börsennotierter Softwarekonzern
Role Model Debora Murseli, Diversity Beauftragte
Der Frauenanteil in Führungsebenen der Privatwirtschaft ist seit Inkrafttreten des ersten FüPoG 2015 kontinuierlich gestiegen. Doch es hat sich auch gezeigt: nur verbindliche Vorgaben sind ein wirksames Instrument für eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen an Führungspositionen. Ein unabhängiges Evaluationsgutachten zur Wirkungsweise des Gesetzes ergab: Der Frauenanteil an Führungspositionen ist seit Inkrafttreten des Gesetzes in den mehr als 100 Unternehmen, die unter die feste Geschlechterquote für die Aufsichtsräte fielen, deutlich schneller und höher gestiegen als in den Unternehmen, die sich nur freiwillige Zielgrößen setzten.
Das FüPoG ist auf folgende Gesellschaftsformen anwendbar:
Das FüPoG sieht für die Privatwirtschaft zwei Förderungsmaßnahmen für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen vor: die Geschlechterquote von mindestens 30 Prozent (feste Quote) für Aufsichtsräte und die Pflicht zur Festlegung und Veröffentlichung von Zielgrößen für den Frauenanteil im Aufsichtsrat, im Leitungsorgan und in den beiden Führungsebenen unterhalb des Vorstands.
Die feste Quote für Aufsichtsräte findet auf Unternehmen Anwendung, die börsennotiert sind und der paritätischen Mitbestimmung unterliegen. Diese Voraussetzungen erfüllen die AG, die KGaA und die SE.
Die Pflicht zur Veröffentlichung von Zielgrößen trifft nach dem FüPoG - mit Ausnahme der Aufsichtsratsebene - auch die Unternehmen, die der festen Quote für den Aufsichtsrat unterliegen.
Das Gesetz zur Ergänzung und Änderung der Regelungen für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst, kurz FüPoG II, entwickelt das 2015 in Kraft getretene Führungspositionen-Gesetz (FüPoG) weiter, verbessert seine Wirksamkeit und schließt Lücken. Eine zentrale Neuerung ist ein Mindestbeteiligungsgebot für Vorstände mit mehr als drei Mitgliedern in großen deutschen Unternehmen.
Die bewährte fixe Quote für Aufsichtsräte aus dem FüPoG wird mit dem FüPoG II durch ein Mindestbeteiligungsgebot für Vorstände ergänzt. Börsennotierte und paritätisch mitbestimmte Unternehmen müssen künftig mindestens eine Frau in den Vorstand berufen, wenn ihr Vorstand aus mehr als drei Personen besteht. Davon sind 52 Unternehmen betroffen von denen zum Zeitpunkt der Erhebung 9 keine Frau im Vorstand hatten.
Unternehmen müssen sich seit Inkrafttreten des FüPoG 2015 Zielgrößen für die zukünftige Beteiligung von Frauen für die obersten Führungsebenen setzen, also für Aufsichtsrat, Vorstand sowie die erste und zweite Managementebene. Oft lautete die Zielgröße Null. Das ist mit Inkrafttreten des FüPoG II nicht länger akzeptabel. Unternehmen werden künftig im Rahmen einer Berichtspflicht begründen müssen, wenn sie sich für den Vorstand null Frauen als Ziel setzen.
Wenn Unternehmen keine Zielgröße melden oder keine Begründung für die Zielgröße Null angeben, droht ein empfindliches Bußgeld. Dies soll Unternehmen anhalten ihre weiblichen Angestellten auf allen Ebenen besser zu fördern, um den Vorgaben künftig gerecht werden zu können.
Anteil von FüPoG-Unternehmen mit Zielgröße größer Null
Anteil von FüPoG-Unternehmen, die Zielgrößen veröffentlichen
Anteil von FüPoG-Unternehmen mit Zielgröße gleich Null
Im Bereich der Aufsichtsräte der unter das Gesetz fallenden Unternehmen ist eine kontinuierliche Steigerung bis zum Geschäftsjahr 2021 zu beobachten.
In den übrigen börsennotierten oder mitbestimmten Unternehmen stieg der Frauenanteil in den Aufsichtsräten ebenfalls kontinuierlich, und zwar im absoluten Vergleich von rund 20 Prozent im Geschäftsjahr 2017 auf über 25 Prozent im Geschäftsjahr 2021.
Die börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Unternehmen, die seit dem 1. Januar 2016 eine feste Geschlechterquote von mindestens 30 Prozent erfüllen müssen, überschritten die gesetzlichen Mindestvorgaben bereits um 5,7 Prozentpunkte. Der Frauenanteil liegt hier für das Geschäftsjahr 2021 bei 35,7 Prozent.
Auf der Vorstandsebene sind Frauen nach wie vor stark unterrepräsentiert. Der Frauenanteil in den Vorständen der betrachteten Unternehmen stieg im Betrachtungszeitraum weiter kontinuierlich um insgesamt 4 Prozentpunkte auf insgesamt niedrigem Niveau von 7,6 Prozent im Geschäftsjahr 2017 auf 11,1 Prozent im Geschäftsjahr 2021. 73,4 Prozent der Unternehmen hatten im Geschäftsjahr 2021 keine Frau im Vorstand.
Unternehmen fallen unter das FüPoG
dieser Unternehmen hatten im Geschäftsjahr 2021 keine Frau im Vorstand
haben keine Zielgröße oder als Zielgröße Null für den Vorstand festgelegt
Die Bundesregierung hat sich vorgenommen, die vollständige Gleichstellung von Männern und Frauen noch in diesem Jahrzehnt zu erreichen. Dafür müssen wir an Tempo zulegen. Die beiden Gesetze für mehr Frauen in Führungspositionen haben zwar eine zaghafte Trendwende eingeleitet, trotzdem sind Frauen in Aufsichtsräten und Vorständen noch immer unterrepräsentiert. Es braucht einen Kulturwandel in den Unternehmen. Frauen müssen gezielt gefördert und ermutigt werden. Das zahlt sich am Ende auch für die Unternehmen aus. Denn wir wissen aus zahlreichen Studien: gemischte Teams sind erfolgreicher und innovativer.
Bundesfrauenministerin Lisa Paus
Ich freue mich, dass die gesetzlichen Regelungen so schnell Wirkung gezeigt haben. Wichtig ist aber, dass sich nicht nur in den Aufsichtsräten und Vorständen etwas verändert. Die Umsetzung von vorgegebenen Zielgrößen geht nur schleppend voran. Hier sehen wir, wie groß der Handlungsbedarf in vielen Unternehmen ist - insbesondere dort, wo keine Quotenregelungen gelten. Gleichberechtigung von Frauen und Männern muss auf allen Hierarchieebenen in den Unternehmen gelebt werden. Mit dem Praxisleitfaden von FidAR liegen nun ausführliche Empfehlungen dafür vor, welche Potenziale in einer Unternehmenskultur liegen, die auf gleichberechtigter Teilhabe basiert. Parität in der Führung werden wir nur dann erreichen, wenn in allen Bereichen der Unternehmen die Voraussetzungen für Chancengerechtigkeit geschaffen werden.
Bundesfrauenministerin Lisa Paus
Die börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Unternehmen haben keine Verpflichtung, sich für den Aufsichtsrat eine Zielgröße zu setzen. Bei den übrigen börsennotierten oder mitbestimmten Unternehmen haben im Mittelwert 39,4 Prozent der betrachteten Unternehmen im Geschäftsjahr 2021 nicht auf allen erforderlichen Ebenen Zielgrößen veröffentlicht.
Soweit für den Aufsichtsrat Angaben zu Zielgrößen veröffentlicht wurden, veröffentlichten die nur börsennotierten Unternehmen zu 76,9 Prozent und die mitbestimmten und zugleich börsennotierten Unternehmen zu 91,2 Prozent Angaben zu Zielgrößen für den Aufsichtsrat.
Von den börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Unternehmen veröffentlichten 89,5 Prozent trotz fehlender gesetzlicher Verpflichtung freiwillig eine Zielgröße auch für den Aufsichtsrat.
Für den Vorstand haben im Geschäftsjahr 2021 62,1 Prozent der unter das FüPoG fallenden Unternehmen Zielgrößen veröffentlicht. Börsennotierte und paritätisch mitbestimmte Unternehmen sowie nur börsennotierte Unternehmen machten zu mehr als 70 Prozent Angaben zu den Zielgrößen für den Vorstand, während mitbestimmte und börsennotierte Unternehmen mit 80,5 Prozent Angaben zu den Zielgrößen für den Vorstand machten.
Für eine mittel- und längerfristig angelegte Veränderung im Sinne eines unternehmerischen Kulturwandels ist auch der Blick auf die beiden Führungsebenen unterhalb des Vorstands wesentlich. Um den Frauenanteil auf der Vorstandsebene perspektivisch deutlich zu erhöhen, ist auch eine wesentliche Steigerung des Frauenanteils auf den obersten Managementebenen von großer Bedeutung. Denn aus diesen Führungsebenen werden vorrangig Mitglieder für die Unternehmensleitung berufen. Dem trägt das FüPoG Rechnung, indem es die Unternehmen verpflichtet, auch für diesen Bereich Zielgrößen festzulegen und zu veröffentlichen.
Für die erste Führungsebene unterhalb des Vorstands haben im Geschäftsjahr 2021 rund 63 Prozent aller Unternehmen eine Zielgröße veröffentlicht. Von den börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Unternehmen sind es dagegen 89,5 Prozent. Für Unternehmen, die börsennotiert waren und der unternehmerischen Mitbestimmung unterlagen, wurden Angaben zu Zielgrößen von 89,3 Prozent der Unternehmen veröffentlicht. Für die zweite Führungsebene unterhalb des Vorstands veröffentlichten rund 57 Prozent aller betrachteten Unternehmen Zielgrößen für das Geschäftsjahr 2021.
Mindestquote für Aufsichtsräte börsennotierter und paritätisch mitbestimmter Unternehmen
Mindestbeteiligungsgebot für Unternehmensvorstände börsennotierter und paritätisch mitbestimmter Unternehmen aus mehr als drei Personen
als Zielgröße ist ohne Begründung nicht länger eine Option
Der Verein Frauen in die Aufsichtsräte (FidAR) zeigt mit dem jährlichen Ranking des Women on Bord Index (WoB-Index) die aktuellen Entwicklungen des Frauenanteils in Aufsichtsräten und Vorständen der großen Unternehmen. Der seit 2017 veröffentlichte WoB-Index 185 umfasst die 160 im DAX, MDAX und SDAX sowie die aktuell 20 im Regulierten Markt notierten, voll mitbestimmten Unternehmen. Die Studie ermöglicht einen Vergleich der Entwicklung bei den der festen Quote unterliegenden Unternehmen mit der nicht unter die Quote fallenden, im DAX notierten Konzerne.
Frauenanteil in den der Aufsichtsratsquote unterliegenden Unternehmen
der Vorstände der 180 untersuchten Unternehmen sind Frauen
von 65 Unternehmen, die unter das Mindestbeteiligungsgebot fallen, haben bis heute noch keine Frauen im Vorstand
der 180 der Aufsichtsratsquote unterliegenden Unternehmen erreichen 30 Prozent Frauenanteil im Aufsichtsrat
Die Führungspositionen-Richtlinie der Europäischen Union (EU) steht für eine ausgewogenere Vertretung von Frauen und Männern in Führungspositionen. Denn Frauen sind in den Führungsetagen privater Unternehmen auch in der gesamten EU nach wie vor unterrepräsentiert. Mit verbindlichen Standards sollen sie in allen Mitgliedstaaten gleichberechtigt am wirtschaftlichen Leben teilhaben. Ziel der Richtlinie ist es, den Frauenanteil in den Führungsetagen börsennotierter Unternehmen in der EU substanziell zu erhöhen. Vorgesehen ist, das Ziel von 40 Prozent Frauen in Aufsichtsräten oder insgesamt 33 Prozent in Aufsichtsräten und Vorständen zusammengerechnet zu erreichen. Mitgliedstaaten, in denen bereits wirksame Maßnahmen ergriffen wurden, sind von den Regelungen ausgenommen. In Deutschland gelten durch die Vorgaben des FüPoG sowie des FüPoG II bereits umfangreiche Maßnahmen.
Deutschland hat am 14. März 2022 zusammen mit der Mehrheit der Mitgliedstaaten der EU der EU-Führungspositionen-Richtlinie zugestimmt. Am 16. Juni 2022 hat die französische Ratspräsidentschaft beim Rat für Beschäftigung und Soziales (EPSCO-Rat) in Luxemburg darüber informiert, dass die Trilogergebnisse mit dem Europäischen Parlament am 15. Juni 2022 gebilligt wurden. Die Führungspositionen-Richtlinie ist am 27. Dezember 2022 in Kraft getreten.
Das zweite Führungspositionengesetz ist erfolgreich. Wir sind auf dem richtigen Weg. Die festen Quoten für Aufsichtsräte und Vorstände wirken. Um gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in Führungspositionen durchzusetzen, müssen wir aber das gesamte Management in den Blick nehmen. Frauen tragen mit hoher Qualifikation und starker Leistung maßgeblich zum Erfolg von Unternehmen bei. Das muss sich auch in allen Führungsebenen abbilden. Es ist ein gutes Zeichen, dass das Mindestbeteiligungsgebot von Frauen in Vorständen so schnell umgesetzt wurde, und ich freue mich, dass viele Unternehmen mehr Frauen in den Aufsichtsräten haben als gesetzlich erforderlich ist.
Lisa Paus
Vergleicht man die Unternehmen in Ost- und West-Deutschland, so konnte der Anteil der weiblichen Aufsichtsratsmitglieder in ostdeutschen Unternehmen von 21,1 Prozent im Geschäftsjahr 2015 auf 28,6 Prozent im Geschäftsjahr 2021 gesteigert werden. In den betrachteten westdeutschen Unternehmen steigerte sich vom Geschäftsjahr 2015 bis zum Geschäftsjahr 2021 der Anteil der weiblichen Aufsichtsratsmitglieder von 18,5 Prozent auf 25,9 Prozent.
Frauenquote im Ost-West-Vergleich