Frauen und Arbeitswelt Lohngerechtigkeit

Überall in Europa verdienen Frauen weniger als Männer. In Deutschland liegt die Entgeltlücke zwischen Frauen und Männern bei 16 Prozent. Selbst bei gleicher formaler Qualifikation und ansonsten gleichen Merkmalen beträgt der Entgeltunterschied immer noch sechs Prozent. Ein klarer Hinweis auf versteckte Benachteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt.

Ursachen der Lohnlücke

Die Gründe für die Lohnlücke sind vielschichtig: Frauen wählen andere Berufe als Männer. Sie arbeiten häufiger in sozialen oder personennahen Dienstleistungen, die schlechter bezahlt werden als beispielsweise technische Berufe. Insbesondere die (längere) familienbedingte Erwerbsunterbrechung und der anschließende Wiedereinstieg in Teilzeit und Minijobs sind ein Grund. Jede zweite abhängig beschäftigte Frau arbeitet in Teilzeit. 59 Prozent aller sogenannten Minijobs werden von Frauen ausgeübt.

Zudem haben Frauen noch immer schlechtere Karrierechancen: Frauen sind in Führungspositionen, besonders in Spitzenpositionen, unterrepräsentiert. Führungspositionen werden kaum in Teilzeit besetzt. Auch Rollenstereotype und geschlechtsspezifische Zuschreibungen wirken bei der Arbeitsbewertung, Leistungsfeststellung oder Stellenbesetzung noch immer nach und können zu indirekter Benachteiligung und mittelbarer Diskriminierung führen.

Maßnahmen der Bundesregierung

Um der Lohnlücke entgegenzuwirken, hat die Bundesregierung bereits vielzählige Maßnahmen auf den Weg gebracht, die an den verschiedenen Ursachen der Entgeltlücke ansetzen. Von der Einführung und der Erhöhung des allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns profitieren mehrheitlich Frauen in niedrig entlohnten Dienstleistungsbereichen und in geringfügiger Beschäftigung. Mit dem quantitativen und qualitativen Ausbau der Kinderbetreuung, dem Elterngeld und dem ElterngeldPlus sowie mit der Verbesserung der Familienpflegezeit werden Anreize für weniger und kürzere familienbedingte Erwerbsunterbrechungen und schnellere Rückkehr in den Beruf geschaffen.

Das Ziel des Zweiten Führungspositionen-Gesetzes ist, den Anteil von Frauen in Führungspositionen zu erhöhen und verbindliche Vorgaben für die Wirtschaft und den öffentlichen Dienst zu machen. Dadurch sollen Unternehmenskulturen nachhaltig verändert werden.

Entgelttransparenzgesetz

Ein weiterer Schritt ist das Gesetz zur Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen, das seit dem 6. Juli 2017 in Kraft ist. Ziel ist es, das Prinzip "Gleicher Lohn für gleiche oder gleichwertige Arbeit" in der Praxis stärker durchzusetzen. Denn die Verpflichtung, beim Entgelt nicht zu diskriminieren und erwiesene geschlechtsbezogene Diskriminierung zu beseitigen, gilt für alle Unternehmen und Arbeitgeber in Deutschland. Das Gesetz regelt unter anderem einen Auskunftsanspruch, eine Berichtspflicht und fordert Arbeitgeber mit mehr als 500 Beschäftigten auf, regelmäßig ihre Entgeltstrukturen auf die Einhaltung der Entgeltgleichheit zu überprüfen. 

Das Entgelttransparenzgesetz wurde im Sommer 2023 zum zweiten Mal im Hinblick auf seine Wirksamkeit evaluiert. Konkret zeigt die Evaluation, dass das Gesetz und seine Instrumente bei den Beschäftigten nach wie vor nicht ausreichend bekannt sind. Den individuellen Anspruch auf Auskunft nutzen Beschäftigte noch immer eher zurückhaltend. Nur wenige Unternehmen überprüfen ihre Entgeltstrukturen freiwillig. Weniger Unternehmen als erwartet veröffentlichen Berichte zur Gleichstellung und Entgeltgleichheit. Die Handlungsempfehlungen sehen eine Weiterentwicklung des Entgelttransparenzgesetzes vor, um den Grundsatz des gleichen Entgelts für gleiche oder gleichwertige Arbeit von Frauen und Männern in der Praxis umfassend zu verwirklichen.

Entgelttransparenzrichtlinie (EU) 2023/970

Auf europäischer Ebene ist am 6. Juni 2023 die Entgelttransparenzrichtlinie (EU) 2023/970 (ETRL) in Kraft getreten. Die ETRL enthält Maßnahmen zur Förderung von Entgelttransparenz in Organisationen und Mindeststandards zur besseren Rechtsdurchsetzung des Entgeltgleichheitsgrundsatzes. 

Wichtige Bausteine der Richtlinie sind:

  • starke Transparenzmaßnahmen zur Förderung von Entgelttransparenz, beispielsweise Transparenz für Stellenbewerberinnen und -beweber, Auskunftsanspruch für alle Beschäftigten, Berichtspflicht für alle Arbeitgeber ab 100 Beschäftigten mit Kernindikatoren, Verpflichtung zu Abhilfemaßnahmen beziehungsweise zur Durchführung einer sogenannten gemeinsamen Entgeltbewertung,
  • wirksame Regelungen zur besseren Rechtsdurchsetzung, unter anderem wirksame Sanktionen, Unterstützung von Klägerinnen und Klägern durch Prozessstandschaft; eine mindestens dreijährige Verjährungsfrist. 

Die ETRL muss bis spätestens 7. Juni 2026 in deutsches Recht umgesetzt werden. Da sie im Anwendungsbereich und bei der Ausgestaltung der Transparenzinstrumente über die nationalen Regelungen hinausgeht, setzt sie den Rahmen für die Weiterentwicklung des Entgelttransparenzgesetzes. 

Equal Pay Day

Der Equal Pay Day - eine Initiative des Vereins Business und Professional Women - Germany e.V. (BPW Germany) - wird durch das Bundesgleichstellungsministerium gefördert. Der Equal Pay Day markiert symbolisch den Tag des Jahres, bis zu dem Frauen umsonst arbeiten - während Männer seit Jahresbeginn für ihre Arbeit bezahlt werden.

Klischeefreie Berufs- und Studienwahl

Kampagnen wie Girls'Day und Boys'Day wirken auf das Berufswahlverhalten junger Menschen ein. Eine ganze Reihe von Initiativen von Wirtschaft und Bundesregierung zielen dabei auf eine höhere Beteiligung von Frauen in technischen und naturwissenschaftlichen Berufen ab. Seit Dezember 2016 bietet die Bundesinitiative "Klischeefrei - Nationale Kooperationen zur Berufs- und Studienwahl" Akteurinnen und Akteuren der Berufswahlbegleitung einen Rahmen zur Vernetzung, zum Austausch und zur Information. Auf der Website www.klischee-frei.de stehen alltagstaugliches (Unterrichts-)Material und Beispiele gelungener Praxis zur geschlechtersensiblen Berufsorientierung zur Verfügung.

Gleichstellungsorientierte Berufs- und Studienwahlbegleitung spricht junge Frauen und Männer gleichermaßen an. Sie werden dabei unterstützt, Entscheidung nach ihren Interessen und Fähigkeiten zu treffen und überlieferte Rollenerwartungen zu hinterfragen. Dabei geht es auch darum, dass junge Frauen und Männer vielfältige Lebensentwürfe kennen lernen und erfahren, wie man seine individuellen und familiären Pläne und Ziele so verwirklicht, dass die Chancen und Risiken zwischen den Geschlechtern fair verteilt sind.

Internationale Zusammenarbeit

Mit dem sogenannten "Equity Guide" der International Labour Organization (ILO) können Unternehmen Arbeitsplätze transparent und vergleichbar bewerten, Ungleichheiten feststellen und diese konsequent abbauen. Der Leitfaden zur genderneutralen Tätigkeitsbewertung wurde im Rahmen des ILO Aktionsplanes zur Eliminierung von Diskriminierung entwickelt. Gefördert durch das Bundesgleichstellungsministerium wurde der Leitfaden ins Deutsche übersetzt.

EVA-Liste

EVA steht für "Evaluierung von Arbeitsbewertungsverfahren". Mit der EVA-Liste können einzelne Verfahren der Arbeitsbewertung anhand ausgewählter Fragen auf Geschlechtsneutralität hin überprüft werden. Die Liste wertet Arbeitsbewertungen in Tarifverträgen aus und ist ein niedrigschwelliges Instrument, das unkompliziert von verhandelnden Sozialpartnern angewendet werden kann.

Gleichstellungscheck für Unternehmen

Der Selbsttest "Gleichstellungscheck für kleine und mittlere Unternehmen" unterstützt die Unternehmen dabei, ihre Unternehmenskultur im Hinblick auf die Gleichstellung zwischen Frauen und Männern schnell und einfach zu überprüfen. Mit jeweils fünf Fragen in den Themenbereichen Personalrekrutierung, Arbeitsbedingungen, Arbeitsentgelt und Kommunikation können Unternehmen selbst testen, ob Handlungsbedarf besteht. Für jeden Themenbereich werden konkrete Handlungsempfehlungen und einfach umzusetzende Praxisvorschläge angeboten, um die Unternehmenskultur für mehr Chancengleichheit schnell zu verändern.