfügung, um sich den Kinderwunsch vielleicht doch noch zu erfüllen. Aber für Menschen mit kleinem und mittlerem Einkommen sind die hohen Kosten einer reproduktionsmedizinischen Behandlung oft nicht tragbar.
Seit Inkrafttreten der Richtlinie des Bundesfamilienministeriums über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Maßnahmen der assistierten Reproduktion am 1. April 2012 stellt der Bund finanzielle Hilfen für Kinderwunschbehandlungen bereit. Voraussetzung ist, dass sich die Bundesländer mit einem eigenen Landesförderprogramm entsprechend beteiligen. Dabei können je nach Ausrichtung der Landesförderung unterschiedliche Förderkriterien in Bezug auf Art und Umfang der Zuwendung gelten. Die Bundesländer müssen sich jedoch mit Förderanteilen in mindestens gleicher Höhe wie der Bund einbringen.
Mit Inkrafttreten der Erweiterung der Bundesförderrichtlinie können erstmals auch unverheiratete Paare, die in einer auf Dauer angelegten nichtehelichen, heterosexuellen Lebensgemeinschaft leben, finanzielle Unterstützung aus Bundesmitteln erhalten.
Bisher bestanden Bund-Länder-Kooperationen mit Bayern, Berlin, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Seit dem 1. Januar 2022 sind nun auch Bremen und Saarland mit dabei.
Zuschüsse helfen, die Kosten zu senken
Die staatliche Förderung kann für Ehepaare und nicht verheiratete Paare bis zu 50 Prozent des nach Abrechnung mit der (gesetzlichen oder privaten) Krankenkasse verbleibenden Eigenanteils betragen. Wie hoch die Förderungssumme jedoch genau ist und wie viele Behandlungen gefördert werden, hängt von den Förderkriterien des jeweiligen Bundeslandes ab.
Ein gesetzlicher Anspruch auf die finanzielle Förderung einer künstlichen Befruchtung besteht nicht. Es handelt sich um eine ergänzende Bezuschussung. Die Bewilligungsbehörde entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen im Rahmen der verfügbaren Mittel.
Die Anteilfinanzierung muss nicht zurückgezahlt werden, ist aber im Hinblick auf andere Erstattungsleistungen nachrangig: Wenn also die Kosten von dritter Seite (zum Beispiel durch die Krankenkasse) zu 100 Prozent erstattet werden, gibt es keine Zuschüsse von Land oder Bund.
Informationsportal Kinderwunsch
Alle Informationen zur Bundesinitiative, zu den Länder-Kooperationen sowie eine spezielle Datenbank mit Suchfunktion nach Kinderwunschberatung in Wohnortnähe sind auf dem Informationsportal Kinderwunsch zu finden. Hier werden auch die Gründe, Ursachen und Folgen ungewollter Kinderlosigkeit sowie die wichtigsten Behandlungsmöglichkeiten beschrieben.
Mit dem neu eingerichteten Förder-Check auf dem Informationsportal Kinderwunsch können Paare in wenigen Schritten herausfinden, ob für sie grundsätzlich die Möglichkeit einer finanziellen Unterstützung in ihrem Bundesland besteht und ob sie die Voraussetzungen für eine Antragstellung erfüllen.
Psychosoziale Beratung und Begleitung
Vielen Paaren mit unerfülltem Kinderwunsch fällt es schwer, ihre Sorgen und Nöte im Freundeskreis oder in der Familie zu teilen. Dabei ist es in belastenden Lebenssituationen wichtig, sich austauschen zu können. Die Expertinnen und Experten der psychosozialen Beratungsstellen können hier eine große Unterstützung sein. Eine vertrauensvolle Beratung kann zu jedem Zeitpunkt einer Kinderwunschbehandlung helfen: vor Beginn als Entscheidungshilfe, währenddessen, um die "emotionale Achterbahn" aufzufangen, und am Ende, um gegebenenfalls die Auseinandersetzung mit erfolglosen Kinderwunschbehandlungen zu unterstützen. Angeboten werden Einzel- oder Paarberatung sowie Gruppenangebote. Psychosoziale Beratungsangebote können im Informationsportal Kinderwunsch gefunden werden.
Studie zum Thema
Im September 2020 wurde unter dem Titel "Ungewollte Kinderlosigkeit 2020: Leiden - Hemmungen - Lösungen" eine Milieustudie veröffentlicht. Sie liefert Zahlen über Gründe, Ursachen und Diskriminierungserfahrungen von ungewollt kinderlosen Frauen, Männern und Paaren aus verschiedenen sozialen Milieus getrennt nach Alter und Geschlecht. Außerdem zeigt die Studie, wie es den betroffenen Paaren geht und welche Hilfs- und Unterstützungsangebote sie sich wünschen.