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Bundesgleichstellungsgesetz

Imke Andresen, Gleichstellungsbeauftragte des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr, Maria Spetter Gleichstellungsbeauftragte des Bundesministeriums des Innern und für Heimat und Katja Lung, Gleichstellungsbeauftragte der Deutschen Bundesbank, und alle anderen Gleichstellungsbeauftragten in den Dienststellen des Bundes setzen das BGleiG in der Praxis durch.

Portrait Lisa Paus
Zitat von Lisa Paus © Felix Zahn

„als Gleichstellungsministerin stehe ich fest an der Seite der Gleichstellungsbeauftragten und danke ihnen für ihr unermüdliches Engagement. Es ist unser gemeinsames Ziel, die Gleichstellung in den Dienststellen des Bundes zu verwirklichen. Als großer Arbeitgeber müssen wir mit gutem Beispiel vorangehen und das tun wir, doch erreicht haben auch wir das Ziel noch nicht. Ich zähle weiterhin auf Ihre Unterstützung!“

Lisa Paus

Inhalte und Ziele des BGleiG

Das Bundesgleichstellungsgesetz (BGleiG) löste 2001 das Frauenfördergesetz  als Kernstück des Gesetzes zur Durchsetzung der Gleichstellung von Frauen und Männern ab.

2015 ist das Bundesgleichstellungsgesetz als Artikel 2 des Gesetzes für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst (FüPoG) in Kraft getreten. Durch Artikel 2 des Gesetzes zur Ergänzung und Änderung der Regelungen für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst (FÜPoG II) wurden 2021 einige wesentliche Änderungen im Bundesgleichstellungsgesetz vorgenommen. 

Das BGleiG gilt in seiner heutigen Fassung für die Dienststellen des Bundes. Unter diesen Begriff fallen die Bundesgerichte und Behörden und Verwaltungsstellen der unmittelbaren Bundesverwaltung. Eingeschlossen sind auch Anstalten, Körperschaften und Stiftungen des öffentlichen Rechts des Bundes.

Zweck und Ziel des Gesetzes ist es die Gleichstellung von Mann und Frau voranzutreiben und zügig zu verwirklichen. So sollen vorhandene Benachteiligungen aufgrund des Geschlechts, insbesondere von Frauen, beseitigt und für die Zukunft verhindert werden. 

Darüber hinaus steht das Ziel der Vereinbarkeit von Beruf, Pflege und Familie für alle Geschlechter im Zentrum des Bundesgleichstellungsgesetzes. Um dieses Ziel zu erreichen, legt das Bundesgleichstellungsgesetz fest, dass in den oben genannten Dienststellen Gleichstellungsbeauftragte eingesetzt werden sollen, die die Erfüllung dieser Ziele überwachen und aktiv unterstützen.

Ziel: gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen bis Ende 2025

Schon das Bundesgleichstellungsgesetz von 2015 verfolgte das Ziel einer gleichberechtigten Vertretung von Frauen und Männern auf allen Ebenen der Bundesverwaltung. 

Mit der Änderung des Bundesgleichstellungsgesetzes 2021 wurde in § 1 Absatz 2 Satz 3 BGleiG das konkrete Ziel festgelegt „die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen nach Maßgabe dieses Gesetzes bis zum 31. Dezember 2025 zu erreichen.“ Dabei bedeutet gleichberechtigte Teilhabe, dass eine über die verschiedenen Führungsebenen hinweg betrachtete Besetzung von  Führungspositionen im öffentlichen Dienst des Bundes mit annähernd numerischer Gleichheit angestrebt wird. 

Dadurch werden die Dienststellen im Geltungsbereich des Gesetzes verpflichtet, die Rahmenbedingungen zu verbessern, die die praktische Voraussetzung für die Erreichung dieses Zieles darstellen. Eine Konkretisierung der Vorgaben und Maßnahmen für die Dienststellen und ihre Bereiche ist im Gleichstellungsplan vorzunehmen.

Eine gewichtige Änderung des Bundesgleichstellungsgesetzes im Jahr 2021 betrifft die Regelungen zur Unterrepräsentanz: Die zuvor bestehenden gesetzlichen Vorgaben zur Unterrepräsentanz von Männern wurden ersatzlos gestrichen. 

Die gesetzlichen Änderungen berücksichtigen, dass Artikel 3 Absatz 3 Satz 1 GG Menschen vor Diskriminierungen wegen ihres Geschlechtes schützt, die sich dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen (BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2017, 1 BvR 2019/16). Wenn das BGremBG von „paritätischer Vertretung“ spricht und das BGleiG „Unterrepräsentanz“ definiert, so bezieht sich dies - jeweils innerhalb der Bezugsgröße- immer nur auf die Teilgruppe der Frauen und Männer. 

Gleichstellung von Frauen und Männern in der Bundesverwaltung

Erläuterungen zum Bundesgleichstellungsgesetz und Bundesgremienbesetzungsgesetz

Die Umsetzung des Bundesgleichstellungsgesetzes lebt ganz wesentlich von der Arbeit der Gleichstellungsbeauftragten, ihrer Stellvertreterin(nen) und ihres Teams.  

Denn die von den Beschäftigten auf vier Jahre gewählte Gleichstellungsbeauftragte hat die Aufgabe, den Vollzug des Bundesgleichstellungsgesetzes sowie des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes im Hinblick auf den Schutz der Beschäftigten vor Benachteiligungen wegen ihres Geschlechts, insbesondere bei Benachteiligungen von Frauen, zu fördern und zu überwachen. Dies umfasst auch den Schutz von Frauen mit einer Behinderung oder von Frauen, die von einer Behinderung bedroht sind, sowie den Schutz vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz.

Zu den Aufgaben der Gleichstellungsbeauftragten zählen insbesondere:

  • die Dienststelle dabei zu unterstützen, die Ziele dieses Gesetzes zu erreichen und die Erfüllung der allgemeinen Pflichten nach § 4 zu fördern,
  • bei allen personellen, organisatorischen und sozialen Maßnahmen der Dienststelle mitzuwirken, die die Gleichstellung von Frauen und Männern, die Beseitigung von Unterrepräsentanzen, die Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Berufstätigkeit sowie den Schutz vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz betreffen,
  • einzelne Beschäftigte bei Bedarf zu beraten und zu unterstützen, insbesondere in den Bereichen der beruflichen Entwicklung und Förderung sowie der Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Berufstätigkeit sowie in Bezug auf den Schutz vor Benachteiligungen, und
  • die Fortbildungsangebote nach § 10 Absatz 5 wahrzunehmen.
     

Die Gleichstellungsbeauftragte kann Sprechstunden durchführen und jährliche Versammlungen der weiblichen Beschäftigten einberufen. Die Gleichstellungsbeauftragte kann an Personalversammlungen teilnehmen und hat dort ein Rederecht.

In jeder Dienststelle mit mindestens 100 Beschäftigten wird eine Gleichstellungsbeauftragte gewählt. Die Anzahl der Stellvertreterinnen variiert in Abhängigkeit von der Anzahl der Beschäftigten und der Größe und der Komplexität des Aufgabenbereichs der Dienststellen zwischen einer bis zu drei Stellvertreterinnen (§ 19 Absatz 3 BGleiG). Wahlberechtigt und wählbar sind die weiblichen Beschäftigten der Dienststelle. Die Wiederwahl ist zulässig. Die weiblichen Beschäftigten einer Dienststelle ohne eigene Gleichstellungsbeauftragte sind bei der nächsthöheren Dienststelle wahlberechtigt. Die Dienststelle bestellt die gewählten Beschäftigten für jeweils vier Jahre.

Die Gleichstellungsbeauftragte gehört der Personalverwaltung an. In Dienststellen ist sie unmittelbar der Dienststellenleitung zugeordnet.  In den obersten Bundesbehörden, in denen die Personalangelegenheiten, die organisatorischen Angelegenheiten und die sozialen Angelegenheiten in einer Abteilung zusammengefasst sind, ist auch eine Zuordnung zur Leitung dieser Abteilung möglich. Die Gleichstellungsbeauftragte ist in der Ausübung ihrer Tätigkeit weisungsfrei. Sie darf nur in ihrer Eigenschaft als Gleichstellungsbeauftragte mit Personalangelegenheiten befasst sein.

Die Wahl der Gleichstellungsbeauftragten und ihrer Stellvertreterinnen

Zur Wahl der Gleichstellungsbeauftragten und ihre Stellvertreterinnen, die wichtige Partnerinnen in den Dienststellen des Bundes für mehr Gleichstellung von Frauen und ein wichtiger Motor für einen Kulturwandel in der Arbeitswelt, für mehr Vereinbarkeit und  für wertschätzendes Führungsverhalten sind, hat das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend eine Arbeitshilfe erstellt. Mit der Arbeitshilfe soll der ehrenamtlich tätige Wahlvorstand unterstützt werden, um gut informiert und rechtssicher die Wahl zu organisieren und durchzuführen. Die Legitimation durch eine Wahl stärkt auch das Amt der Gleichstellungsbeauftragten und der Stellvertreterinnen.

Titelseite der Arbeitshilfe für die Durchführung der Wahl der Gleichstellungsbeauftragten und ihrer Stellvertreterinnen

Arbeitshilfe für die Durchführung der Wahl der Gleichstellungsbeauftragten und ihrer Stellvertreterinnen

Hinweise zur Durchführung der elektronischen Wahl gem. § 19 GleibWV

Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik hat für die elektronische Wahl der Gleichstellungsbeauftragten IT-sicherheitstechnische Anforderungen erarbeitet, die verbindlich umzusetzen sind. Diese Anforderungen finden Sie in der BSI-TR-03169, welche allgemein für nicht-politische Abstimmungen erarbeitet wurde und damit auch für die Wahl einer Gleichstellungsbeauftragten verwendet werden kann. Fokus der Technischen Richtlinie sind hierbei ausgehend vom IT-Grundschutz des BSI spezielle Anforderungen, die für die sichere Ausführung einer Online-Wahl einzuhalten sind. Sie richtet sich daher in erster Linie an Sie als Wahlvorstand. In der Technischen Richtlinie wird empfohlen, ein zertifiziertes Online-Wahl-Produkt einzusetzen. Hierzu hat das BSI das Common-Criteria-Schutzprofil BSI-CC-PP-0121-2024 herausgegeben und zertifiziert. Eine Zertifizierung ist der verlässliche Nachweis darüber, dass das Produkt den Anforderungen für eine sichere Online-Wahl mit hohem Schutzbedarf entspricht und daher bedenkenlos für die Wahl der Gleichstellungsbeauftragen eingesetzt werden kann. Wichtig ist hier allerdings, dass das Schutzprofil bestimmte Annahmen über die Einsatzumgebung und den Ablauf der Wahl trifft. Schutzprofil und Technische Richtlinie gehen also Hand in Hand: Mit dem Schutzprofil wird ein Online-Wahl-Produkt zertifiziert und durch die Einhaltung der Technischen Richtlinie wird die notwendige Betriebsumgebung geschaffen, damit die Wahl auch aus organisatorischer Sicht sicher durchgeführt werden kann.

Die sicherheitstechnischen Anforderungen an Wahlprodukte ergeben sich aus dem BSI-CC-PP-0121-2024, insbesondere hier Kapitel 6.1.

Mindestanforderungen an die Informationssicherheitskonzepte und die Notfallkonzepte ergeben sich im Besonderen aus der BSI-TR-03169, welches Muster für die Anwendung des IT-Grundschutzes für Online-Wahlen enthält.

Die Technische Richtlinie referenziert die BSI-Grundschutz-Standards 200-1, 200-2, 200-3 und 200-4.

Zur Klärung von Fragen grundsätzlicher Bedeutung, insbesondere zur Auslegung dieses Gesetzes, können sich die Gleichstellungsbeauftragte und die Stellvertreterinnen unmittelbar an das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend wenden.

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FAQ - Fragen und Antworten zum Bundesgleichstellungsgesetz

Auf den folgenden Seiten erhalten Sie Informationen zu häufig gestellten Fragen.

Hier geht`s zu den FAQ.

 

 

Der Gleichstellungsplan dient der Erreichung der Ziele des Gesetzes und ist ein wesentliches Instrument der Personalplanung, insbesondere der Personalentwicklung.
Von besonderer Bedeutung für das Bundesgleichstellungsgesetz 2015 waren Verbesserungen im Bereich des Gleichstellungsplans. Der Gleichstellungsplan verlangt konkrete Zielvorgaben und für jede Zielvorgabe konkrete Maßnahmen personeller, sozialer und organisatorischer Art. Die konkreten Zielvorgaben treffen insbesondere Besoldungs-­ und Entgeltgruppen oder Laufbahngruppen, Laufbahnen und Fachrichtungen sowie Ebenen mit Vorgesetzten­ oder Leitungsaufgaben. Es sind also Maßnahmen zur Steigerung des Anteils von Frauen in Führungspositionen gesetzlich über die Regelungen zum Gleichstellungsplan vorgezeichnet.

Die Umsetzung ist besondere Verpflichtung der Personalverwaltung, der Beschäftigten in Führungspositionen sowie der Dienststellenleitung. 

Jede Dienststelle hat einen Gleichstellungplan für jeweils vier Jahre zu erstellen, der nach zwei Jahren den aktuellen Gegebenheiten angepasst werden kann. 

Der Gleichstellungsplan muss eine Bestandsaufnahme vornehmen, indem er die bestehende Situation der Frauen und Männer in der Dienststelle beschreibt und die bisherige Förderung der Beschäftigten in den einzelnen Bereichen für die vergangenen Jahre auswertet. Zur Bestandsaufnahme gehört auch eine Darstellung, die zeigt, wie Frauen und Männer die Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Berufstätigkeit in Anspruch genommen haben und wie sich ihr beruflicher Aufstieg darstellt im Vergleich zu Frauen und Männern, die solche Maßnahmen nicht in Anspruch genommen haben. Sind die Zielvorgaben des vorherigen Gleichstellungsplans nicht umgesetzt worden, so sind im aktuellen Gleichstellungsplan die Gründe für die Zielverfehlung darzulegen.

Der Gleichstellungsplan legt fest, wie und bis wann

  • erreicht werden soll, dass die Führungspositionen, in denen Frauen bisher unterrepräsentiert waren, mit annähernd numerischer Gleichheit mit Frauen und Männern besetzt werden, um das Ziel des §  1 Absatz 2 Satz 2 zu erreichen,
  • die Unterrepräsentanz von Frauen in anderen Bereichen abgebaut werden soll und
    die Vereinbarkeit von Familie oder Pflege mit der Berufstätigkeit verbessert werden soll und
  • wie insbesondere Männer motiviert werden sollen, Angebote, die eine solche Vereinbarkeit ermöglichen, stärker in Anspruch zu nehmen.
     

Die Gleichstellungsbeauftragten der obersten Bundesbehörden bilden zusammen den Interministeriellen Arbeitskreis der Gleichstellungsbeauftragten der obersten Bundesbehörden. Sie arbeiten eng zusammen, um die Gleichstellung von Frauen und Männern in der Bundesverwaltung über gemeinsame Aktionen rascher, umfassender und effektiver voranzubringen.

Gemeinsam verstehen sie sich als Sprachrohr für mehr Gleichstellung. Der IMA-GB informiert und gibt mit seiner Expertise in Gleichstellungsfragen Impulse. 

Der IMA-GB engagiert sich 

  • für die gezielte Förderung von Frauen, wenn sie nicht ausreichend repräsentiert sind und benachteiligt werden
  • für Geschlechtergerechtigkeit und Familienfreundlichkeit als Leitbild in der Bundesverwaltung
  • für die bessere Vereinbarkeit von Familien- und Pflegeaufgaben mit Berufstätigkeit und Karriere
  • für geschlechtersensible Personalpolitik in der Bundesverwaltung
  • für die konsequente Überprüfung aller Maßnahmen der Bundesverwaltung auf Gendergerechtigkeit

BESSER = GLEICH

Hier geht’s zur Webseite des Interministeriellen Arbeitskreises der Gleichstellungsbeauftragten der obersten Bundesbehörden, IMA GB. Worum es geht auf den Punkt in 50 Sekunden.

Empfehlungen zur Erstattung von Betreuungskosten nach dem Bundesgleichstellungsgesetz

Im Interesse einer einheitlichen Praxis innerhalb des Geltungsbereichs des BGleiG hat das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in Abstimmung mit den obersten Bundesbehörden und dem Interministeriellen Arbeitskreis der Gleichstellungsbeauftragten der obersten Bundesbehörden Umsetzungsvorschläge für die Erstattung von Betreuungskosten gemäß § 10 Absatz 2 Satz 4 Nr. 2 BGleiG erarbeitet. Die Empfehlungen sollen als Orientierungsgrundlage für die Erstattung von Kosten der Betreuung von Kindern und pflegebedürftigen Personen im Zusammenhang mit Fortbildungsmaßnahmen, Dienstreisen und der Teilnahme an dienstlichen Ausbildungen dienen. 

Cover der Publikation

Betreuungskosten nach dem Bundesgleichstellungsgesetz

für Kinder oder pflegebedürftige Personen nach § 10 Absatz 2 Satz 4 Nr. 2 Bundesgleichstellungsgesetz (BGleiG)

Nachfolgende Auswahl gibt einen Einblick in die folgenden Fragen: Wie kam es zum heute geltenden Bundesgleichstellungsgesetz und was sind dessen Grundlagen? Welche Vorgaben finden wir im Grundgesetz und welche Gesetzes- Meilensteine sind gesetzt worden, um die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen sicherzustellen?

Titelseite der Broschüre "Mütter des Grundgesetzes"

Mütter des Grundgesetzes

Aus Anlass des 60. Jahrestages der Gründung der Bundesrepublik präsentiert das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend die vier "Mütter des Grundgesetzes", Helene Weber, Elisabeth Selbert, Frieda Nadig und Helene Wessel.

I. Verfassungsrecht 

Seit 1949 sichert das Grundgesetz Männern und Frauen gleiche Rechte. „Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“ Dieser schlichte Satz steht seit 1949 in Artikel 3 des Grundgesetzes. Der Satz war damals eine kleine Sensation und ein Versprechen an die Zukunft. Denn bestimmt wurde die Realität der jungen Bundesrepublik damals noch von einem patriarchalischen Ehe- und Familienverständnis: Der Mann war das Oberhaupt der Familie, der in allen ehelichen Angelegenheiten in letzter Instanz entschied. 

Eine wichtige Ergänzung des Artikels 3 Absatz 2 GG kam im Zuge der Wiedervereinigung zustande. Die 1991 eingesetzte Gemeinsame Verfassungskommission (GVK) erhielt den Auftrag, mögliche Grundgesetzänderungen auszuarbeiten, die durch die Vereinigung erforderlich geworden waren. Frauenpolitische Akteurinnen und Akteure forderten die GVK auf, auch die Weiterentwicklung des Gleichberechtigungsartikels zum Gegenstand ihrer Beratungen zu machen, denn mit dem bestehenden Satz sei zwar die formale, nicht jedoch die faktische Gleichstellung von Frauen und Männern erreicht worden. 

Die gemeinsame Verfassungskommission beschloss am 16. Januar 1992 den Zusatz „Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin“. Der Staat und seine Organe sind in der Pflicht, aktiv an der Verwirklichung der Gleichberechtigung zu arbeiten.

II. Förderung der Gleichstellung durch Gesetze

Nach Inkrafttreten des Artikel 3 des Grundgesetzes widersprachen zunächst noch viele geltende Gesetze der nun verfassungsrechtlich verankerten Gleichberechtigung von Männern und Frauen. 

Hierzu gab es einige erste wichtige Schritte und später gezielte Gleichstellungsgesetze:

Erstes Gleichberechtigungsgesetz - Bundesdrucksache 2/224

Am 3. Mai 1957, beschloss der Deutsche Bundestag das „Gesetz über die Gleichberechtigung von Mann und Frau auf dem Gebiet des bürgerlichen Rechts“, das sogenannte Gleichberechtigungsgesetz. Die neuen Regelungen hatten zum Ziel, die in Artikel 3 Absatz 2 des Grundgesetzes festgeschriebene Gleichberechtigung von Mann und Frau im Bundesrecht umzusetzen. Die Gesetzeslage des damaligen § 1354 des BGB ermöglichte es dem Mann, bei ungleichen Meinungen in der Ehe, die abschließende Entscheidung für die gesamte Familie zu treffen. Zu diesem Letztentscheid oder auch Stichentscheid gab es im Bundestag eine heftige Debatte. Umstritten war zudem das Thema Erwerbstätigkeit. Bisher konnte der Ehemann seiner Frau verbieten, einen Beruf auszuüben. Im Plenum einigte man sich nun auf einen Kompromiss: Eine Frau durfte auch gegen den Willen ihres Mannes arbeiten gehen, solange sie Mann und Kinder nicht vernachlässigte. Ein großer Schritt im Sinne der Gleichberechtigung war jedoch die Regelung zur sogenannten Zugewinngemeinschaft. Alles, was beide Ehepartner zusammen in der Ehe erwirtschaftetet hatten, wurde nun zu gleichen Teilen unter den Partnern aufgeteilt.

Am 3. Mai 1957 diskutieren die Abgeordneten des Bundestags lange und hitzig über die Möglichkeiten von Frauen, erwerbstätig zu sein. Tonmitschnitt der Rede von Marie Elisabeth Lüders.
Quelle: Bundestag

Weitere gezielte Gleichstellungsgesetze

Erstes Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts - Bundestagsdrucksache 7/650

Mit dem ersten Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts wurde schließlich 1977 eine vorgeschriebene Aufgabenteilung in der Ehe abgeschafft.
Am 8. April 1976, verabschiedete der Deutsche Bundestag den gefundenen Kompromiss nach acht Jahren kontroverser Diskussion in der Öffentlichkeit und im Parlament. Das Reformgesetz ersetzte das Leitmodell der sogenannten Hausfrauenehe durch das partnerschaftliche Prinzip. Konnte eine Ehefrau bisher nur berufstätig sein, wenn dies mit den Interessen ihres Ehemanns und der Familie vereinbar war, stellt das neue Gesetz klar, dass beide Ehegatten gleichermaßen zur Haushaltsführung verpflichtet und zur Erwerbstätigkeit berechtigt sind.

Zweites Gleichberechtigungsgesetz - Bundestagsdrucksache 12/5468

Am 24. Juni 1994 trat das Gesetz zur Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern, das Zweite Gleichberechtigungsgesetz (2. GleiBG), in Kraft. Es beinhaltet in Artikel 1 das Gesetz zur Förderung von Frauen und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Bundesverwaltung und den Gerichten des Bundes – kurz: Frauenfördergesetz (FFG), in Artikel 10 das Gesetz zum Schutz der Beschäftigten vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz - kurz Beschäftigtenschutzgesetz (BSchG) und in Artikel 11 das Gesetz über die Berufung und Entsendung von Frauen und Männern in Gremien im Einflussbereich des Bundes bzw. Bundesgremienbesetzungsgesetz (BGremBG). Die Frauenförderung in der Bundesverwaltung wurde auf eine gesetzliche Grundlage gestellt und in ihrem Umfang erweitert. Zu den Schwerpunkten gehört die Aufstellung eines Frauenförderplanes in jeder Dienststelle mit flexiblen Zielvorgaben für die Beseitigung der Unterrepräsentanz von Frauen bei der Einstellung und dem beruflichen Aufstieg; jede Dienststelle ab einer Mindestgröße muss danach grundsätzlich eine Frauenbeauftragte mit festumrissenen Aufgaben und Rechten bestellen. Zur Erweiterung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Frauen und Männer in der Bundesverwaltung, einem gleichwertigen Gesetzesziel neben der Frauenförderung, wurden u. a. auch die beamtenrechtlichen Vorschriften zur Teilzeitbeschäftigung und der längerfristigen Beurlaubung aus familiären Gründen sowie zur Berücksichtigung von Zeiten der häuslichen Pflege analog der Kinderbetreuung verbessert. Das Gebot der geschlechtsneutralen Stellenausschreibung wurde verschärft. Erstmals wurde der Schutz aller Beschäftigten in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst des Bundes, der Länder und Gemeinden vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz eigenständig gesetzlich geregelt.

Gleichstellungsdurchsetzungsgesetz - Bundestagsdrucksache 14/5679

Das bisherige Frauenfördergesetz wurde aufgehoben und durch ein
Gesetz zur Gleichstellung von Frauen und Männern im Bundesdienst und in
den Gerichten des Bundes – Bundesgleichstellungsgesetz – BGleiG – ersetzt. Die zuvor verwendeten Begriffe „Frauenförderung“, „Frauenförderplan“ und „Frauenbeauftragte“ wurden ersetzt. Die Verbesserungen des Bundesgleichstellungsgesetzes betrafen insbesondere die bevorzugte Berücksichtigung von Frauen mit gleicher Qualifikation bei Ausbildung, Einstellung, Anstellung und Beförderung im Falle ihrer Unterrepräsentanz in dem jeweiligen Bereich unter Einzelfallberücksichtigung (sog. einzelfallbezogene Quote) sowie konkrete Benachteiligungsverbote unter dem Aspekt mittelbarer Diskriminierungen.

Aufgaben und Rechte der Gleichstellungsbeauftragten wurden konkretisiert und gestärkt; die Vorgaben für die Gleichstellungspläne – deren Geltungsdauer verlängert wurde – wurden konkreter und verbindlicher ausgestaltet und sollen auch bei Stellenabbau gewährleisten, dass der Frauenanteil in Bereichen mit Unterrepräsentanz
zumindest gleich bleibt. Die Regelungen zur Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit werden verbessert unter ausdrücklicher Einbeziehung neuerer Arbeitsmodelle wie Telearbeit und Sabbatjahr. Um die Gleichstellung
lückenlos voranzutreiben, wurde der Geltungsbereich des Bundesgleichstellungsgesetzes auf die Bundesverwaltung in Privatrechtsform ausgedehnt. Die geschlechtergerechte Sprache wurde verankert.

Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst – Bundestagsdrucksache 18/3784

Artikel 1 und 2 des Gesetzes für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst novellierte die gesetzlichen Regelungen für den öffentlichen Dienst des Bundes im Bundesgremienbesetzungsgesetz und Bundesgleichstellungsgesetz. Das Bundesgleichstellungsgesetz wurde vollständig neu gefasst. Abschnitt 1 enthält allgemeine Bestimmungen, die für alle anschließend getroffenen Regelungen gleichermaßen gelten, darunter das Ziel des Gesetzes, dessen Geltungsbereich, allgemeine Pflichten sowie wesentliche Begriffsbestimmungen. Abschnitt 2 enthält – wie bereits das frühere Bundesgleichstellungsgesetz – konkrete Maßnahmen zur Gleichstellung von Frauen und Männern bei der Ausschreibung von Arbeitsplätzen und bei Bewerbungsgesprächen. Geregelt wurden Auswahlentscheidungen, Benachteiligungsverbote und das Angebot sowie die Inanspruchnahme von Fortbildungen. Abschnitt 3 enthält reformierte Regelungen zum Gleichstellungsplan. Der Gleichstellungsplan wird darin als verbindliches Instrument zur Umsetzung der Gesetzesziele ausgestaltet. In jedem Gleichstellungsplan sind für die verschiedenen Bereiche konkrete Ziele zur Erhöhung der Repräsentanz von Frauen oder Männern festzulegen und Maßnahmen vorzusehen, mit denen Unterrepräsentanzen abgebaut werden sollen. Der Gleichstellungsplan muss im Intranet veröffentlicht werden, damit alle Beschäftigten ihn dauerhaft einsehen können. Zudem wurden Partizipation und Handlungsmöglichkeiten der Gleichstellungsbeauftragten im Hinblick auf die fristgerechte Erstellung des Gleichstellungplans gestärkt. Abschnitt 4 enthält im Wesentlichen die bereits früher bestehenden Regelungen zur Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Berufstätigkeit für Frauen und Männer. Abschnitt 5 regelt die Wahl und Bestellung der Gleichstellungsbeauftragten und ihrer Stellvertreterinnen sowie deren Rechte und Pflichten. Die Regelungen zur Entlastung der Gleichstellungsbeauftragten und Stellvertreterin werden klarer ausgestaltet. Aufgaben, Mitwirkungsrechte sowie das Einspruchsrecht der Gleichstellungsbeauftragten wurden besonders im Hinblick auf die neuen Regelungen zum Gleichstellungsplan erweitert. Der Interministerielle Arbeitskreis der Gleichstellungsbeauftragten der obersten Bundesbehörden erhält erstmals eine gesetzliche Grundlage für seine Arbeit. In Abschnitt 6 sind vor allem die Empfehlungen des Zweiten Erfahrungsberichts zum Bundesgleichstellungsgesetz vom 16. Dezember 2010 (Bundestagsdrucksache 17/4307) zu einer Verschlankung und größeren Effizienz der Gleichstellungstatistik eingeflossen. 

Gesetz zur Ergänzung und Änderung der Regelungen für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst – Bundestagsdrucksache 19/26689

Mit dem zweiten Führungspositionengesetz wurde in § 1 BGleiG gesetzlich festgelegt, dass bis 2025 das Ziel einer gleichberechtigten Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Bundesverwaltung erreicht werden soll. Dadurch werden die Dienststellen im Geltungsbereich des Gesetzes verpflichtet, die Rahmenbedingungen zu verbessern, die die praktische Voraussetzung für die Erreichung dieses Zieles darstellen. Eine Konkretisierung der Vorgaben und Maßnahmen für die Dienststellen und ihre Bereiche ist im Gleichstellungsplan vorzunehmen. Die Einführung konkreter Zielgrößen zur Umsetzung des Zieles der Parität bis 2025 sowie die Verbesserung der Regelung zur Bekanntgabe des Gleichstellungsplans sollen dazu beitragen, die Wirkung der Gleichstellungspläne zu erhöhen. Um die Wahrnehmung der gesetzlichen Aufgaben der Gleichstellungsbeauftragten in Dienststellen unterschiedlicher Größe besser sicherzustellen, enthält der Gesetzentwurf ein verbessertes, abgestimmtes Entlastungsregime. Die Dienststellen werden zudem verpflichtet, besonders darauf zu achten, dass sie bei der Automatisierung oder Auslagerung von Verfahren die künftige Umsetzung des BGleiG und die Relevanz dieser Maßnahmen für die Gleichstellung von vornherein in die Planungen einbeziehen. Da die verfassungsrechtlichen Grundsätze der Gleichbehandlung (Artikel 3 GG) und des gleichen Zugangs zu jedem öffentlichen Amt (Artikel 33 Absatz 2 GG) Maßnahmen zur Beseitigung von Unterrepräsentanzen nur unter engen Voraussetzungen zum Nachteilsausgleich zulassen und der Bundesregierung keine Bereiche der Bundesverwaltung und des Anwendungsbereichs des BGleiG bekannt sind, in denen eine Unterrepräsentanz von Männern auf eine Benachteiligung von Männern zurückzuführen ist, werden bestehende Vorgaben zum Tätigwerden der Dienststellen bei Unterrepräsentanz von Männern gestrichen.

Gleichstellungsfortentwicklungsgesetz militärisches Personal – Bundestagsdrucksache 20/8645

Das Gesetz dient nutzbringend der Stärkung der Gleichstellung und Gleichstellungsarbeit innerhalb des GB BMVg, der Erhöhung des Anteils der Soldatinnen und entlastet darüber hinaus weitreichender noch als bisher das militärische Personal bei der Wahrnehmung der Sorgeaufgaben. Zur besseren Wahrung und Stärkung ihrer gleichstellungsrechtlichen Position sollen die dort beschäftigten Soldatinnen nunmehr auch in § 37 Nummer 5 BGleiG über das passive Wahlrecht verfügen. Somit sind die Soldatinnen sowohl aktiv wahlberechtigt als auch zukünftig passiv zur Gleichstellungs-beauftragten wählbar.